Der Weihnachtsmarkt in Breslau.
Weihnachtsmarkt in Breslau: Weihnachtsmärkte in Polen sind eine relativ junge Tradition – inzwischen haben sie in internationalen Rankings aber ihre deutschen Vorbilder überholt. Bildrechte: IMAGO / Panthermedia

Adventszeit Sind polnische Weihnachtsmärkte inzwischen besser als deutsche?

30. November 2024, 05:00 Uhr

Angeblich schmeckt ein Schmalzbrot dort so gut wie Kaviar und der galizische Glühwein, bei rieselnden Schneeflocken getrunken, soll ein Genuss für sich sein. Die Rede ist von den polnischen Weihnachtsmärkten, die in den vergangenen Jahren in den internationalen Rankings sehr stark nach oben geklettert sind. Sie sollen besser sein als die deutschen – dabei ist die Weihnachtsmarkttradition in Polen noch recht jung.

Dawid Smorlorz
Bildrechte: Thomas Voßbeck/MDR

Ob von dem amerikanischen TV-Sender CNN, Tripadvisor, dem britischen Weihnachtsbaumpotentat "Christmas Tree World" oder Tageszeitungen wie "Die Welt", "The Times" oder "The Huffington Post" erstellt: In den meisten Rankings stehen die Weihnachtsmärkte in Krakau und Breslau weit oben – in der Regel sind sie höher platziert als Weihnachtsmärkte in Deutschland. Die beiden etwa 300 Kilometer voneinander entfernten südpolnischen Städte, die für Citybreak-Liebhaber auch so schon sehr attraktiv sind, werden damit nun auch zu Pflichtstationen auf der winterlichen Reisekarte.

Dabei sind Weihnachtsmärkte eine relativ junge Erscheinung in dem Land östlich der Oder und Neiße. Lange Zeit kannten die Polen diese Tradition vor allem von ihren Reisen nach Deutschland oder Tschechien, und als vor etwa 20 bis 30 Jahren die ersten Weihnachtsmärkte in Polen stattfanden, standen die deutschen Vorbilder Pate und galten als das Maß aller Dinge. Doch inzwischen hat der Schüler offenbar den Meister übertroffen.

Ein Weihnachtsmarkt in Krakau.
Krakau: Weihnachtsmarkt vor der gotischen Kulisse der Marienkirche Bildrechte: IMAGO / NurPhoto

Weihnachtsmarkt in Krakau – historische Kulisse

Der Krakauer Hauptmarkt, mit 40.000 Quadratmetern Fläche einer der größten mittelalterlichen Marktplätzte Europas, scheint wie geschaffen für eine solche Veranstaltung. Die prachtvollen historischen Tuchhallen, einst das Statussymbol der Krakauer Kaufleute, und die schmucke Marienkirche bilden die perfekte Kulisse. In diesem Jahr wurden dort 105 Stände aufgestellt. Die Händler kommen nicht nur aus Polen, sondern auch aus Litauen, Ungarn, der Slowakei und der Ukraine. Zu kaufen gibt es u.a. regionale Lebensmittel (Gebäck, Süßigkeiten, Wurst und Käse), aber auch viel Kunsthandwerk, Kleidung aus Wolle und Leder, Pelze, Heimtextilien, Spielzeug, Keramik, Kerzen und Weihnachtsdeko.

Dariusz Michalak, Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft "Artim", die den Krakauer Weihnachtsmarkt organisiert, unterstreicht, dass es dabei aber um viel mehr gehe als nur um den Verkauf. "Unser Weihnachtsmarkt ist zugleich ein Kulturevent. Auf der Bühne gibt es laufend Auftritte von Musik-, Gesangsgruppen und Chören. Einmalig ist zudem der Umzug bunter Folkloregruppen aus der ganzen Region Kleinpolen. Meine Kollegen und ich besuchen regelmäßig Weihnachtsmärkte in Deutschland, Tschechien, Österreich und der Slowakei. Und eines kann ich sagen: So schön wie der in Krakau ist keiner", lobt Michalak sein eigenes Produkt.

Menschen tragen bunte Häuser
Weihnachtskrippen-Wettbewerb in Krakau Bildrechte: IMAGO/NurPhoto

Die Weihnachtszeit ist in Krakau mit einer interessanten lokalen Tradition verbunden. Seit dem 19. Jahrhundert werden dort von Handwerkern und Hobbybastlern sogenannte Krakauer Weihnachtskrippen angefertigt – tragbare, bunte Krippen aus Pappe und Aluminiumfolie, deren Form an bekannte Bauwerke der Stadt erinnert, meist an die gotische Marienkirche. Jeden ersten Donnerstag im Dezember bringen die Künstler ihre Krippen zum Krakauer Markt, wo die schönste gekürt wird. Anschließend werden sie dem breiten Publikum präsentiert. In diesem Jahr findet der Wettbewerb bereits zum 82. Mal statt.

Weihnachtsmarkt in Breslau – Zwerge als Leitmotiv

Bei Breslau kann in Bezug auf Weihnachtsmärkte eigentlich nicht von einer jungen Tradition gesprochen werden. Denn in dieser Stadt, die bis 1945 innerhalb der Grenzen Deutschlands lag, kannte man sie bereits im 16. Jahrhundert. Nach einer mehrere Jahrzehnte dauernden Unterbrechung wurde diese Tradition in den frühen 2000er Jahren wiederbelebt.

Weihnachtsmarkt in Breslau.
Kulturimport: erzgebirgische Weihnachtspyramide in Breslau Bildrechte: IMAGO / Pond5 Images

An die historischen Weihnachtsmärkte wird heute nicht direkt angeknüpft, vorhanden ist dagegen ein klarer Bezug zur jüngsten Vergangenheit – in Form von Zwergen, die als Deko über den ganzen Weihnachtsmarkt verteilt sind. Zwerge sind inzwischen aus dem Breslauer Stadtbild nicht mehr wegzudenken: Viele kleine Zwergfiguren sind das ganze Jahr über an verschiedenen Orten in der Breslauer Altstadt aufgestellt, und im Advent tauchen sie eben auch auf dem Weihnachtsmarkt auf.

Sie erinnern an die sogenannte "Orange Alternative". Diese informelle Bewegung nahm in den 1980er Jahren mit ihren Zwergen-Graffitis und -happenings das kommunistische Regime auf die Schippe, als Protestform. "Jetzt sind die Zwerge bei uns die Hüter der Weihnachtsatmosphäre", scherzt Paulina Krupińska von der Kunst-Agentur "Pianoforte", die seit mehreren Jahren den Weihnachtsmarkt organisiert. Die Zwergenfiguren und -dekorationen seien unter den Gästen beliebte Selfie-Motive, genau so beliebt wie die stiefelförmigen Becher, in denen an einigen Ständen Glühwein serviert wird – eine klare Anspielung auf das Schuhwerk der Zwerge.

Zwergfigur auf dem Breslauer Weihnachtsmarkt
Leitmotiv des Weihnachtsmarktes in Breslau: Zwerge in allen möglichen Varianten Bildrechte: Pianoforte Agencja Artystyczna

Worin besteht die Eigenart des Breslauer Weihnachtsmarktes? "Unter anderem darin, dass er nicht nur an einem Ort stattfindet", erklärt Krupińska. "Das ganze Herz der Stadt verwandelt sich Ende November für mehrere Wochen in einen Weihnachtsmarkt. Außerhalb des Marktplatzes findet man auch an einem weiteren altstädtischen Platz und in zwei autofreien Straßen bunte Verkaufsstände." In diesem Jahr sind es 230 – wahrscheinlich der polnische Rekord und in etwa hälftig auf Gastronomie und Kunsthandwerk aufgeteilt. 70 Prozent der Anbieter kommen aus der Region Niederschlesien. Eine Besonderheit ist die Initiative "Breslau sozial und lokal" – sieben Verkaufshütten sind für 50 kleine regionale Anbieter, Künstler und Nichtregierungsorganisationen reserviert, die sich sonst die Miete nicht leisten könnten. Sie werden jährlich in einer Ausschreibung von der Stadt bestimmt und wechseln sich im Wochenrhythmus an den Ständen ab.

Breslauer Markt in der Adventszeit
Breslau: Altstädter Ring mit dem Weihnachtsmarkt Bildrechte: Janusz Krzeszowski

Krupińska betont, dass die Gäste vor allem das loben, was man weder sehen noch hören kann, nämlich das Ambiente. Auf dem Breslauer Weihnachtsmarkt fühle man sich einfach wohl, so die weit verbreitete Meinung. Geworben wird für ihn als Ort der Begegnung. Und er bietet tatsächlich mehrere Gelegenheiten dazu. Menschen treffen sich nicht nur an den Verkaufsständen, sondern auch an eigens zu diesem Zweck gebauten, an mehreren Orten aufgestellten Holzhütten, in denen Besucher diverse Attraktionen erwarten. Einige dieser Hütten haben sogar Aussichtsterrassen, von denen man den meist von Tausenden Menschen gefüllten Hauptmarkt bestaunen kann.

Dass der Weihnachtsmarkt ein wahrer Besuchermagnet ist, bestätigen auch die Übernachtungszahlen. Nach Angaben der Stadtverwaltung steigen sie zwischen November und Dezember um etwa ein Fünftel und erreichen mit 120.000 fast das gleiche Niveau wie im Sommermonat Juli. Im vergangenen Jahr zog der Breslauer Weihnachtsmarkt viele Besucher aus Tschechien an. In diesem Jahr erwartet die Stadt hier einen erneuten Anstieg, da Breslau eine neue direkte Bahnanbindung nach Prag bekommt.

Danzig – "Bester Weihnachtsmarkt Europas"

Ein wahrer Geheimtipp ist auch der Danziger Weihnachtsmarkt, der wie in Breslau und Krakau vor einer prachtvollen historischen Kulisse stattfindet. In diesem Jahr wurde er im Onlinevoting des Reiseportals "European Best Destinations" zum besten europäischen Weihnachtsmarkt gekürt. Eine originelle Attraktion ist ein VR-Flugsimulator, in dem man in die Haut des Weihnachtsmanns schlüpfen und mit seinen Schlitten rund um den Globus und sogar ins Weltall fliegen kann. Kultstatus genießt schon seit Jahren auch ein sprechender Elch.

Weihnachtsmarkt Gdańsk, 2021
Auch der Danziger Weihnachtsmarkt lockt it einer historischen Kulisse. Als Bonus gibt es maritime Akzente beim Gastronomie- und Kunsthandwerkangebot. Bildrechte: IMAGO / Depositphotos

Eine nette Idee ist ein buntes Weihnachtsmarkttor, das zugleich als riesiger Adventskalender dient. Jeden Tag wird Schlag 17 Uhr ein Türchen geöffnet, befüllt mit Süßigkeiten aus der Danziger Schokoladenfabrik "Bałtyk", die den Besuchern angeboten werden. Doch es ist kein schnödes Verteilen von "Süßkram", sondern ein kleines Spektakel! Dreimal wöchentlich wird die Türchenöffnung von einer Adventsparade eingeleitet, an den übrigen Tagen von kleineren Shownummern. Auf dem Dach des fünf Meter hohen Tors ist zudem eine Aussichtsplattform installiert.

Eine Besonderheit des Danziger Weihnachtsmarktes ist ein außerordentlich reichhaltiges Begleitprogramm, das u.a. mit Führungen durch die weihnachtlich geschmückte Stadt in Deutsch und Englisch für die ausländischen Gäste aufwartet. Weitere beliebte Programmpunkte sind u.a. Bastelworkshops für Jung und Alt, Karaoke- und Tanzabende, Lichtershows und Spielecken für Kinder, in denen die Kleinsten von Elfen, der Schneekönigin oder dem Weihnachtsmann persönlich bespaßt werden. Einzigartig sind auch die thematischen Buchten des Danziger Weihnachtsmarktes, u.a. eine Bernstein-, Märchen- und Engelsbucht. Ein Riesenrad und eine Achterbahn sorgen für den nötigen Adrenalinstoß.

Kulinarisch setzt der Danziger Weihnachtsmarkt auf Exotik. Vertreten sind die Küchen aus mehr als 20 Ländern, auch weit entfernten wie Argentinien, Venezuela, Mexiko, Libanon, Usbekistan und Afghanistan. Dem maritimen Flair der Hafenstadt entsprechend, gibt es auch Meeresfrüchte, unter anderem Hummerbrötchen und frische Austern. Die deutsche Küche ist mit Currywurst vertreten.

Trümpfe der Polen: kulinarische Vielfalt, zivile Preise

Was sind aber die Trümpfe der polnischen Weihnachtsmärkte? Die malerischen Kulissen sind nur einer der Gründe, weshalb die Märkte in internationalen Rankings punkten. Hervorzuheben sind auch die gute Qualität und die Vielfalt der angebotenen Waren. Die Besucher können nicht nur kulinarische Erzeugnisse aus Polen genießen, denn die Aussteller kommen auch aus der Slowakei, Litauen und Ungarn. Vor allem bei Gästen aus Westeuropa vermitteln deren Produkte einen gewissen Hauch von Exotik.

Ein Weihnachtsmarkt in Krakau.
Typisch für die polnischen Weihnachtsmärkte: kulinarische Vielfalt Bildrechte: IMAGO / SOPA Images

Ein Argument sind überdies die im EU-Vergleich erschwinglichen Preise – nicht nur der angebotenen Waren, sondern auch der Übernachtungen in den Hotels. Ein weiterer Faktor ist das Gefühl der Sicherheit. Polen ist schließlich ein Land, das von Terroranschlägen bisher nicht betroffen war. Und was sich nicht zuletzt stark auf die Atmosphäre auswirkt, ist die Tatsache, dass man die Weihnachtsmärkte in Krakau , Breslau und Danzig – anders als in vielen anderen Regionen Europas – oft noch bei echtem Winterwetter erleben kann.

Die besten Weihnachtsmärkte in Polen

Krakau (Kraków), 29.11.2024-01.01.2025: Der Krakauer Weihnachtsmarkt gilt als der älteste in Polen. Auffällig ist sein international geprägtes kulinarisches Angebot – neben polnischen Speisen werden auch Leckerbissen aus Deutschland, Litauen, der Slowakei, der Ukraine und den Niederlanden angeboten.

Breslau (Wrocław), 29.11.2024-07.01.2025: Wahrzeichen des Breslauer Weihnachtsmarktes, der vor der historischen Kulisse des gotischen Rathauses stattfindet, ist eine riesige Weihnachtspyramide. Der Markt wartet mit vielen Attraktionen für Kinder auf, darunter ein Märchenhain mit interaktiven Hütten und einer "Geschenkefabrik", ein Elfenrathaus und ein Rentiergespann. Für viel Spaß sorgen außerdem Events wie die "Rentier- und Elfenparade", die "Begrüßung des Weihnachtsmanns", weichnachtliche Konzerte, Formationstänze uniformierter Mädchen (Majoretten) oder die Show "Schneekönigin".

Danzig (Gdańsk), 22.11.2024-23.12.2024: Auch der Danziger Weihnachtsmarkt punktet mit einer pittoresken historischen Kulisse. Auffällig ist das äußerst umfangreiche Unterhaltungsprogramm für Jung und Alt. Interessant sind die vielen thematischen Buchten und die maritimen Akzente bei der Gastronomie (Meeresfrüchte) und beim Kunsthandwerk (Schmuck und Deko aus Bernstein).

Dieser Artikel wurde im Dezember 2023 erstmalig veröffentlicht und in diesem Jahr aktualisiert.

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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um zwei | 26. November 2024 | 13:28 Uhr

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