Justiz Nach Geraer Mai-Kundgebungen: Ermittlungen gegen 36 linke Demonstranten

15. November 2023, 08:15 Uhr

Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach den 1.-Mai-Kundgebungen in Gera gegen 36 Demonstranten aus dem linken Lager. Sie sollen versucht haben, gewaltsam eine Polizeisperre zu durchbrechen. Am Vorgehen der Polizei gibt es aber auch Kritik.

Nach den Durchsuchungen von Wohnungen und Treffs der linken Szene in Thüringen, Sachsen und drei weiteren Bundesländern hat die Staatsanwaltschaft Gera einige Details zu dem Verfahren bekanntgegeben. Die Behörde teilte MDR THÜRINGEN mit, sie beschuldige 36 Personen, am 1. Mai in Gera gewaltsam versucht zu haben, eine Polizeikette zu durchbrechen.

Ermittlungen wegen Landfriedensbruchs und Angriffen auf Polizei

Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach eigenen Angaben wegen Landfriedensbruchs, Widerstands gegen und Angriffen auf Polizeibeamte und weil sich Demonstranten vermummt haben sollen. Ob die Beschuldigten mit Stangen, Steinen, Flaschen und Bengalos auf die Beamten losgegangen sind, wie es kurz nach den Durchsuchungen hieß, wird nach Angaben eines Behördensprechers noch untersucht. Die Polizei hatte kurz nach den Demonstrationen am 1. Mai 2023 in einer Mitteilung lediglich von "mehreren massiven körperlichen Angriffen" berichtet.

Die Polizei hatte etwa die Hälfte der gut 500 Teilnehmer der linken Demonstration in der Bachgasse in Gera für mehrere Stunden eingeschlossen, um Identitäten festzustellen. Dort soll es zu dem gewalttätigen Übergriff auf die Polizei gekommen sein. Die Beamten hatten nach eigenen Angaben Tränengas und Schlagstöcke eingesetzt. Teilnehmer der Demonstration erklärten damals, dass ihre Kundgebung unangekündigt und überraschend gestoppt worden sei.

Durchsuchungen in Thüringen und anderen Bundesländern

Die Durchsuchungen aufgrund der daraufhin eingeleiteten Ermittlungen fanden laut Staatsanwaltschaft am vergangenen Mittwoch in Nordhausen, Gera, Jena und Erfurt statt sowie in Sachsen, Baden-Württemberg, Hamburg und Niedersachsen. Beschlagnahmt wurden dabei zum Beispiel in Sachsen nach Angaben des dortigen Landeskriminalamtes unter anderem Handys, Pyrotechnik, eine große Menge Pfefferspray, Funkgeräte und eine scharfe Schusswaffe. Inwieweit eine Verbindung zur Demonstration in Gera besteht, ist noch unklar. Die sächsischen Ermittler erklärten, dass das Auswerten einige Zeit dauern werde.

Polizei-Einsätze in der Kritik

Während in Thüringen CDU und AfD die Durchsuchungen begrüßt hatten, gab es gegen den Einsatz der Polizei im Mai in Gera und auch gegen die Durchsuchungen Kritik aus dem Lager der Linken. Die Ostthüringer Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss (Linkspartei) nannte die Razzien unverhältnismäßig. Sie sprach in einer Reaktion von einem "völlig fehlgelaufenen Einsatz" der Polizei im Mai in Gera und "willkürlich eingekesselten Personen". Bei der Demo in Gera sei "richtig viel schief gegangen". Fehlverhalten werde unter den Tisch gekehrt oder es würden "hanebüchene Rechtfertigungen konstruiert".

Auch von Politikerinnen von SPD und Grünen hatte es nach der Mai-Demo Kritik am Verhalten der Polizei gegeben. Demonstrationen und Polizeieinsatz waren später auch Thema im Innenausschuss. Allerdings liegen der Staatsanwaltschaft Gera keine Anzeigen gegen am 1. Mai in Gera eingesetzte Polizeibeamte vor.

Am vergangenen Wochenende fand zudem in Jena eine Demonstration der linken Szene mit rund 250 Teilnehmern statt, bei der der Polizei wegen der Durchsuchungen Willkür vorgeworfen wurde.

Zwei größere Demonstrationen am 1. Mai in Gera

Am 1. Mai gab es in Gera zwei größere Demonstrationen. Rund 700 Teilnehmer nahmen an einer Demonstration der rechtsgerichtete Initiative "Aufbruch für Gera" teil. Dagegen hatten sich rund 500 Teilnehmer aus dem Lager der Linken versammelt.

Mehr zur Mai-Demo in Gera und den Folgen

MDR (rom)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 09. November 2023 | 08:30 Uhr

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