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Kommunalpolitik Seit einem Jahr im Amt: Wie macht sich Landrat Herrgott im Saale-Orla-Kreis?
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14. Februar 2025, 14:59 Uhr
Vor einem Jahr trat Christian Herrgott (CDU) sein Amt als neuer Landrat im Saale-Orla-Kreis an. Die Wahl hatte wegen des knappen Rennens mit dem AfD-Kandidaten Uwe Thrum bundesweit Aufsehen erregt. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit sorgte Herrgott für Wirbel mit der Arbeitspflicht für Asylbewerber. Wie blicken er und die Menschen im Landkreis auf sein erstes Jahr?
Im Schloss Oppurg ist Christian Herrgott Gastgeber für seine Kolleginnen und Kollegen aus den Thüringer Landratsämtern. Zwei Tage lang treffen sich die Landräte zu ihrer turnusmäßigen Sitzung.
Hauptthema sind die kommunalen Finanzen - und die Kreisumlage, wie in vielen anderen Landkreisen auch im Saale-Orla-Kreis ein Reizthema. Die Kreisumlage müssen die Kommunen an das Landratsamt zahlen. Die Einnahmen werden dann für Aufgaben verwendet, die die Kreisbehörde für alle kreisangehörigen Gemeinden erfüllt. Die Höhe der Kreisumlage soll mit dem neuen Haushalt noch einmal deutlich steigen. Damit müssten viele Gemeinden nochmals mehr an den Landkreis überweisen.
"Wir haben aber allein 7,5 Millionen Euro Mehrausgaben in diesem Jahr im Sozialbereich", begründet dies Christian Herrgott. "Außerdem steigen die Kosten bei den Tarifgehältern und im öffentlichen Nahverkehr." Doch auch in den Kommunen ist das Geld knapp. Einige Gemeinden im Saale-Orla-Kreis befinden sich in der sogenannten Haushaltssicherung. Das heißt, dass sie allein nicht mehr finanziell handlungsfähig sind.
Langer Rechtsstreit mit Pößneck beigelegt
Die schwierige Haushaltsplanung drückt dem Landrat auf die Stimmung. Eigentlich sei er mit seinem ersten Jahr ganz zufrieden, sagt Herrgott, der sich im vergangenen Jahr in der Stichwahl gegen seinen Herausforderer Uwe Thrum von der AfD durchsetzen konnte. Er hofft gegenwärtig, dass im April über den Haushalt im Kreistag entschieden werden kann.
"Vor allem Projekte wie die Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge haben wir gut umgesetzt", sagt Herrgott. "Auch die Bezahlkarte oder unsere Schulbauprojekte sind ein Erfolg." Die Beilegung des jahrelangen Rechtsstreits mit der Stadt Pößneck sieht Herrgott ebenfalls als Erfolg. Pößneck hatte bereits 2016 gegen die Kreisumlage geklagt und einen Erfolg erzielt.
Hoffen auf mehr Digitalisierung in Verwaltung
Auf anderen Gebieten klemme es noch, gibt jedoch Herrgott auch zu verstehen. Er würde seine Kreisverwaltung gern schneller umbauen. Auch beim Thema Digitalisierung klemmt es noch. Allerdings macht es nach seinen Worten keinen Sinn, für den Saale-Orla-Kreis bei Online-Software für die Verwaltung auf "Insellösungen" zu setzen. Er hofft, dass die neue Landesregierung hier schnell Ergebnisse liefert.
Vieles sei auch durch die schwierige Finanzsituation schwer umsetzbar gewesen. Dabei lobt der Landrat die konstruktive Arbeit im Kreistag. Er will sich auf Machbares konzentrieren und Prioritäten setzen. Das Thema Schulen steht dabei ganz oben auf seiner Agenda.
Arbeitspflicht für Asylbewerber im Saale-Orla-Kreis
Gleich zu Beginn seiner Amtszeit sorgte Herrgott mit der Arbeitspflicht für Asylbewerber für Wirbel und mediale Aufmerksamkeit, sogar weit über Deutschland hinaus. Dabei hatte der frischgebackene Landrat nur einen Kreistagsbeschluss umgesetzt.
Über 150 Asylbewerber haben eine Arbeitsgelegenheit angeboten bekommen. Nur 13 haben sich verweigert. Rund 60 haben inzwischen sogar einen richtigen Arbeitsplatz gefunden.
"Inzwischen ist die Arbeitspflicht ein Erfolgsmodell", sagt Herrgott. "Über 150 Asylbewerber haben eine Arbeitsgelegenheit angeboten bekommen. Nur 13 haben sich verweigert." Rund 60 hätten inzwischen sogar einen richtigen Arbeitsplatz gefunden.
Für Herrgott ist es der Beweis, dass die Arbeitspflicht bei der Integration von Asylbewerbern hilft. Die Quote sei sogar besser als bei den ukrainischen Geflüchteten, die nach Herrgotts Aussage eigentlich bessere Voraussetzungen mitbringen als zum Beispiel Menschen aus arabischen Ländern, etwa bei Ausbildung, Kulturkreis und Sprache. Herrgott würde das Modell gern auch auf Bürgergeldempfänger ausdehnen. Dort sei die Umsetzung derzeit aber noch zu kompliziert.
Kritik an Wartezeiten im Landratsamt
Die Menschen im Landkreis stellen Christian Herrgott ein durchwachsenes Zeugnis aus, wie eine Befragung von MDR THÜRINGEN unter Passanten ergab. So bewerten etwa einige die Arbeitspflicht für Asylbewerber positiv. Kritik gibt es jedoch an den Wartezeiten im Landratsamt, wenn es um Wohngeldanträge oder um Schüler-Bafög geht.
Hier will der Landrat nachsteuern. Die Zahl der Anträge habe sich durch neue Bundesgesetze verdoppelt. In der betreffenden Abteilung gebe es zwar nun mehr Mitarbeiter. Diese mussten allerdings erst eingearbeitet werden, sagt Herrgott.
Kritik von Mitbewerber Thrum
Wahlverlierer Uwe Thrum von der AfD ist mit der Arbeit des Landrats nicht zufrieden. "Er hat zwei zentrale Themen nicht eingehalten", sagt Thrum. "Er wollte die Krankenhäuser in Pößneck und Schleiz dauerhaft erhalten. Das ist ihm nicht gelungen."
Außerdem habe Herrgott sein Versprechen gebrochen, den Landkreis vor weiteren Windkraftanlagen zu schützen. Lob gibt es dagegen für das Terminsystem im Landratsamt. Auch beim Zustand der Schulen im Landkreis erkennt der AfD-Politiker an, dass sich jahrzehntelanger Sanierungsstau nicht von heute auf morgen beheben lässt. Das sei ein Problem aller Landkreise in Thüringen, so Thrum.
Behördensamstag noch nicht umgesetzt
Kreistagsmitglied Ralf Kalich (Linke) wünscht sich mehr Präsenz vom Landrat. Er wundert sich, dass der versprochene Behördensamstag noch nicht umgesetzt wurde. Bei der Digitalisierung seien das Landratsamt und der Landkreis insgesamt jedoch vorangekommen, sagt er.
In seinem zweiten Amtsjahr will Christian Herrgott die Schulbauprojekte weiter vorantreiben und im Landkreis auch in den Straßenbau investieren. Dafür braucht er allerdings einen beschlossenen Haushalt. Sollte der an der Kreisumlage scheitern, müsste Herrgott in diesem Jahr wohl den Rotstift vor allem bei den freiwilligen Leistungen ansetzen.
MDR (adr/mm)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 14. Februar 2025 | 18:00 Uhr
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