Erneuerbare Energien Werden Solarparks für Bauern attraktiver als Landwirtschaft?
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05. Februar 2025, 13:40 Uhr
Steigende Kosten, schwankende Erträge, Wetter-Kapriolen - die Landwirte haben es nicht immer einfach, ihre Betriebe am Leben zu erhalten. Ein Ausweg könnte sein, auf landwirtschaftlichen Flächen Solarparks zu errichten - um mit dem erzeugten Strom gutes Geld zu verdienen. In Thüringen werden jedenfalls auf freien Flächen immer mehr Photovoltaik-Anlagen errichtet. Kritiker warnen aber davor, dass wichtige Anbauflächen verloren gehen.
Dirk Reichelt steht neben einem Feld bei Kamsdorf im Kreis Saalfeld-Rudolstadt. In der Nähe führt eine Bahnstrecke vorbei. Hier soll auf bis zu 80 Hektar ein Solarpark enstehen, sagt Reichelt, der Chef der Agrargenossenschaft Kamsdorf ist.
Mit dem grünen Strom soll das das nahe gelegene Stahlwerk Unterwellenborn versorgt werden. Die Pläne dafür seien schon relativ weit, so Reichelt: "Das wird gerade geprüft, verschiedene Trägersysteme, verschiedene Aufständerungen, die der Topografie angepasst werden müssen." Grundsätzlich solle zwischen den Reihen weiter Landwirtschaft betrieben werden. "Vielleicht kein Getreideanbau mehr, aber Futterproduktion sollte möglich sein."
Wie viel Fläche nehmen Solar-Anlagen in Thüringen ein?
Agri-Photovoltaik-Anlagen nennt man solche Solarparks, auf denen unter den Solar-Modulen weiter Feld-Früchte angebaut werden, und unter denen auch Traktoren hindurchfahren können. Solche Anlagen wurden bisher laut Thüringer Bauernverband in Thüringen noch nicht errichtet. Dafür aber umso mehr Anlagen auf Freiflächen wie etwa Wiesen und Grünland.
Nach Angaben der Thüringer Energieagentur (Thega) sind bisher knapp 300 Flächen mit einer Gesamtgröße von mehr als 1.000 Hektar mit Solar-Anlagen belegt. Das entspricht umgerechnet etwa 0,13 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Thüringen. Auf diesen Flächen werden laut Thega rund elf Prozent des in Thüringen produzierten Stroms erzeugt. Dazu zählen allerdings auch Flächen, die landwirtschaftlich gar nicht genutzt werden, wie zum Beispiel der Solarpark in Nohra.
PV-Potenzial für die Stromproduktion Nach Angaben der Thega würden rein statistisch 13.000 bis 14.000 Hektar PV-Freifläche genügen, um den Stromverbrauch Thüringens bilanziell zu decken. Das entspreche 1,3 bis 1,4 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche im Freistaat. Aber, schreibt die Energieagentur: "In wie weit das in der Praxis umsetzbar und gewünscht ist, müssen Politik und Gesellschaft verhandeln und entscheiden."
Solarparks werden für Bauern attraktiver
Angesichts des Kostendrucks und der volatilen Preise in der Agrarbranche werde das Geschäftsmodell "Solarpark" für die Bauern immer attraktiver, sagt Gunnar Jungmichel, Kreisbauernchef im Saale-Orla-Kreis. "Die Möglichkeit, Geld zu verdienen mit Landwirtschaft, wird immer schwieriger. Wir müssen uns andere Gedanken machen, andere Betriebszweige eröffnen, mit denen wir nebenher noch Geld verdienen können."
Die Möglichkeit, Geld zu verdienen mit Landwirtschaft, wird immer schwieriger.
Aber: Ganz wohl ist Jungmichel nicht bei der Vorstellung, auf Agrarflächen PV-Anlagen zu errichten. Die eigentliche Aufgabe des Landwirts sieht er im Erzeugen von Nahrungsmitteln: "Bis vor Kurzem war ich stolz darauf, dass wir unsere Photovoltaik-Anlagen immer auf den Dächern unserer Wirtschaftsgebäude errichtet haben. Aber mittlerweile sind die Rahmenbedingungen so, dass wir und andere Kollegen darüber nachdenken, auch auf Flächen Photovoltaik zu bauen und Strom zu erzeugen."
Etliche Landwirte berichten davon, dass immer wieder Investoren anfragen, die auf Agrarflächen Solaranlagen errichten wollen. Unter anderem bei Nordhausen plant ein Investor an der A38 einen 30 Hektar großen Solarpark. Nach Angaben des Thüringer Bauernverbands gibt es bei diesem Thema keine einheitliche Meinung unter den Landwirten. Das mache es für den Verband schwer, ein Positionspapier vorzulegen, sagt Anja Nußbaum, Verbands-Referentin für Erneuerbare Energien.
"Nichtsdestotrotz ist man sich einig: PV gehört auf Dächer und auf Konversionsflächen, also auf Flächen, die früher als Deponien oder für andere Zwecke genutzt wurden. Und erst im allerletzten Schritt wird darüber nachgedacht zu prüfen, ob auf landwirtschaftlichen Flächen eine PV-Anlage gebaut werden soll."
Der Wandel gehe aber weiter, der Landwirt werde auch immer mehr zum Energiewirt, räumt Nußbaum ein. Allerdings müsse jeder Betrieb für sich selbst entscheiden, ob er hier einen neuen Betriebszweig aufmache.
Nußbaum warnt zudem davor, dass Investoren oft auch bei den Eigentümern nachfragen, die ihre Flächen an die Agrarbetriebe verpachtet haben. Viele der großen Betriebe seien meist nicht Besitzer der Äcker, sonder nur Pächter. Es drohe die Gefahr, dass die Betriebe ihre Flächen - zumal mit sehr guten Böden - an Solarparks verlieren: "Das ist ein sehr heiß diskutiertes Thema, wo es dann bei einzelnen kleineren Betrieben zu Existenzproblemen kommen kann."
MDR (pvk)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 05. Februar 2025 | 18:30 Uhr
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