Aenne Biermann: Porträt Gertrud Engels, Werknummer 2984, um 1930 (weibliches Porträtbild) Aenne Biermann: Porträt Martin Engels, Werknummer 2990, um 1930 (männliches Porträtbild) 4 min
Bildrechte: Aenne Biermann, Förderverein Freunde des Ferberschen Hauses e. V.
4 min

Gera hat zwei Portraitbilder der Fotografin Aenne Biermann sowie ein Brief ihres Ehemanns Herbert, den er 1947 aus dem Exil in Haifa schickte, erhalten. Eine Zeitkapsel, der Gera nun eine Ausstellung widmet.

MDR KULTUR - Das Radio Fr 09.02.2024 06:00Uhr 03:54 min

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Schenkung Warum Gera einem Brief aus Palästina eine ganze Ausstellung widmet

31. Januar 2024, 20:19 Uhr

Zwei seltene Porträtbilder, aufgenommen von der Fotografin Aenne Biermann sowie einen Brief ihres Ehemanns Herbert aus dem Exil 1947 in Haifa hat das Museum für Angewandte Kunst in Gera als Geschenk erhalten. Eine neue Ausstellung zeigt die besonderen Gaben der Münchner Galerie Pixis. Erst die wissenschaftliche Aufarbeitung eines Historikers hat die Schau ermöglicht.

Aenne Biermann (1898-1933) zählt zu den festen Größen der "Neuen Fotografie" und ihr Name ist fest verbunden mit der thüringischen Stadt Gera, in die sie 1920 mit ihrem Ehemann Herbert zog. Ihre Fotografien sind auf dem Kunstmarkt eine Seltenheit. Umso größer war die Überraschung und Freude in Gera, als die Münchner Galerie Pixis zwei Werke und einen Brief dem Förderverein des Museums für Angewandte Kunst "Freunde des Ferberschen Hauses" schenkte.

"Es sind zwei Porträts des befreundeten Paares Martin und Gertrud Engel. Dazu kommt ein Brief, den Herbert Biermann 1947 aus Haifa nach seiner Flucht an den porträtierten Martin Engels geschrieben hat. Das ist das ganz Besondere und das Überraschende", sagte die Geraer Projektleiterin Regina Scheler.

Aenne Biermann, Selbstporträt einer Frau, deren Gesicht sich in einer silberner Kugel spiegelt.
Aenne Biermann: Selbstporträt mit silberner Kugel Bildrechte: imago images/Artokoloro

Ein Brief, der Geschichte erlebbar macht

Der Brief ist dabei ein unverhofftes Zeitdokument für Gera. Auf sechs handgeschriebenen Seiten berichtet Herbert Biermann aus dem Exil in Haifa, damals Palästina, den damit verbundenen Verlusten – und er blickt auf seine Zeit in Gera zurück.

"In dem Brief sind so viele Worte und diese Worte beleuchten Schicksale, zeigen Personen auf. Und je mehr wir von dem Brief erfahren haben, umso mehr Türen und Fenster haben sich geöffnet", schwärmt Sigrid Müller, Vorsitzende des Vereins "Freunde des Ferberschen Hauses".

Ermöglicht hat das die Arbeit des Historikers Rainer Krauss, der den Brief wissenschaftlich aufgearbeitet hat. Sie lieferte die Basis für die Kabinettausstellung im Museum für Angewandte Kunst Gera und wird begleitend in einem Katalog veröffentlicht.

KZ-Erfahrung, Flucht und Gera in den Dreißigern

"Wie in einer Zeitkapsel konnten wir hineinschauen, was hat sich in der Zeit ereignet, als die Biermanns in Gera lebten? Welche Architektur spielte eine Rolle? Es gab die Reformpädagogik und es gab viele interessante Menschen, die sich so zusammengefunden haben", so Müller über die Ergebnisse.

Menschen stehen vor einer Vitrine in der ein Brief ausgebreitet liegt.
Der Brief von Herbert Biermann in der Ausstellung in Gera. Auf dem Foto zu sehen sind: Projektleiterin Regina Scheler, Ausstellungsmacher Mirko Albrecht, Projektleiterin Sigrid Müller (v.l.n.r.). Bildrechte: Anne-Kathrin Segler

In dem Brief berichtet Herbert Biermann auch von der schrecklichen Zeit, die er erleben musste im Konzentrationslager und bei der Ausreise. "Als wir den Brief gelesen hatten, haben wir uns gesagt: Das ist so ein wichtiges Zeitdokument, das kann nicht im Depot verschwinden! Wir wollen das einfach an die Öffentlichkeit bringen", erzählt Scheler. So entstand vor drei Jahren die Idee für die Ausstellung, die heute aktueller und nötiger denn je sei.

Ausstellung soll auf Gesellschaft wirken

Neben dem handschriftlichen Brief in Altdeutsch samt Transkription und den Aenne-Biermann-Fotos zeigt die Ausstellung auch Teile der Recherche um den Brief herum. Wichtig ist den beiden Projektleiterinnen Scheler und Müller, dass die Ausstellung über Projekte in die Stadtgesellschaft hineinwirkt. So sind sie in Schulen oder im Altenheim unterwegs, wo sich manche sogar an das Biermannkaufhaus oder die Biermannvilla in der Stadt erinnern können.

Die Ausstellung "Ein Brief aus Haifa" geht bis zum 28. Mai im Museum für Angewandte Kunst Gera, doch das Thema werde Gera noch viel länger beschäftigen, so Müller.

Die Ausstellung Ein Brief aus Haifa
Kabinettausstellung

31. Januar bis 28. Mai 2024

Museum für Angewandte Kunst
Greizer Straße 37-39, 07545 Gera

Kurzführung durch die Kabinettausstellung immer mittwochs, 12:30 Uhr.

Quelle: MDR KULTUR (Linda Schildbach), Redaktionelle Bearbeitung: op

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 31. Januar 2024 | 15:30 Uhr

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