Wechsel im Rathaus Neuer Eisenacher OB macht Wirtschaft zur Chefsache
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23. Juni 2024, 09:58 Uhr
Eisenach bekommt einen neuen Oberbürgermeister. Nachdem Katja Wolf überraschend die Partei wechselte und nicht wieder antrat, setzte sich der bisherige Bürgermeister Christoph Ihling (CDU) in der Stichwahl durch. Einiges will er fortführen, aber auch neue Akzente setzen, beispielsweise bei der Wirtschaftsförderung.
Eigentlich ist Christoph Ihling (CDU) schon jetzt nah dran an seinem künftigen Arbeitsplatz. Seit zweieinhalb Jahren arbeitet er als Bürgermeister im sogenannten Rautenkranz am Markt, gerade mal 150 Meter vom historischen Rathaus entfernt. Das hat der CDU-Politiker stets im Blick: Als Modellbausatz steht es gleich gegenüber vom Schreibtisch. Das Rathaus ist schon länger sein Ziel, bereits vor sechs Jahren hatte sich Ihling als Oberbürgermeister beworben. Diesmal schaffte er es, erhielt in der Stichwahl gegen SPD-Kandidat Jonny Kraft rund 57 Prozent der Stimmen.
Nun trennen den 39-Jährigen nur noch wenige Tage vom höchsten Amt in der Stadtverwaltung. Er übernimmt es von Katja Wolf, die überraschend Anfang des Jahres von der Linken zum Bündnis Sahra Wagenknecht wechselte und nicht wieder antrat. Es würden nicht über Nacht alle Schlaglöcher verschwinden und Parks und Gärten im Zustand wie vor 100 Jahren erstrahlen, sagt Christoph Ihling und ahnt wohl, dass mit dem Wechsel viele Erwartungen verbunden sind. Er werde künftig für viele "die eine verantwortliche Person sein". Diese "Allzuständigkeit" gehöre zum Amt, "das kauft man mit ein". Aber er sei gern Ansprechpartner für die Eisenacher.
Mit Sommergewinn und Automobilbau aufgewachsen
Christoph Ihling ist in Eisenach geboren und aufgewachsen. Als Schüler der Geschwister-Scholl-Schule in der Weststadt lief er im Sommergewinns-Festzug mit. In seiner Familie hat er als Kind den Zusammenbruch des Automobilwerks Eisenachs miterlebt. Er interessiert sich für die Geschichte der Stadt und ist Mitglied in zehn Vereinen. Dem Spruch, dass es einem Eisenacher nicht gut gehe, wenn er die Wartburg nicht sieht, den würde er unterschreiben.
Politik verstehe ich ganz klassisch als Dienst an der Gesellschaft.
Was aber hat ihn in die Politik gebracht? Der soziale Wohnungsbau, sagt er. Der Immobilienkaufmann und studierte Betriebswirt war als Projektleiter der Städtischen Wohnungsgesellschaft an mehreren solcher Vorhaben beteiligt. Der "gemein- und gesellschaftsnützige Charakter" dieses Wohnungsbaus sei politisch, findet Ihling. In Eisenach sei damit ein Stück "Stadtreparatur" gelungen. "Wenn man durch die Katharinen- oder die Georgenstraße geht und dann davon überzeugt ist, auch langfristig etwas richtig gemacht zu haben, ist das ein tolles Gefühl." Er trat vor zehn Jahren in die CDU ein, wurde 2019 in den Stadtrat gewählt. "Politik verstehe ich ganz klassisch als Dienst an der Gesellschaft."
Mehr tun für Straßen, Brücken, Digitalisierung
Im Jahr 2022 wählte der Stadtrat Ihling zum Bürgermeister, zuständig für Hoch- und Tiefbau in der Stadt. Das mache er "unheimlich gerne, jeden Morgen. Es geht darum, dass wir für die Bürger hier vor Ort, für unsere Stadt etwas Positives entwickeln." Als Oberbürgermeister sieht er sich zum einen in einer Kontinuität: Beim Schulausbau beispielsweise, wo sehr viel in den vergangenen Jahren passiert ist. Mehr tun will er künftig bei der Sanierung von Brücken und Straßen. Auch bei der Digitalisierung sieht er die Stadt "nicht in der Geschwindigkeit unterwegs, in der das Mitarbeiter in der Verwaltung und Bürger glücklich macht."
Schlüsselprojekt Multifunktions-Sportarena "O1"
Ein Schlüsselprojekt bleibt für Ihling das "O1", die geplante Multifunktions-Sportarena in einer denkmalgeschützten Produktionshalle des früheren Automobilwerks. Es gelte, "die Brache in der Eisenacher Innenstadt zu revitalisieren, um das ganze Stadtquartier und auch die Stadt zu entwickeln". Dabei hat er das gesamte Viertel nördlich von Bahnlinie und Rennbahn im Auge, das einst maßgeblich von der Automobilindustrie geprägt war. Das "O1" könne zum Ort für nationale Kongresse werden - da verfüge die Stadt mit ihrer zentralen Lage in Deutschland über eine lange Tradition, sagt Ihling und erinnert an die Gründung des Verbands der Automobilindustrie im Jahr 1901.
Eisenach darf nicht nur stolz auf seine Vergangenheit sein. Wir müssen vor allem sehen, dass wir die Stadt mehr ins Jetzt holen.
Vielleicht ein gutes Beispiel für seinen Anspruch, dass man in Eisenach nicht nur stolz auf die Vergangenheit sein dürfe. "Wir müssen vor allem sehen, dass wir die Stadt mehr ins Jetzt holen." Die Stadtgesellschaft sei angewiesen auf innovative Menschen und gute Ideen, sagt Christoph Ihling. Ändern will er auf jeden Fall die Wirtschaftsförderung. Sie müsse eng an das OB-Büro angegliedert werden, damit will er sich gleich im Juli beschäftigen. "Ein zentraler Bereich meiner Tätigkeit", kündigt der künftige OB an.
Gebühren anpassen
Wirtschaftlicher aufstellen muss sich aus seiner Sicht auch die Stadt. "Wir leben momentan noch davon, dass wir Zuschüsse vom Land bekommen für die Rückkreisung. Die schmelzen in den kommenden Jahren ab." Dann werde man Gebührensatzungen "auf das Notwendige" anpassen müssen, sagt Ihling. Eine Aufgabe für den neuen Stadtrat, die Verwaltung werde das vorbereiten. Höhere Gebühren und Beiträge - das betreffe auch die Zweckverbände wie beispielsweise den Trink- und Abwasserverband, der seinerseits Investitionen in die Infrastruktur schultern müssten.
Kein Randgebiet, sondern zentral in Deutschland
Seine Heimatstadt sieht der künftige OB "nach Jahren der Veränderung immer noch vor großen Herausforderungen". Dazu zählt er neben allgemeinen Themen wie Digitalisierung, Fachkräftemangel und finanzpolitische Entwicklung auch die Aufgabe der Kreisfreiheit. "Eisenach hat natürlich eine herausgehobene Stellung im Landkreis", sagt Ihling und gibt sich überzeugt, "dass wir den ganzen Wartburgkreis und Westthüringen gemeinsam mit der Stadt nach vorne entwickeln können". Das klingt selbstbewusst: "Wir verstehen uns nicht als Randgebiet von Thüringen, sondern als zentral in Deutschland."
Gemeinsam mit dem Wartburgkreis wolle man das Schulnetz entwickeln, sagt Ihling, und verweist auf die jüngst beschlossene Gemeinschaftsschule in Treffurt, die mit einem städtischen Gymnasium in Eisenach kooperieren wird. Auch die geplante Evangelische Gemeinschaftsschule in Eisenach werde in die Region hinausstrahlen bis nach Hessen. Froh ist Ihling über die Investitionen des Landkreises in das Berufsschulzentrum der Stadt.
Und der Kreisstadt-Status, ist der für ihn ein Thema? "Derzeit sehe ich unsere Aufgaben woanders. Das heißt nicht, dass ich das Thema niemals ansprechen würde - aber mit Sicherheit sehe ich das nicht in meiner ersten Amtszeit."
MDR (ask)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 02. Juni 2024 | 19:00 Uhr
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