Sieben Tote Mordanklage nach Unfall bei Bad Langensalza wäre Novum

11. April 2023, 08:19 Uhr

Nach dem schweren Autounfall bei Bad Langensalza mit sieben Toten gibt es Forderungen nach schärferen Konsequenzen. Thüringens Innenminister Georg Maier hatte zuletzt angeregt, den Fall als Mord zu bewerten und auf entsprechende Urteile nach illegalen Autorennen verwiesen. Juristen zufolge dürfte das nicht einfach werden – allerdings ist auch ein neues Grundsatzurteil nicht auszuschließen.

Heimtücke, Grausamkeit, Gemeingefährlichkeit, Habgier oder Tötungslust – das sind einige der Merkmale für Mord, die im Strafgesetzbuch aufgelistet werden. Wer einen Menschen absichtlich tötet, kann juristisch gesehen auch ein Totschläger sein, dann fällt die Strafe geringer aus. Tötet jemand aus niedrigen Beweggründen, könnte aus Totschlag Mord werden.

Mögliche Mordanklage: Verkehrsrechtler erwartet schwierigen Prozess

Diese Rechtslage auf den Unfallverursacher von Thüringen anzuwenden, dürfte ein schwieriger Prozess werden, sagt der Verkehrsjurist Dieter Müller. Er ist Professor für Verkehrsrecht an der Sächsischen Polizeihochschule. "Nach einem solchen Alkoholunfall, wenn der Unfallverursacher alkoholisiert gefahren ist, gibt es verschiedene Straftaten, die möglich sind. Aber mir ist kein Urteil bekannt, dass ein alkoholisierter Unfallverursacher einmal wegen Mordes oder wegen Totschlags verurteilt worden wäre."

Ähnlich sieht man das auch im Justizausschuss des Thüringer Landtags. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass es nach dem schweren Unfall auf der B247 zu einem neuen Grundsatzurteil kommt. Das zieht die Juristin Dorothea Marx in Betracht. Sie ist Juristin und stellvertretende Vorsitzende des Justizausschusses im Thüringer Landtag und sagt: "Da gibt es ja einen Präzedenzfall für die Raser. Da hat man ja auch mittlerweile einen ersten Menschen wegen Mordes verurteilt. Und da hat man auch eine Nachschärfung im Strafgesetzbuch vorgenommen."

SPD-Politikerin verweist auf Kudamm-Raser

Dorothea Marx SPD
Die Thüringer SPD-Politikerin Dorothea Marx Bildrechte: imago images/Karina Hessland

Bisher hätte man ja formal nur eine fahrlässige Tötung, erklärt Marx. "Wenn jemand mit so einer asozialen, hohen kriminellen Energie sich ins Auto setzt, das ist eigentlich ähnlich wie mit einem Autorennen, aber dafür gibt’s jetzt noch keine besondere Vorschrift, dass man da eine stärkere Strafe auswerten dürfte." Der angesprochene Präzedenzfall bezieht sich auf ein illegales Autorennen am Berliner Kurfürstendamm. Bei dem kam 2016 ein unbeteiligter Autofahrer ums Leben.

Unabhängig von der Frage nach der Strafe mache der Unfall von Thüringen einmal mehr deutlich: Es muss mehr kontrolliert werden auf unseren Straßen, sagt Verkehrsjurist Müller von der Sächsischen Polizeihochschule: "Was wir dringend brauchen, ist eine bessere Kontrolldichte, denn es gibt viel zu wenige Polizisten auf den Straßen, die eine solche Alkoholfahrt unterbinden, ehe es zu einem Unfall kommt." Er denke zum Beispiel an die Zehntausenden von Bundespolizisten, die auch im Straßenverkehr bei Kontrollen unterwegs seien, aber regelmäßig keine Alkoholkontrollen machten. "Denen könnte das Recht sofort gegeben werden."

Forderung nach Null-Promille-Grenze

Zudem könnten auch der Zoll sowie gemeindliche Vollzugsdienste Alkoholkontrollen durchführen, sagt Müller. Der Unfall von Thüringen zeige darüber hinaus einmal mehr, dass man für das Autofahren eine Null-Promille-Grenze brauche: "Ich bin ja der Vorsitzende des Juristischen Beirats des Deutschen Verkehrssicherheitsrate. Und der Deutsche Vekehrssicherheitsrat und auch die Deutsche Verkehrswacht vertreten schon immer, dass das Alkoholverbot für alle Kraftfahrzeugführer gelten sollte und zwar ein absolutes Alkoholverbot, eine Null-Promille-Grenze."

Ein absolutes Alkoholverbot sei für jeden Autofahrer einen klare Vorgabe, sagt Müller. Und Suchtkranken müsse so von vornherein klar sein, dass das Steuer für sie tabu sei.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 11. April 2023 | 06:00 Uhr

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