Ein Mann und eine Frau
Vom Berggasthof aus haben Diana und Ronny Seyfried ihre Heimat, das Erbstromtal im Thüringer Wald direkt vor Augen. Bildrechte: MDR/Ruth Breer

"Kleiner Hörselberg" In alte Mitropa-Raststätte soll neues Leben einziehen

02. März 2025, 08:09 Uhr

Anfang des 20. Jahrhunderts als Raststätte der Mitropa erbaut, liegt der Gasthof "Kleiner Hörselberg" heute ruhig am Ende einer Sackgasse oberhalb von Wutha. Diana und Ronny Seyfried haben das traditionsreiche Gebäude gekauft, um hier eine Jagd- und Fischereischule zu etablieren. Zudem planen sie Kulinarik-Kurse rund um Wild und Fisch.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der Gasthof "Kleiner Hörselberg" oberhalb von Wutha erbaut. Lange lag er direkt an der Autobahn, wurde von der Mitropa als Raststätte betrieben. Heute ist dort alles ruhig, endet dort eine sehr lange Sackgasse: Ein etwa anderthalb Kilometer langer Zubringer führt vom Kreisel bei Wutha-Farnroda über ein letztes Stück der alten Autobahntrasse zu einem großen Parkplatz. Baugerüste zeigen: Am "Kleinen Hörselberg" beginnt gerade etwas Neues.

Die rustikalen Gasträume mit grün-gepolsterten Eckbänken atmen noch den Charme wie zu Mitropa-Zeiten. Im Eingang allerdings beäugen zwei Jagdhunde die Besucher. Und der große Gastraum sieht aus, als hätten die Einrichter ein Naturkundemuseum geplündert: Auf Tischen in der Raummitte drängen sich zahlreiche Tierpräparate: heimische Vögel und Säugetiere, ob Fuchs, Hase oder Reh. Sogar ein Bär steht in einer Ecke, ein Elchkopf auf dem Boden.

Mitropa Der Begriff Mitropa leitet sich vom Namen "Mittel-Europäische-Schlaf- und Speisewagen Aktiengesellschaft" ab. Sie wurde 1916 als Serviceunternehmen für die Eisenbahn gegründet und bestand auch in der DDR fort. Dort entwickelte sie das Angebot weiter: Die Gäste wurden nicht nur in Speisewagen, sondern auch in Bahnhofsrestaurants, auf Fähren oder an Autobahnraststätten von der Mitropa versorgt.

Ausgestopfte Tiere in einem Raum
Anschauungsobjekte für die Jagdschule: Zahlreiche Präparate zeigen heimische Wildtiere. Bildrechte: MDR/Ruth Breer

Aus Franken in den Wartburgkreis

Diana und Ronny Seyfried haben den "Kleinen Hörselberg" im vergangenen Jahr gekauft. Sie wollen das Gasthaus wiederbeleben und dort eine Jagd- und Fischereischule einrichten. Außerdem sind Kulinarik-Kurse rund um Wild und Fisch geplant. Beide stammen aus Ruhla, waren seit mehr als 20 Jahren beruflich in Süddeutschland unterwegs. Diana Seyfried hat nach dem Studium eine Ausbildung als Redakteurin absolviert, Ronny Seyfried ist Berufsfischer und Fischwirtschaftsmeister. Nebenberuflich haben sie auch in Bayern schon Jagd- und Angelkurse gegeben.

Ich habe mich wie ein Puzzleteil gefühlt, das nicht reingepasst hat.

Diana Seyfried, Besitzerin des "Kleinen Hörselsbergs"

Doch jetzt zog es sie wieder zurück aus Franken, erzählen sie. Auf dem Dreiseithof, den sie über 13 Jahre in einem kleinen Ort saniert hatten, habe sich die Familie zwar wohlgefühlt, nicht aber in dem Umfeld. "Ich habe mich wie ein Puzzleteil gefühlt, das nicht reingepasst hat", sagt Diana Seyfried. Ihr hätten Begegnungen, Kommunikation und Kontakte gefehlt. Und Ronny Seyfried erinnert an den alten Sinnspruch, dass die Fremde lehre, was man an der Heimat habe.

Und so sprachen aus ihrer Sicht für den "Kleinen Hörselberg" nicht nur die zentrale Lage mitten in Deutschland, die Tradition als Gasthaus, das 24.000 Quadratmeter große Grundstück und die Naturnähe, sondern auch der direkte Blick auf den Thüringer Wald und das Erbstromtal, wo sie herstammen. "Inselsberg und Alexanderturm, Burschenschaftsdenkmal und Wartburg, alles sieht man von hier", freut sich Ronny Seyfried.

Kurz vor Weihnachten sind sie mit ihren vier Kindern in die Baustelle gezogen, leben dort vorerst in drei Zimmern. Denn für das Gebäude "war es schon fast zwölf", sagt Seyfried. Sehr deutlich zu sehen ist das in den oberen Geschossen, wo Zimmerleute gerade zahlreiche Balken ersetzen oder verstärken. Wohl jahrelang habe es durch das Dach geregnet, erzählt Diana Seyfried, sie hätten gar nicht ausreichend Eimer aufstellen können.

Blick auf einen Dachboden
Im Dachgeschoss müssen zahlreiche Balken erneuert werden, weil über längere Zeit Feuchtigkeit eingedrungen war. Bildrechte: Ruth Breer/MDR

Fisch und Fleisch für hungrige Biker und Wanderer

Den Hof im Fränkischen haben sie verkauft, um den neuen Stammsitz zu finanzieren. Es soll ganz allmählich losgehen: Am Himmelfahrtstag wollen sie den Biergarten öffnen - mit kleiner Karte und Selbstbedienung. Vor allem Wanderer und Biker haben sie als Kundschaft vor Augen. Der Schwerpunkt des Angebots wird auf Wild und Fisch liegen. "Wir sind Jagd und Fischerei - das ist, was uns auszeichnet", sagt Ronny Seyfried.

Nach und nach, so der Plan, werden die Gasträume hergerichtet. Der Kleinere am Eingang soll mit alten Fotos die Erinnerung an die Zeiten als Mitropa-Autobahn-Raststätte pflegen. Der Große wird mit Tresen und Kachelofen jagdlich eingerichtet, "das Prunkstück", so Seyfried. Die Küche dahinter kann für die kulinarischen Kurse genutzt werden. Im Obergeschoss sind zwei einfache Gästezimmer für Wanderer geplant.

Ein Baugerüst vor einem Haus
Zu Himmelfahrt sollen die ersten Wanderer und Radfahrer wieder mit einem Imbiss im Biergarten versorgt werden. Bildrechte: MDR/Ruth Breer

Der Kleine Hörselberg wird zum Klassenzimmer

In der dunkleren Jahreszeit sollen die Kurse im Vordergrund stehen, die Ausbildung für künftige Jäger und Angler, die sie auf den Jagd- und den Fischereischein vorbereiten. Das ist aufwendig. Sie müssen einen Schießplatz buchen, besuchen Tierparks und Museen, arbeiten im eigenen Jagdrevier in Franken. Für anschauliche Naturkunde benötigen sie die Präparate - um die Tiere in der natürlichen Größe und Farbe zeigen zu können. Angeboten werden 16-tägige Kompaktkurse, aber auch Langzeitkurse über ein halbes Jahr - am neuen Stammsitz und auch weiterhin im Fränkischen. Mit dem "Jagd- und Fischereihof Diana" richten sie sich aber auch an Schulen und Kindergärten, wollen Kinder an die Natur heranführen.

Wir sind Jagd und Fischerei - das ist, was uns auszeichnet.

Ronny Seyfried, Besitzer des "Kleinen Hörselsbergs"

Im Moment aber sind sie erst einmal Bauherren und freuen sich über das große Interesse an ihrem Vorhaben. Ihr Baugerüst sei das wohl derzeit am meisten fotografierte, sagt Ronny Seyfried und stellt fest: Der "Kleine Hörselberg" treffe einen Nerv. Immer wieder fragten Menschen, was gerade passiere. Die Seyfrieds können alle beruhigen, dass sie den Weg durch ihr Grundstück hoch zu den Hörselbergen nicht schließen werden.

Und Diana Seyfried freut sich über alle Bekannten, die sie wiedersieht. Das Gasthaus solle zu einem Ort der Kommunikation werden, wünscht sie sich, wo sich Menschen treffen und austauschen.

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MDR (nir)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 02. März 2025 | 18:00 Uhr

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