Politik AfD gegen AfD: Hier macht Höcke Wahlkampf gegen seine eigene Partei
Hauptinhalt
09. Mai 2024, 11:21 Uhr
Im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt macht die AfD Wahlkampf gegen die AfD. Der Thüringer Parteichef Björn Höcke wirbt auf Wahlplakaten für die Alternative zur Alternative. Das alles sind die skurrilen Auswüchse eines seit Monaten brodelnden parteiinternen Streits, der erst das Landgericht Gera beschäftigte und nun auch den Wählern Kopfzerbrechen bereitet.
- Ein vermeintlich einfacher Wahlkreis
- Die Machtdemonstration des Karlheinz Frosch
- Wie die AfD eine Wahl rückgängig machen wollte
- Höcke macht Wahlkampf gegen die AfD
In Rudolstadt hängen seit wenigen Tagen Wahlplakate, auf denen Björn Höcke, der Landeschef der rechtsextremen AfD-Thüringen, eine Wahlempfehlung abgibt: "Ich wähle die echte Alternative für den Landkreis Saalfeld-Rudolstadt." Es fehlt das AfD-Logo und es fehlt das AfD-Hellblau mit dem im Corporate Design vorgeschriebenen Farbton (#009ee0). Das Plakat irritiert auch mit den rot hinterlegten Worten "die echte". Gibt es eine falsche Alternative für den Landkreis Saalfeld-Rudolstadt? Ist das überhaupt ein echtes AfD-Plakat?
Das Plakat ist echt. Und es ist Zeugnis eines parteiinternen Machtkampfes, der im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt seit Monaten tobt. Zwei Lager von AfD-Mitgliedern stehen sich hier so unversöhnlich gegenüber, dass sie nun sogar gegeneinander Wahlkampf machen. Bei der Kommunalwahl am 26. Mai wird der geneigte AfD-Wähler also zwei Alternativen auf dem Wahlzettel für den Kreistag finden: die Alternative für Deutschland (AfD) und die Alternative für den Landkreis Saalfeld-Rudolstadt.
Drei Urteile hat das Landgericht Gera schon in diesem parteiinternen Streit gefällt. Sie zeugen davon, dass der kommunale Streit längst zu einer Angelegenheit der Landespartei geworden ist, zumal Parteichef Höcke an dieser beispiellosen Eskalation nicht ganz unbeteiligt war.
Der Streit ist komplex. Um zu verstehen, wie die parteiinternen Ränkespiele abgelaufen sind, haben wir eine Chronik der Ereignisse erstellt. Sie beruht in Teilen auf MDR-Recherchen und auf der unnachgiebigen Arbeit des Kollegen Thomas Spanier von der "Ostthüringer Zeitung" (OTZ), der den Fall von Anfang an verfolgt hat.
Popcorn bereitlegen und zurücklehnen: Im Machtkampf der AfD Saalfeld-Rudolstadt wird gerade die nächste Eskalationsstufe gezündet.
AfD im Sommer-Höhenflug
Rückblick: Im Sommer 2023 reitet die Thüringer AfD auf einer Welle des Erfolgs. Am 25. Juni gelingt ihr ein Coup: Mit der Wahl von Robert Sesselmann zum Landrat von Sonneberg schafft es die AfD erstmals in Deutschland, ein öffentliches Verwaltungsamt zu erobern. Das Medienecho ist enorm.
Kurz darauf, am 5. Juli 2023, veröffentlicht MDR THÜRINGEN eine neue repräsentative Umfrage: Die AfD steht im Freistaat bei 34 Prozent. Damit böte sich der rechtsextremen Partei nicht nur die Möglichkeit, eine Sperrminorität im Landtag zu errichten. Auch ein Ministerpräsident Höcke wird damit denkbar, zumindest wenn sich der Höhenflug fortsetzt.
Höcke auf Wahlkreis-Suche
Doch zunächst will Höcke in den Landtag einziehen. Bisher war das über Platz 1 der Landesliste nie ein Problem, doch der zunehmende Erfolg der AfD birgt eine Gefahr für den Parteichef: Bei der Landtagswahl könnten seine Parteikollegen in den Wahlkreisen so viele Direktmandate holen, dass sie durch die Zweitstimmen nicht mehr gedeckt sind. Selbst als Spitzenkandidat könnte Höcke dann ohne Mandat bleiben. Ein Direktmandat hat er bisher nie erringen können. Höcke lebt im katholischen Eichsfeld und ist hier schon zweimal angetreten. Zweimal scheiterte er deutlich am CDU-Kandidaten.
Im August 2023 wird Höcke im MDR THÜRINGEN-Sommerinterview auf dieses Dilemma angesprochen. Er reagiert gereizt, wirft dem Moderator vor, die falschen Fragen zu stellen. Es entsteht ein Scharmützel mit Worten vor laufender Kamera. Am Ende sagt Höcke: "Ich bin überall in Thüringen zu Hause. Deshalb ist das eine völlig sekundäre Frage." Die Szene lässt erahnen, wie stark ihn das Wahlkreis-Dilemma umtreibt.
Um seinen Einzug in den Landtag sicherzustellen, sucht der AfD-Landesverband einen neuen Wahlkreis für den Parteivorsitzenden. Vor allem der Osten Thüringens, wo die AfD in vielen Kreisen längst auf eine große Stammwählerschaft zählen kann, rückt in den Fokus: Gerüchte über eine Kandidatur Höckes im Saale-Orla-Kreis, dem Altenburger Land sowie den Landkreisen Greiz und Saalfeld-Rudolstadt machen die Runde.
Ein vermeintlich einfacher Wahlkreis
Im September 2023 erhärten parteiinterne Quellen das Gerücht, dass Höcke eine Kandidatur im Wahlkreis 28 vorschwebt, der einen Teil des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt umfasst. Schon bei der Landtagswahl 2019 konnte der erzkonservative Unternehmensberater Karlheinz Frosch hier das Direktmandat für die AfD holen. Zwei Jahre später sicherte sich Michael Kaufmann hier die nötigen AfD-Stimmen für den Einzug in den Bundestag. Für den ungleich prominenteren Höcke müsste Saalfeld-Rudolstadt I ein vermeintlich einfacher Wahlkreis sein.
Es ist kein Geheimnis, dass ich ein großer Fan unseres Landesvorsitzenden bin. Ich würde mich spontan freuen, wenn es so kommt.
Doch bei seinen Parteifreunden im Wahlkreis herrscht eine ganz eigene Dynamik. Auf Nachfrage der OTZ bestätigt der AfD-Kreisverband das Gerücht um Höcke nicht. Ein Dementi gibt es aber auch nicht. Stattdessen sagt die AfD-Kreissprecherin Verena Sigmund der Zeitung: "Es ist kein Geheimnis, dass ich ein großer Fan unseres Landesvorsitzenden bin. Ich würde mich spontan freuen, wenn es so kommt." Der amtierende Mandatsträger sei ja schon recht betagt, sagt Sigmund weiter, es sei an der Zeit, jüngeren Leuten eine Chance zu geben.
Zu den jüngeren Leuten zählt Thomas Benninghaus, ebenfalls Sprecher der Kreistagsfraktion und Fraktionsführer der AfD im Stadtrat Rudolstadt. Unabhängig von Höcke hat Benninghaus seinen Hut für das Mandat schon im Sommer in den Ring geworfen. Für den Parteichef würde er aber wohl verzichten, denn wie Sigmund ist auch Benninghaus Höcke zugetan.
Der "recht betagte" Karlheinz Frosch ist sich jedenfalls sicher: "Benninghaus wäre für Höcke sofort ins dritte Glied zurückgetreten." Frosch ist 73 Jahre alt, Alterspräsident im Thüringen Landtag und er denkt gar nicht daran, sein Mandat abzugeben - zumindest nicht kampflos.
Die Machtdemonstration des Karlheinz Frosch
Am 21. Oktober 2023 unterstreicht Karlheinz Frosch seine Ambitionen eindrucksvoll. An diesem Tag treffen sich rund 50 AfD-Mitglieder aus Saalfeld und Rudolstadt im Dorf Zeigerheim, um die Kommunalwahllisten aufzustellen. Frosch wird zwei Mal auf Listenplatz 1 gewählt. Die Mitglieder machen ihn zum Spitzenkandidaten für die Kreistagswahl und für die Wahl des neuen Stadtrats in Rudolstadt. Für das Höcke-treue Lager um Benninghaus und Sigmund, das Frosch hier eigentlich abkanzeln wollte, wird der Abend zum Debakel.
Besonders hart trifft es Benninghaus, der sich als amtierender Fraktionschef der AfD im Stadtrat auf der Rudolstädter Liste schon auf Platz eins wähnte. Statt auf dem Spitzenplatz findet er sich nach der Wahl überhaupt nicht auf der Liste wieder. Auch die vorderen Plätze der Kreistagsliste teilen Froschs Leute untereinander auf. Der Abend sei eine "Machtdemonstration des Lagers um den Rudolstädter Landtagsabgeordneten Karlheinz Frosch" gewesen, kommentiert Thomas Spanier in der OTZ.
Als Frosch den Antrag stellt, die Kreistagsliste nach 15 vergebenen Listenplätzen zu schließen und ihm die Mitglieder zustimmen, ist der Abend für das Höcke-Lager gänzlich gelaufen. "Durchgereicht und gedemütigt" wären sie gewesen, schreibt Spanier in der Zeitung.
Wie die AfD eine Wahl rückgängig machen wollte
Am 25. November 2023 schreibt Spanier einen weiteren OTZ-Artikel. Er beginnt so: "Popcorn bereitlegen und zurücklehnen: Im Machtkampf der AfD Saalfeld-Rudolstadt wird gerade die nächste Eskalationsstufe gezündet, denn jetzt schlagen die zur Listenwahl in Zeigerheim zu kurz Gekommenen zurück." Dann breitet Spanier seinen Lesern aus, dass die Gebietsverbandssprecher Thomas Benninghaus und Verena Sigmund die AfD-Mitglieder des Kreises darüber informiert hätten, dass die Wahl von Zeigerheim wiederholt werden müsse.
Aber in Zeigerheim sind aus Höckes Sicht nun mal die Falschen gewählt worden.
Als Begründung führen sie die Schließung der Kreistagsliste nach der Nominierung von nur 15 Personen an: "Mit dieser kurzen Kreistagsliste würden wir uns selbst kastrieren und uns um den Erfolg der Arbeit der letzten Jahre bringen", heißt es wörtlich. Unterstützung erfahren Benninghaus und Sigmund vom Landesvorstand - und von Parteichef Höcke, ist sich Frosch sicher. Es passiere nichts in der Thüringer AfD ohne Höckes Segen, sagt er MDR THÜRINGEN. "Aber in Zeigerheim sind aus Höckes Sicht nun mal die Falschen gewählt worden", so Frosch. Normale Parteien würden ein Wählervotum akzeptieren, "aber in der AfD wird das als Putsch verstanden. Das macht mich nachdenklich", sagt Frosch. Ob mit oder ohne Höckes Segen - für den 4. Februar 2024 wird in Uhlstädt die Neuwahl terminiert.
Frosch zieht vor Gericht
Am 12. Januar 2024 geht Karlheinz Frosch dagegen vor. Er ruft das Landesschiedsgericht der AfD an und strebt ein Parteiordnungsverfahren an. Weil der Landesvorstand nicht reagiert, legt Frosch Klage vor dem Landgericht Gera ein, um den Neuwahltermin zu verhindern. In einem Eilverfahren erlässt das Gericht am 30. Januar 2024 eine einstweilige Verfügung, die die Neuwahl im Februar untersagt. Eine Wiederholungswahl würde die Rechtsposition des Antragstellers beeinträchtigen, heißt es zur Begründung.
Am 1. Februar 2024 teilt Frosch im OTZ-Interview mit Thomas Spanier weiter gegen den eigenen Kreisverband aus. Er vergleicht das Gebaren von Sigmund, Benninghaus und Co beim Zeigerheimer Treffen mit der Diktatur in Nordkorea. Spätestens jetzt ist der parteiinterne Streit nicht mehr zu schlichten. Auf die Frage, warum Frosch das Thema nicht im Landesverband persönlich besprochen habe, sagt er MDR THÜRINGEN: "Es ist nicht die Art von Herrn Höcke, solche Probleme mit mir zu besprechen."
Der Landesverband schlägt zurück
Am 4. Februar 2024 wählt die AfD in Uhlstädt keine neuen Listen für die Kommunalwahl in Saalfeld-Rudolstadt. Stattdessen wählt sie die Landtagswahl-Direktkandidaten für die Wahlkreise 28 und 29. Zur Wahl stellen sich im Wahlkreis 28 Karlheinz Frosch und Thomas Benninghaus. Parteichef Höcke hatte nach den Querelen offenbar das Interesse verloren. Er wird einen Monat später bekannt geben, im Wahlkreis Greiz II anzutreten.
In Uhlstädt schlägt das Pendel in die andere Richtung aus. Karlheinz Frosch verliert die Wahl deutlich. Die Stimmungslage im Gebietsverband scheint sich seit Oktober gedreht zu haben. Frosch sagt, der Kreisverband hätte "in einer nie da gewesenen Geschwindigkeit" neue Mitglieder aufgenommen, "die dann zufälligerweise alle gegen mich gestimmt haben." Unabhängig prüfen lässt sich das nicht. Die AfD hatte zuvor sämtliche Medienvertreter des Raumes verwiesen.
Außerdem beschließt der Gebietsverband Saalfeld-Rudolstadt trotz Gerichtsbeschluss und "auf Empfehlung des Landesverbandes", die Neuwahl für die kommunalen Listen an einem anderen Termin abzuhalten. Das Gericht habe die Neuwahl ja nur am 4. Februar untersagt. Vom 10. März sei da ja keine Rede gewesen und wenn man schon dabei sei, könne man ja auch die Liste für die Stadtratswahl in Rudolstadt neu wählen. Die AfD-Spitzen wollen mit aller Macht die Listenwahlen vom Oktober rückgängig machen.
Strafe bei Neuwahl
Am 8. März 2024 untersagt das Landgericht Gera mit einer weiteren einstweiligen Verfügung die Neuwahl der Kreiswahlliste und Stadtratsliste. Außerdem setzt es eine Strafe über 250.000 Euro aus, sollte die AfD der einstweiligen Verfügung keine Folge leisten. Für das Höcke-Lager wird die Zeit damit allmählich knapp. Am 12. April müssen die Listen spätestens dem Wahlleiter übergeben werden, damit die Partei überhaupt antreten darf.
Das Treffen am 10. März findet trotz des Gerichtsentscheids statt. Der AfD-Kreisverband wählt keine neuen Listen. Aber er beschließt, die Wahl von Zeigerheim zu annullieren.
Schmutzige Wäsche
Am 13. März 2024 wird es schmutzig. Der AfD-Gebietsverband Saalfeld-Rudolstadt veröffentlicht auf Facebook eine fast 4.000 Zeichen lange Abrechnung mit Frosch. Der Verband wirft Frosch einen gut vorbereiteten "Intriganten-Stadel" (sic!) in Zeigerheim vor und bescheinigt ihm ein "kärgliches Engagement" in der Parteiarbeit. Weiter heißt es: "Wer die AfD vor Gerichte zerrt, in den Medien Verbündete gegen die eigene Partei sucht, um sich selbst in ein gutes Licht zu rücken, solchen Parteifreunden erteilen wir eine Absage."
Am 16. März 2024 reagiert Frosch mit einem weiteren Interview in der OTZ. Darin inszeniert er sich als Frondeur, der gegen den Parteimonarchen Höcke aufbegehrt. Weil er sich als Alterspräsident im Landtag das Recht herausnehme, Höcke zu kritisieren, würde die Vorstände Ränke gegen ihn schmieden. Seinen Parteikollegen im Kreis wirft er eine Rufmord-Kampagne vor.
MDR THÜRINGEN hat sowohl Benninghaus als auch Frosch zu ihrer früheren Zusammenarbeit befragt. Frosch sagt, Benninghaus wäre ein Ja-Sager, der als Kreissprecher seit zwei Jahren lang keine Mitgliederversammlung einberufen habe. "Das sagt ja schon alles", fügt Frosch abfällig hinzu. Benninghaus sagt, Frosch hätte keinerlei Akzente für seinen Wahlkreis gesetzt und wäre für die Bürger nicht greifbar gewesen. "Die Arbeit überließ Herr Frosch gern den anderen!" so Benninghaus nicht weniger geringschätzend.
Die Alternative-Liste
Für den 24. März 2024 lädt das Höcke-Lager um Thomas Benninghaus 38 Vertreter des Kreisverbandes und parteilose Unterstützer zu einem Treffen nach Kirchhasel ein. Thema: "Durchführung der Wahl der Kreistagskandidaten der AfD des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt 2024". Zum dritten Mal untersagt das Landgericht Gera eine Neuwahl und erklärt dabei auch die Annullierung der Wahl für nichtig. Das Wahlergebnis von Zeigerheim bleibt also gültig.
Das Treffen wird umdeklariert. Was dann in Kirchhasel beschlossen wird, ist in Deutschland wohl bisher einmalig. Der Kreisverband wählt keine neue Liste, sondern eine Alternative Liste. Eine Liste, mit der die AfD unter dem Namen "Alternative für den Landkreis Saalfeld-Rudolstadt" nicht nur gegen die unliebsamen "Altparteien" antritt, sondern auch gegen die Abtrünnigen auf der originären AfD-Liste. Sie stellt selbst eine Alternative zur Alternative für Deutschland auf.
Höcke macht Wahlkampf gegen die AfD
Am 10. April 2024 schaltet die AfD Saalfeld-Rudolstadt auf Facebook einen Aufruf: Um als "Alternative für den Landkreis Saalfeld-Rudolstadt" zur Kommunalwahl zugelassen zu werden, braucht sie Unterstützerunterschriften - wie eine neue Partei, die erstmals für eine Wahl zugelassen werden will. In einem begleitenden Bild wirbt die Kreispartei für die neue "unabhängige Wählergruppe" - hier mit Logo und dem hellblauen Design. Bis zum 12. April, dem Stichtag für die Kommunalwahl, sammelt die selbsternannte Wählergruppe mit Infoständen in Saalfeld, Uhlstädt, Rudolstadt und Königsee insgesamt 191 gültige Stimmen. Es reicht knapp, um zur Wahl zugelassen zu werden: 186 Stimmen waren dafür nötig.
Am 1. Mai 2024 macht der Thüringer Landesparteichef Björn Höcke erstmals Werbung gegen die eigene Partei. Erst kursiert das Wahlplakat für die "echte Alternative" bei Facebook. Wenige Tage später hängt das Plakat auch in Rudolstadt und eröffnet den Wahlkampf der AfD gegen sich selbst. Weil der ganze Streit noch nicht persönlich genug ist, plakatiert die "Alternative für den Landkreis Saalfeld-Rudolstadt" auch den Slogen: "Wir schlucken nicht jede Kröte".
Das ist noch nicht das Ende
Auf das Plakat angesprochen sagt Frosch: "Ich kann das nicht ernst nehmen. Das ist stillos." Ob er jetzt aus der AfD austreten werde? "Nein, ich heiße ja nicht Meuthen", sagt Frosch kämpferisch und gibt schon mal einen Ausblick: "Nach der Kommunalwahl wird es hoffentlich nur eine AfD-Fraktion im Kreistag geben, der ich dann - so man mich wählt - vorsitzen werde."
Für Benninghaus ist eine neuerliche Zusammenarbeit mit Frosch und seinen Getreuen undenkbar. "Diese, noch verbliebenen sieben Kandidaten, haben der AfD einen enormen Schaden zugefügt. Partei-Internas wurden in die Sozialen Medien gestellt. Ich kann mir eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sehr schwer vorstellen. Nein, eigentlich nicht."
Am 12. Mai wurde bekannt, dass der Thüringer AfD-Landesvorstand gegen neun Parteimitglieder des Kreisverbandes Saalfeld-Rudolstadt ein Ausschlussverfahren eingeleitet hat. (Anmerkung der Redaktion: Diese neue Entwicklung haben wir nachträglich ergänzt.)
Am 26. Mai 2024 werden die Bürger und Bürgerinnen in Saalfeld-Rudolstadt einen neuen Kreistag wählen. Man darf gespannt sein, welche Blüten dieser Machtkampf bis dahin noch treiben wird. Sicher ist nur: Dieser Streit ist noch lange nicht zu Ende.
Dürfen Parteien einfach zwei Listen aufstellen?
Laut Landesrecht darf jede Partei nur eine Liste einreichen. Da die Liste 8 aber als unabhängige Wählergruppe mit dem Namen "Alternative für den Landkreis Saalfeld-Rudolstadt" auftritt, sei sie mit der originären "AfD"-Liste (Liste 2) nicht identisch und daher zulässig, meint Rechtswissenschaftler Raimond Ernst von der Uni Jena.
Darüber hinaus entscheide gemäß § 17 Abs. 4 im Thüringer Kommunalwahlgesetz grundsätzlich zunächst der Wahlausschuss über eingereichte Wahlvorschläge, heißt es aus dem Landratsamt Saalfeld-Rudolstadt. Für die Zulassung gebe es gesetzliche Voraussetzungen und Kriterien (§§ 14 bis 17 Thüringer Kommunalwahlgesetz). Die Parteizugehörigkeit der aufgestellten Bewerber sei kein Prüfkriterium.
Hat der Wahlausschuss den Wahlvorschlag angenommen, wie hier geschehen, ist es erst nach der Wahl möglich, bei der Rechtsaufsichtsbehörde die Feststellung des Wahlergebnisses anzufechten (§ 31 Thüringer Kommunalwahlgesetz).
MDR (jn)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 07. Mai 2024 | 19:00 Uhr
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/4ba33bb1-a99d-4d82-8029-eb4ca9a04b57 was not found on this server.