Tierhaltung Kindheitstraum erfüllt: Die Rennpferde-Zucht aus dem Saale-Orla-Kreis
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24. Juli 2024, 13:26 Uhr
Es war kein leichter Start für Jochen Stargardt auf der Sachsenburg bei Neustadt an der Orla. Schon 2019 kaufte der Schwabe den heruntergekommenen Pferdehof und baute ihn von Grund auf um. Jetzt sind auf den weitläufigen Koppeln die ersten Fohlen unterwegs.
Der große Stall für die Mutterstuten ist am Morgen verwaist. Alle Tiere sind mit ihrem Nachwuchs auf der Koppel unterwegs. Insgesamt sechs kleine Vollblüter, die später einmal zu Rennpferden ausgebildet werden sollen. Sie kamen Anfang des Jahres im neuen Gestüt von Jochen Stargardt zur Welt.
Der Schwabe hat an der Sachsenburg bei Neustadt an der Orla seit diesem Jahr seine neue Heimat gefunden. "Ich habe mich vor fünf Jahren vor allem in die malerische Aussicht verliebt", sagt Stargardt. Er war lange auf der Suche nach einem Objekt, in dem er eine Pferdezucht beginnen konnte. Für Neustadt an der Orla sprachen auch die 20 Hektar Wiesenland gleich neben dem Gestüt.
Alte Ställe und Scheune abgerissen
2019 kaufte Stargardt das Objekt von der früheren Besitzerin. Damals gab es auf dem Hof noch 85 Pferde, die erst nach und nach auszogen. Erst dann konnte sich der neue Eigentümer um die nötigen Umbauarbeiten kümmern.
Der Zustand der Gebäude damals: bedenklich. Deshalb entschied sich der neue Besitzer, das Hauptgebäude und die alten Ställe abzureißen. Aber auch die große Scheune wurde schließlich ein Opfer des Abrissbaggers, nachdem der Dachstuhl eingestürzt war.
Traum vom eigenen Pferdehof verwirklicht
Materialengpässe wegen der Corona-Pandemie und gestiegene Baupreise durch den Ukraine-Krieg verzögerten den Umbau des Areals weiter. Doch Stargardt gab nicht auf. Seit seiner Kindheit träumte er nach eigenen Worten von einem eigenen Hof mit Pferden. In Neustadt fühlt er sich gut aufgehoben.
"Die Stadt und die Nachbarn haben mich von Anfang an unterstützt", sagt er. Aus Neustadt kamen zum Beispiel die Betonelemente für einige der neuen Gebäude auf dem Gelände. Außer dem großen Mutterstall stehen hier noch ein Rundstall für Pensionspferde, ein neues Wohnhaus und eine große Halle für bis zu 800 Heuballen. Der Vorrat für den Winter - denn Teil des Konzeptes ist, dass die Tiere die meiste Zeit im Freien verbringen.
Reha-Stützpunkt für erkrankte Pferde
Die Koppeln haben die Mitarbeiter geteilt, damit die Stuten mit ihrem Nachwuchs getrennt von den anderen Pferden grasen können. Auch mehrere Sandplätze, sogenannte Paddocks, gibt es. Und eine Führanlage für bis zu acht Pferde.
An diesem Tag laufen hier Bellino und Zafir ihre Runden. Die beiden sind zur Reha in Neustadt. Nach Muskelverletzungen mussten sie eine Schmerztherapie absolvieren. Jetzt sollen sie sich weiter erholen und kräftigen. Jochen Stargardt möchte das Gestüt auch als Reha-Stützpunkt etablieren.
Fohlen aus Neustadt zu Rennpferden ausbilden
Der Unternehmensberater und Trainer ist auch begeisterter Polospieler und hat weitere Pferde in Süddeutschland stehen. Mit dem Gestüt "El Sur" (auf Deutsch: der Süden) betritt er Neuland. "Wir müssen in der Szene erst mal bekannt werden", sagt er. "Ich hoffe, dass wir mit unserem Vollblut-Nachwuchs erfolgreich sind." Die ersten Fohlen werden wahrscheinlich im nächsten Jahr als Einjährige neue Besitzer finden. Diese können die Tiere dann zu Rennpferden ausbilden.
Jochen Stargardt räumt allerdings gleich mit einem Vorurteil auf. Zwar können erfolgreiche Rennpferde hohe Preisgelder gewinnen, sagt er. Die Ausbildung der Tiere sei allerdings sehr kostspielig und die Besitzer müssten teilweise bis zu 25.000 Euro im Jahr investieren. Auch die Decktaxe kann ins Geld gehen, je nachdem wie erfolgreich der Vater bisher im Rennalltag war.
Mitarbeiter pflegte Pferde von Fußballer Thomas Müller
Für Stargardt sind jetzt die Arbeitstage länger als früher. Er teilt sich die Aufgaben in den Ställen und auf den Koppeln mit seinem einzigen Mitarbeiter Robert Tim. Der war nach eigenen Worten schon im Gestüt von Fußball-Weltmeister Thomas Müller im Einsatz. Auch er ist nun in Neustadt an der Orla heimisch geworden.
Für die beiden Pferdebegeisterten ist vor allem die Erinnerung an die ersten Geburten im Gestüt noch frisch. "So 'ne Fohlengeburt ist mit Worten wahnsinnig schwer zu beschreiben", sagt Jochen Stargardt. "Das ist schon ein erfüllender und ergreifender Moment."
Bei der täglichen Arbeit mit den jungen Pferden fällt Stargardt auf, wie unterschiedlich Mütter und Nachwuchs sind. "Wir haben Helikopter-Mütter und Hippie-Mütter", sagt Stargardt. Heißt: Während einige Stuten ihren Sprößlingen nicht von der Seite weichen, lassen andere die Fohlen frei herumlaufen.
Ausbildung zur Pferdewirtin in Neustadt
In Zukunft will Stargardt in seinem Gestüt junge Pferdewirte ausbilden. Das Interesse sei groß, sagt er. Auch mehrere Schülerinnen und Schüler waren schon für ein Praktikum auf der Sachsenburg. Die nächsten Generationen Pferdenachwuchs werden also möglicherweise von den Gestüts-Azubis betreut.
Jochen Stargardt ist selbst überrascht vom großen Interesse in der Region. Die nächste Chance auf einen Blick hinter die Kulissen des neuen Gestüts gibt es deshalb im September - bei einem Tag der offenen Tür.
MDR (mm,ost)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 23. Juli 2024 | 19:00 Uhr
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