Unabhängigkeit Wie ein Paar in der Rhön ökologisch-solidarische Landwirtschaft betreibt
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26. Januar 2023, 20:41 Uhr
Der Preis für Gemüse ist deutlich gestiegen. Verbraucherschützer sprechen von durchschnittlich 17 Prozent, weil Landwirte die höheren Kosten für Energie umgelegt haben. Der Gemüsehof Ennenbach in der Rhön konnte seine Preise dagegen stabil halten. Grund ist das Geschäftsmodell: Der Hof liefert direkt an die Kunden und wirtschaftet außerdem als solidarische, ökologische Landwirtschaft.
- Beim Geschäftsmodell wird auf wöchentliche Gemüsekisten gesetzt.
- Hühner ersetzen beim Anbau synthetischen Dünger.
- Der Bauernhof Ennenbach versorgt derzeit etwa 80 Haushalte.
Die Äcker liegen unter einer Schneedecke verborgen. Und auch in den Gewächshäusern wächst - bis auf etwas Postelein und ein paar unter Fließdecken vor dem Frost geschützten Feldsalaten - im Januar nichts. Dennoch packen Cindy und Milo Ennenbach wöchentlich Gemüsekisten für die Mitglieder ihrer solidarischen Landwirtschaft. Diese Woche sind unter anderem Rote Beete, Pastinaken, Zwiebeln, Kohlrabi und Knollensellerie drin. Aus dem Lager. Die genaue Auswahl sei immer auch eine kleine Überraschung, erzählt Landwirtin Cindy Ennenbach: "Wir bauen einfach alles an und gucken dann, wie das Wetter wird, was wächst und was nicht."
Gehöft in der Vorderrhön
Cindy und ihr Mann Milo haben das Gehöft in Dörrensolz (Schmalkalden-Meiningen) in der Vorderrhön vor etwa drei Jahren gekauft. Das Paar hatte sich bei seiner Ausbildung zu biologisch-dynamischen Landwirten kennengelernt. Nach ihrer letzten Station in Sachsen entstand der Wunsch, sich selbstständig zu machen. Die 39-jährige Cindy Ennenbach stammt gebürtig aus dem benachbarten Wasungen. Für das Paar stand fest: wenn eigene Landwirtschaft, dann ökologisch und solidarisch.
Monatlicher Festbetrag für wöchentliche Gemüsekiste
Das Wort solidarisch bezieht sich auf das Verhältnis zwischen den Erzeugern und den Abnehmern. Das Geschäftsmodell beruht auf Mitgliedschaften. Alle Mitglieder zahlen einen monatlichen Festbetrag und bekommen dafür wöchentlich eine Kiste mit Gemüse. Für eine vierköpfige Familie liegt der Mitgliedsbeitrag bei rund 60 Euro im Monat. Obwohl das Gemüse-Angebot über das Jahr hinweg stark in Menge und Auswahl variiert, bleibt der Betrag immer gleich. Damit erreichen die jungen Landwirte eine finanzielle Sicherheit.
Uns geht es darum, den Boden nicht auszubeuten.
Im Gegenzug bekommen die Mitglieder regelmäßig frisches Gemüse direkt aus der Region und unterstützen gleichzeitig einen ökologisch-nachhaltigen Anbau, dessen Produkte durch die kurzen Lieferwege weniger CO2 ausstoßen. Mehr Nachhaltigkeit für ein bisschen mehr Flexibilität in der Küche.
Sortenvielfalt und kein synthetischer Dünger
"Uns geht es darum, den Boden nicht auszubeuten", sagt Landwirtin Cindy Ennenbach. Eine große Sortenvielfalt soll dem entgegenwirken, eine Leitlinie, über die sich auch Bienen und andere Insekten freuen dürften. Ökologisch heißt bei den Ennenbachs außerdem, dass überhaupt kein synthetischer Dünger eingesetzt wird. Um Insekten zu bekämpfen, die Pflanzen schädigen können, helfen bei den Ennenbachs Allesfresser im Federkleid: "Nach der Ernte schicken wir unsere Hühner auf den Acker", erklärt Landwirt Milo Ennenbach. "Und die holen sich dann Schneckeneier und die Drahtwürmer, also eigentlich alles, was wir im Gemüsebau nicht haben wollen."
Wärmebeet soll Gasbeheizung im Setzlingshaus ersetzen
Der Verzicht auf synthetische Düngemittel kommt dem Landwirte-Paar momentan auch finanziell zugute, weil die Preise dafür sehr gestiegen sind. Bisher haben die Ennenbachs ihr Setzlingshaus mit Gas erwärmt. Jetzt bauen sie an einem sogenannten Wärmebeet: "Eigentlich ein Klassiker, den wir in der Ausbildung kennengelernt haben", sagt der 32-jährige Milo Ennenbach.
Damit man sieht, wie es auf dem Acker ist. Und auch versteht, wie viel Arbeit dahinter steckt.
Dafür wird Mist und Erde geschichtet und bei der Verrottung entsteht dann Wärme. Auf diese Weise wollen sie die Energiekosten senken und umweltfreundlicher werden. Im Zusammenspiel mit den kurzen Lieferwegen, dem Verzicht auf synthetische Düngemittel und viel Handarbeit bleiben die jungen Landwirte von den Weltkrisen bisher relativ unbehelligt. Stabilere Produktionskosten bedeuten auch stabilere Mitgliedsbeiträge für die Abnehmer.
Mittlerweile versorgt das Paar rund 80 Haushalte
Das solidarisch-ökologische Projekt von Cindy und Milo Ennenbach hat in der Region viel Zuspruch gefunden. Heute bewirtschaften sie etwa 1,2 Hektar Land und versorgen damit 80 Haushalte. Für die nächste Saison möchte das Paar versuchen, noch fünf bis zehn weitere Mitgliedschaften zu vergeben. Interessierte können sich auf eine Warteliste schreiben lassen. Mehr als 100 Haushalte könnten sie ohne zusätzliche Mitarbeiter allerdings nicht stemmen, sagt das Paar.
Wertschätzung für Lebensmittel steigern
Einmal im Monat werden die Mitglieder auch dazu eingeladen, mitzuarbeiten: "Damit man sieht, wie es auf dem Acker ist. Und auch versteht, wie viel Arbeit dahinter steckt", erklärt Cindy Ennenbach. Die Ennenbachs möchten damit zum einen die Wertschätzung steigern für das, was die Erde hergibt. Zum anderen wollen sie das Miteinander fördern. "Wir haben zum Beispiel schon erlebt, dass ältere Menschen jedes Mal kommen, einfach, weil sie den Kontakt genießen", erzählt Milo.
Im Februar soll es mit der Aufzucht neuer Setzlinge losgehen. Erstmal bekommen alle Sorten eine Chance. Im vorigen Jahr seien Tomaten und Gurken sehr gut gelaufen, davor sei es der Kohl gewesen. Mal schauen, was das Jahr 2023 bringt.
MDR (cfr)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit des Tages | 28. Januar 2023 | 18:00 Uhr
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