Schäferin Sylvia Lützelberger Eisfeld
Eins mit der Natur, den Tieren und eine große Portion Verantwortung. Das ist der Alltag von Schäferin Sylvia Lützelberger. Bildrechte: MDR/Bettina Ehrlich

Porträt Chefin von 900 Schafen: Thüringerin ist trotz vieler Abstriche Schäferin aus Leidenschaft

05. August 2023, 12:50 Uhr

Sylvia Lützelberger aus Herbartswind im Landkreis Hildburghausen ist Schäferin mit Leib und Seele. Schon als Kind wollte sie mit Tieren arbeiten. Und hat nach der Wende fast aus dem Nichts eine Schafzucht aufgebaut. 900 Tiere stehen im Stall oder auf den Bergwiesen des Thüringer Waldes.

Irgendwas mit Tieren möchte sie machen. Das war Sylvia Lützelberger schon ganz früh in ihrer Kindheit klar. Aufgewachsen ist sie in der Südthüringer Kleinstadt Eisfeld. In der Nachbarschaft gab es einen kleinen Kuhstall und dort hat die kleine Sylvia die meiste Zeit ihrer Kindheit verbracht.

"Wir Kinder durften sogar beim Melken helfen", erinnert sie sich. Die lauwarme Kuhmilch frisch aus dem Euter sei einfach nur sensationell gewesen. "Nicht zu vergleichen mit der Milch aus dem Supermarkt", sagt sie und zuckt mit den Schultern. "Es ist halt so", eine Redewendung, die sie oft gebraucht.

Schäferin Sylvia Lützelberger Eisfeld
Sylvia Lützelberger kann sich keinen schöneren Beruf als den der Schäferin vorstellen. Bildrechte: MDR/Bettina Ehrlich

Neuanfang nach dem Ende der DDR

Dass Sylvia Lützelberger viel an der frischen Luft ist, sieht man der Mittfünfzigerin an. Ihre Haut ist wettergegerbt wie die eines Bergsteigers. Nach der Schule hat Lützelberger dann auch in der damaligen LPG Rinderzüchter in einem riesigen Viehstall mit Melkkarussell und allem drum und dran gelernt. Damals hieß der Ausbildungsberuf noch etwas sperrig Zootechniker und Mechanisator. "Alle dachten, ich arbeite in einem Zoo", lacht sie. 

Im Betrieb lernt sie ihren späteren Mann Benno kennen. Benno stammt aus Harras, einem kleinen Dorf bei Eisfeld. Dort hatte er schon damals privat ein paar Schafe gehalten. Die Grundlage für den heutigen Schafzuchtbetrieb der Lützelbergers. Denn kurz nach der politischen Wende mussten beide sehen, wie es beruflich für sie weitergeht. "Ich habe dann meinen Betriebswirt gemacht, um eine Firma gründen und Fördergeld beantragen zu können."

Im Notfall beherzt zugreifen

Heute stehen in dem Stall im Eisfelder Ortsteil Herbartswind rund 900 Schafe. Eigentlich stehen sie nur im Winter im Stall. Ab April geht es für sie raus auf die Weide. "Das ist immer der schönste Moment, wenn du im Frühjahr das große Tor aufmachst und die ganze Bande kann endlich raus auf frisches Grün", so Lützelberger.

Du kannst den Beruf Schäfer zwar erlernen. Aber das Meiste, was du erlebst, kannst du nicht lernen.

Sylvia Lützelberger

Auch die ganze Stallarbeit falle dann erst mal weg. Dafür müssen die Tiere draußen im wahrsten Sinne des Wortes gehütet werden. "Ich hab mich am Anfang echt schwer getan", erinnert sich die drahtige Frau an ihre ersten Hüteversuche. "Du kannst den Beruf Schäfer zwar erlernen. Aber das Meiste, was du erlebst, kannst du nicht lernen."

Wenn beispielsweise ein Tier im Morast versinke, müsse man beherzt zugreifen und schnell reagieren. Urlaub kennen die Lützelbergers nicht. "Wer soll dann die Herde hüten?" fragt sie. "Das geht einfach nicht, ich vermisse das aber auch nicht - es ist halt so." 

Viel "elende" Bürokratie, wenig Internet und wenig Geld

Wenn die "elende Bürokratie" nicht wäre, wäre der Schäferberuf für Lützelberger sogar der schönste Beruf der Welt. Weil die Schafe zum Beispiel auf streng geschützten Bergwiesen weiden, bekommt der Betrieb Fördermittel vom Land und der Europäischen Union.

Für die Anträge müssen aber auf den abgeweideten Flächen dutzende Fotos von Pflanzen gemacht und über eine App hochgeladen werden. Oft aber funktioniert diese App nicht. "Dann hast du in der Pampa kein Netz und wirst einfach nur noch wahnsinnig", so Lützelberger.

Doch diese ungeliebte Arbeit muss gemacht werden. Ohne Fördergeld könnte der Betrieb nicht überleben. Für die Wolle zum Beispiel gibt es kaum noch Geld. "Wir können froh sein, wenn sie überhaupt noch jemand abholt." 

Bevor Sylvia Lützelberger in ihren geländegängigen Pickup steigt, schaut sie noch mal schnell im Stall vorbei. Dort steht ein kleines Schafböckchen. Seine Mutter hat es nicht angenommen und wird deshalb mit der Flasche aufgezogen.

Nachdem das Lamm versorgt ist, geht es nach Heubach. Dort ist die Herde eingepfercht. Die Tiere müssen rausgeholt und mindestens acht Stunden auf den Weiden fressen dürfen. Wann Feierabend ist, steht noch nicht so genau fest. "Um 21 Uhr vielleicht, wenn ich Glück habe - es ist halt so". 

MDR (be, dvs)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Der Morgen | 05. August 2023 | 06:50 Uhr

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