Wenn er nicht gerade in der Schule ist, steht Nils Roy Wobisch am Billardtisch. Der 17-Jährige aus Weida spielt seit sieben Jahren Karambol-Billard. Das macht er so gut, dass er im April zur Europameisterschaft nach Spanien fährt. Sobald Nils nach der letzten Schulstunde die Tür hinter sich schließt, beginnt für ihn eine andere Welt. Jetzt muss er den Kopf freibekommen - weg von Deutsch, Biologie oder Geschichte. In seiner Welt dreht sich alles um Tische, Kugeln und millimetergenaue Berechnungen.

Mit seinem Sport hat Nils in den vergangenen sieben Jahren schon viel erreicht. Er spielt nicht nur beim Turn- und Sportverein (TuS) Osterburg Weida, sondern ist auch Teil des Kaders in Bayern. Außerdem reist er regelmäßig nach Nordrhein-Westfalen, wo er vom Bundestrainer trainiert wird. In seinem Zimmer hängen viele Medaillen, die er bei Deutschen Meisterschaften gewonnen hat.

Obwohl auch Gold und Silber in seiner Vitrine hängen, ist für Nils eine Bronzemedaille aus dem Jahr 2019 besonders wichtig. Das war seine erste Medaille, die er gleich bei seiner ersten Deutschen Meisterschaft bekam. "Am Anfang wurde ich etwas zurückgehalten. Mir wurde gesagt: 'Mach dir nichts draus, das schaffst du vielleicht nicht.' Aber dann war es ein echter Erfolg", erzählt der 17-Jährige stolz. Sein nächstes Ziel ist die Europameisterschaft im April in Spanien, wo er in der Kategorie U17 antritt.

Nils wurde von seinem Trainer Jens Schuhmann entdeckt, der selbst sehr erfolgreich im Karambol-Billard war. Regelmäßig veranstaltet Schuhmann mit dem TuS Weida Schnuppertage für junge Schüler - so auch vor sieben Jahren bei Nils. "Nils hat von Anfang an absolut Feuer gefangen und wollte von dem Tag an unbedingt Billard spielen," erinnert sich Schuhmann. Vorher spielte Nils Fußball, doch das war ihm zu viel Teamsport, erzählt er lachend.

Sein Trainer Schuhmann ist vor allem von seinem großen Ehrgeiz fasziniert. Nils kämpft für seine Ziele. Damit die Schule dabei nicht zu kurz kommt, hilft sein Trainer auch in dieser Angelegenheit. Er hat für Nils einen eigenen Bereich beim Sportverein eingerichtet, in dem er seine Aufgaben erledigen kann. Im Sommer soll Nils seinen Regelschulabschluss machen. Danach will er mit einer Ausbildung anfangen.

Dass Nils einmal Billardspieler werden würde, hätte niemand in seiner Familie erwartet. Seine Eltern, Roy Wobisch und Peggy Günther, erzählen, dass Nils früher eher ein unruhiges und aufgedrehtes Kind war - das genaue Gegenteil eines konzentrierten Karambol-Spielers. "Ich habe Nils immer bei der Leichtathletik gesehen und wollte eigentlich nicht, dass er mit Billard anfängt", sagt sein Vater Roy. Doch die Familie ist froh, dass er diesen Weg eingeschlagen hat.

"Wir sind unglaublich stolz und fiebern immer mit", schwärmt seine Mutter Peggy. Wegen seines vielen Trainings hat Nils jedoch nur wenig Zeit für die Familie. Er ist oft unterwegs - nach Nordrhein-Westfalen, Bayern oder Neustadt an der Orla, wo der Verein größere Tische hat, die ähnlich sind wie die bei der Europameisterschaft in Spanien. Zwar kann die Familie ihn nicht nach Spanien begleiten, aber sie fiebern in Weida mit, wenn Nils anfängt, die Kugeln zu stoßen. Im Herzen sind sie also immer dabei.

Um sich auf die Europameisterschaft vorzubereiten, spielt Nils bei den Landesmeisterschaften - und das in der Erwachsenenklasse. "Bei Nils stimmt die Leistung und deswegen kann er hier mitmachen", erklärt Trainer Jens Schuhmann. Nils musste sich zunächst auch dafür qualifizieren.

In der ersten Runde der Qualifizierung erlitt er eine Niederlage, doch er sieht das sportlich: "Das sind genau die Erfahrungswerte, die man dann bei der Europameisterschaft braucht." Die nächsten drei Runden konnte er für sich entscheiden und qualifizierte sich als Erster für die Landesmeisterschaften. Ein vielversprechender Start auf dem Weg zur Europameisterschaft. Nils selbst ist gespannt, welchen Platz er im April in Spanien belegen wird.