Streit um Oberzentrum Südthüringen "Region ins Gesicht geschlagen": Bürgermeister hoffen auf Regierungswechsel nach Landtagswahl
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20. Juli 2024, 00:04 Uhr
Der Streit um das Oberzentrum Südthüringen geht weiter. Die Bürgermeister von Suhl, Zella-Mehlis, Oberhof und Schleusingen hoffen, dass eine neue Regierung nach der Landtagswahl den Kabinettsbeschluss zu einem Oberzentrum mit sechs Städten überdenkt. Demnach gehören nicht nur die vier Städte zu dem Verbund, sondern auch Meiningen und Schmalkalden. Die Bürgermeister sehen in dieser Entscheidungen keinen Sinn, da unter anderem gemeinsame Grenzen fehlen.
Im Streit um das künftige Oberzentrum Südthüringen hoffen die vier Bürgermeister von Suhl, Zella-Mehlis, Oberhof und Schleusingen auf einen Regierungswechsel nach der Landtagswahl. Suhls Oberbürgermeister André Knapp (CDU) bezeichnete den Beschluss des Kabinetts als fachlich falsch. Die aktuelle rot-rot-grüne Landesregierung arbeite gegen die Interessen der vier Städte. Daher bestehe die Hoffnung, dass eine neue Regierung den Beschluss überdenke und korrigiere.
Zum Aufklappen: Was ist ein Oberzentrum?
Oberzentren sind zentrale Orte innerhalb einer Region, die vom Land festgelegt werden. Sie haben bestimmte Funktionen innerhalb ihrer Region und stellen damit auch mehr Infrastruktur zur Verfügung als andere Orte. In der Regel beheimaten Oberzentren Hochschulen, Veranstaltungshallen oder bedeutende Einrichtungen und Behörden. Als Richtschnur galt einst die Zahl von 100.000 Einwohnern.
In Thüringen außerdem Erfurt, Jena, Gera, und seit Kurzem auch Nordhausen und Eisenach den Status eines Oberzentrums.
Das Thüringer Kabinett hatte in der vergangenen Woche entschieden, dass neben den vier Städten auch Meiningen und Schmalkalden zum Oberzentrum gehören sollen. Bereits in der Vergangenheit waren diese Pläne kritisiert worden.
Bürgermeister gegen Kabinettsbeschluss
Knapp sagte, damit sei fast ganz Südthüringen als Oberzentrum ausgewiesen. Das sei Förderung nach dem Gießkannenprinzip und habe nichts mehr mit gezielter Landesentwicklung zu tun. Er kritisiert vor allem die räumliche Distanz zu Meiningen und Schmalkalden. Schleusingen, Suhl, Zella-Mehlis und Oberhof haben gemeinsame Gemeindegrenzen.
Kritisch äußerte sich auch Schleusingens Bürgermeister André Henneberg (Freie Wähler). Mit der Entscheidung habe die Landesregierung 65.000 Menschen in der Region ins Gesicht geschlagen, so Henneberg wörtlich.
Wie Knapp und Henneberg erklärten auch die Bürgermeister von Oberhof und Zella-Mehlis, Daniel Fischer (parteilos) und Torsten Widder (parteilos), ein Sechser-Oberzentrum mache schon deshalb keinen Sinn, weil es keine gemeinsame Gebietsgrenze der vier Städte mit Schmalkalden und Meiningen gebe.
Planungszweckverband soll fortgeführt werden
Die vier Städte arbeiten seit 2018 in einer Kommunalen Arbeitsgemeinschaft (KAG) zusammen, die die Gründung eines Vierer-Oberzentrums vorbereiten soll. Als nächster Schritt soll ein gemeinsamer Planungszweckverband gegründet werden. Die Zusammenarbeit wird laut Knapp auf jeden Fall fortgeführt.
Ein Oberzentrum wird durch das Land besonders gefördert. Der Beschluss ist Teil des ab 2025 gültigen neuen Landesentwicklungsplans. Er kann von der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft nicht verhindert werden.
Zweifel an Ernsthaftigkeit der Kooperation
Thüringens Wirtschaftsstaatssekretär Carsten Feller (SPD) sagte, es sei bedauerlich, dass sich die vier Kommunalpolitiker nun so geäußert hätten. Das wecke Zweifel daran, dass sie die enge Kooperation mit Schmalkalden und Meiningen ernst meinten, die jüngst erst in einem Kooperationsvertrag festgehalten worden war. Auf diese Weise werde das Risiko in Kauf genommen, dass es gar kein Oberzentrum in Südthüringen geben werde.
Infrastrukturstaatssekretär Torsten Weil (Linke) sagte, er nehme die aktuellen Äußerungen der KAG "mit Bedauern" zur Kenntnis. Es sei offensichtlich, dass dieser Zusammenschluss nur um "ihre eigenen vier Kirchtürme kreist". Es fehle an der Weitsicht, die Potenziale zu erkennen, die in einem Oberzentrum mit Schmalkalden und Meiningen steckten. Damit beweise die KAG ein weiteres Mal, dass sich Südthüringen beim Thema Raumplanung selbst im Weg stehe.
Thüringens CDU-Vorsitzender Mario Voigt zeigte hingegen Verständnis für die Ablehnung vor Ort eines Sechser-Oberzentrums. "Die Minderheitsregierung hört nicht zu und brüskiert damit die Verantwortlichen in den Kommunen jedes Mal aufs Neue", sagte er. Wenn die CDU nach der Wahl regiere, werde die Entscheidung zügig auf den Prüfstand gestellt.
MDR (cfr)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 19. Juli 2024 | 19:00 Uhr
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