Fraunhofer-Studie Erneuerbare Energien: Günstiger in der Stromerzeugung als konventionelle Kraftwerke
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12. August 2024, 10:06 Uhr
Photovoltaik-Anlagen produzieren mittlerweile auch in Kombination mit Batteriespeichern deutlich günstiger Strom als Kohle-, Gas- oder mögliche neue Kernkraftwerke, sagt eine umfangreiche Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE. Darin werden die sogenannten Stromgestehungskosten, also die durchschnittlichen Erzeugungskosten je Kilowattstunde Strom, für viele verschiedene Erzeugungsarten und Szenarien verglichen.
Stromgestehungskosten – das ist ein sehr sperriger Begriff. Aber es ist die wichtigste Maßeinheit, wenn es um die Wirtschaftlichkeit bei der Stromerzeugung geht. Dabei werden Anschaffungs- und Betriebskosten einer Anlage ins Verhältnis zur Menge des erzeugten Stroms gesetzt.
Photovoltaik-Anlagen mit Batteriespeichern sind nicht gerade billig. Je größer die Batterie ist, mit der man Solarstrom speichert, desto höher sind die Anschaffungskosten und damit also auch die Stromgestehungskosten. Wie viel die Größe der Batterie ausmacht, wird in einer neuen Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE berechnet. Dabei wurden verschiedene Verhältnisse zwischen Batteriekapazität und Nennleistung der PV-Anlage zugrunde gelegt. Beispielsweise bedeuten "50 Prozent", dass die Kapazität der Batterie in Kilowattstunden halb so groß ist wie die Nennleistung der Anlage in Kilowatt.
Für kleine PV-Anlagen auf dem Dach betragen die Stromgestehungskosten gemäß Studie je nach Batteriegröße 7,7 Cent bis 26,7 Cent pro Kilowattstunde, eine sehr große Spanne, denn bei PV-Anlagen können sich Anschaffungskosten, Wirkungsgrad, Aufstellrichtung und geografischer Breitengrad stark unterscheiden. So wird eine Anlage in Süddeutschland auf Dauer viel günstiger Strom produzieren als eine in Norddeutschland, weil die Sonne im Durchschnitt höher steht und länger scheint. Und so kann man sagen: 7,7 Cent unter bestmöglichen Bedingungen in Deutschland, 26,7 Cent unter schlechtestmöglichen.
Bringt mir das was?
Ob sich das für Sie rechnet (wenn sie eine solche Anlage installieren können), sehen Sie mit einem Blick auf Ihren Stromtarif. Vermutlich steht dort in den meisten Fällen eine Zahl im Bereich von 30 Cent pro kWh (plus Grundpreis). Wenn Sie zumindest die Chance auf ein Balkonkraftwerk haben, dann können Sie hier nachschauen, ob es sich lohnt.
Deutlich kleiner wird die Spanne, je größer die PV-Anlagen werden. Bei großen Anlagen auf Dächern oder Freiflächen sind auch die Batterien im Vergleich zur Gesamtnennleistung nicht mehr so groß. Und so liegen die Gestehungskosten auf großen Freiflächen beispielsweise nur noch bei 5,1 bis 10,8 Cent je Kilowattstunde.
Windkraft: Auf See mehr Volllast, aber trotzdem höhere Kosten als an Land
Bei der Windkraft gibt es ebenfalls viele Parameter, die in die Kostenberechnung einfließen, aber natürlich etwas andere als bei der Photovoltaik. Je nach Standort variiert die Anzahl der Stunden pro Jahr, in denen die Anlagen unter Volllast laufen. Und so ergibt sich allein für die Windkraft an Land bei den Gestehungskosten eine Spanne von 4,3 bis 9,2 Cent je Kilowattstunde.
Im Vergleich zur Vorgängerstudie (Fraunhofer ISE, 2021) haben die Studienautoren übrigens eine systematische Erhöhung der Stromgestehungskosten bei Windkraftanlagen ausgemacht, insbesondere aufgrund der gestiegenen Inflation. Dennoch gehören Windkraftanlagen, vor allem die an Land, zu den wirtschaftlichsten Stromerzeugern.
Anlagen auf See laufen zwar meist deutlich länger unter Volllast. Aufgrund der deutlich höheren Errichtungskosten (aufwändigere Logistik, Verankerung im Meeresgrund, widerstandsfähigere und teurere Materialien) und des höheren Wartungsaufwands liegen Offshore-Anlagen bei den Stromgestehungskosten aber meist leicht über ihren Onshore-Pendants.
Photovoltaik- und Windkraftanlagen produzieren Strom günstiger
All die genannten Varianten von Photovoltaik- und Windkraftanlagen haben aber eines gemeinsam: Laut der Fraunhofer-Studie produzieren sie Strom günstiger als konventionelle Kraftwerke, zumindest im Durchschnitt. Viele Kostenparameter wurden in der Studie berücksichtigt, auch marktübliche Finanzierungskosten und Risikoaufschläge flossen für jede Technologie in die Berechnung ein. Für jede Art der Stromerzeugung entstand auf diese Art eine mehr oder weniger große Spanne bei den Gestehungskosten. Die Erneuerbaren liegen dabei ganz klar vorn, wobei PV-Anlagen auf Freiflächen die wirtschaftlichste Variante sind, Strom zu erzeugen.
"Diese Berechnungen zeigen, dass die in Deutschland gerade anlaufenden Großprojekte mit einer Kombination aus PV-Freiflächenanlage, Windpark und stationären Batteriespeichern gute Investitionen sind", sagt Christoph Kost, Hauptautor der Studie. "Durch die Kombination können hier beispielweise Netzkapazitäten besser ausgenutzt werden."
Strom aus konventionellen Kraftwerken wird sich weiter verteuern
Während die Kosten für Strom aus erneuerbaren Energien bis 2045 laut Studie leicht sinken werden, zeige sich bei den konventionellen Kraftwerken ein gegenläufiger Trend. Einerseits seien die steigenden Kosten auf ebenfalls steigende CO2-Zertifikatspreise zurückzuführen, andererseits dem zu erwartenden, deutlich geringeren Ausnutzungsgrad geschuldet. Denn es sei davon auszugehen, dass nicht unbedingt die günstigste konventionelle Erzeugungsform am Markt bestehen wird, sondern diejenige, die eine hohe Flexibilität aufweist, sprich: Technologien, die bei kurzfristigem Bedarf schnell hoch- und runtergefahren werden können. Laut Studie seien das "vorzugsweise Kraftwerke basierend auf Erdgas und Wasserstoff."
Erdgas und Wasserstoff werden allerdings bei weitem nicht so günstig zu haben sein wie Photovoltaik oder Windkraft. Der CO2-Preis und die Beschaffung von Wasserstoff seien da zentrale Kostentreiber. Für ein im Jahr 2030 gebautes wasserstoffbetriebenes Gas- und Dampfturbinenkraftwerk berechnet die Studie zum Beispiel Kosten von 23,6 bis 43,3 Cent pro Kilowattstunde im hochflexiblen Betrieb. "Heute und in Richtung 2045 bieten Photovoltaik und Windkraft niedrige Stromgestehungskosten", bilanziert Studienleiter Christoph Kost, der Abteilungsleiter für Energiesystemanalyse am Fraunhofer ISE ist. "Flexible Kraftwerke basierend auf Erdgas oder Wasserstoff haben deutlich höhere Stromgestehungskosten und sollten als Ergänzung nur bis zur absoluten Notwendigkeit als Backup betrieben werden."
Links/Studien
Studien "Stromgestehungskosten erneuerbare Energien" (insgesamt sechs Studien seit 2010) auf der Internetseite des Fraunhofer ISE
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 07. August 2024 | 09:36 Uhr
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