Gesundheitsversorgung Doppelt so teuer wie gedacht: Neue Zentrale Rettungsleitstelle im Kreis Nordhausen kostet 26 Millionen Euro
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11. März 2025, 19:42 Uhr
Im Kreis Nordhausen soll eine neue Rettungsleitstelle gebaut werden. Letzte Woche hat der Kreistag das Projekt mit Bauchschmerzen beschlossen. Das Vorhaben kostet rund 26 Millionen Euro.
Es gibt eigentlich kaum einen Moment, in dem die Mitarbeiter der Zentralen Leitstelle in Nordhausen nicht das Telefon in der Hand haben. 110-mal am Tag schicken sie die Feuerwehr, den Rettungswagen oder den Hubschrauber zu einem Einsatz. Und da sind noch gar nicht die vielen Fälle mitgezählt, die sie gleich am Telefon lösen können.
Ihr Einsatzort: ein dreistöckiges Gebäude auf dem Gelände des Südharz-Klinikums in Nordhausen. Als man 1996 dort einzog, war es eine der modernsten Leitstellen Thüringens. Und seitdem wurde natürlich immer weiter nachgerüstet - vor allem bei der IT. So kann man zum Beispiel bei jedem Anruf sehen, von wo genau der Notruf gemeldet wurde und bei vielen Telefonen auch, welche Kontakte im Notfall alarmiert werden sollen.
Und schon wieder signalisiert die rote Leuchte, dass ein Notruf bei einem Mitarbeiter eingeht. Routiniert fragt er ab, wo, was, wer meldet, wie viele Menschen betroffenen sind. Ob der Notruf aus dem eigenen Landkreis oder aus dem hier ebenfalls aufgeschalteten Kyffhäuserkreis kommt, ist dabei egal. Die gegebenenfalls wichtigen Ortskenntnisse haben die Einsatzkräfte, und die kommen aus der eigentlichen Region.
Umfangreichere Anforderungen an Technik
Neben dem alltäglichen Geschehen ist man hier auch auf besondere Einsatzlagen vorbereitet. Neben der eigentlichen Einsatzzentrale befindet sich ein Konferenzraum, in dem das Einsatzgeschehen auf Monitoren abgebildet wird. Dort sitzen - zum Beispiel bei einer Katastrophenlage - alle wichtigen Amtsträger und können von dort zielgerichtet die Einsatzkräfte koordinieren.
Für solche besonderen Einsatzlagen gelten heute wesentlich umfangreichere Anforderungen an die Technik und die äußere Abschirmung als noch vor 29 Jahren, als die Leitstelle in das Gebäude zog. Viele Szenarien, die damals noch als kaum vorstellbar galten, sind heute real. Dazu zählt auch die gezielte Sabotage der Leitstelle.
Dafür ist das derzeitige Gebäude auf dem Gelände des Südharzklinikums nicht ausreichend gewappnet. Und das unmittelbar unter der Leitstelle noch Mitarbeiterwohnungen des Klinikums und eine Apotheke sind, ist auch denkbar ungünstig. Zudem sollen Leitstellen auch andere ersetzen können, falls eine mal ausfällt. Nordhausen soll dann Erfurt übernehmen und umgedreht. Das ist am alten Standort nicht realisierbar.
Deshalb will der Kreis Nordhausen seit vielen Jahren schon eine neue Leitstelle an der Zorge, direkt neben der ebenfalls neuen Feuerwache bauen. Eigentlich sollte die schon stehen, doch der Bau verzögerte sich immer wieder. Und in dieser Zeit wuchsen die Anforderungen an solch ein Gebäude und vor allem an seine Technik.
Kreistag beschließt Bauprojekt
Letzte Woche hat der Kreistag nun endlich das Projekt beschlossen - wenn auch mit großen Bauchschmerzen. Denn aus den 16 Millionen aus der ersten Bauplanung sind nun 26 Millionen Euro geworden. Ein Betrag, der auch Landrat Matthias Jendricke erschreckte. Erstmals, so erzählt er mir, hätten die Planer für die technische Ausstattung einer solchen Leitstelle mehr veranschlagt als für den Baukörper selbst.
Trotzdem komme man nicht ohne diesen Neubau aus. Der könne auch für weitere Kreise mitaufnehmen. So zum Beispiel das Eichsfeld und den Unstrut-Hainich Kreis. Die wären auch immer wieder dazu eingeladen worden, hätten aber abgelehnt, weil man die Aufgabe selbst bewältigen könne - so der Landrat.
Auf kurz oder lang würde man aber auch dort vor den großen technischen und finanziellen Herausforderungen stehen, die die heutigen Anforderungen an eine solche Leitstelle vorschreiben.
Hohe Kosten werden seit Jahren diskutiert
Die Thematik der hohen Kosten einer solchen Leitstelle und dem Zusammenschluss von mehreren Kreisen beim Betrieb wird seit vielen Jahren auch in Thüringen immer wieder diskutiert. Ende 2023 hatte Gesundheitsminister Lauterbach Vorschläge für eine Reform des Rettungsdienstes vorgelegt, in denen ein Richtwert von einer Leitstelle pro eine Million Einwohner vorgeschlagen wird. Davon ist man in Thüringen weit entfernt. Hier gibt es derzeit zwölf Leitstellen für insgesamt etwa 2,1 Millionen Einwohner.
Im Innenministerium schaut man die kommunale Zuständigkeit für Leitstellen seit Jahren mit gemischten Gefühlen. Laut einem dort 2019 in Auftrag gegebenen Gutachten würden für Thüringen vier Leitstellen plus eine Lehr-Leitstelle ausreichen. Doch die freiwillige Zusammenarbeit an dem Leitstellenprojekt - so resümiert man - sei nicht von Erfolg gekrönt gewesen.
Eine 70-prozentige Förderung der Kosten einer Leitstelle - so wie sie Nordhausen jetzt beantragt hat, komme künftig nur noch in Betracht, wenn sich mindestens zwei Kreise eine Leitstelle teilten. An dem Leitstellenprojekt beteiligen sich die Kreise Weimarer Land, Eichsfeld und der Unstrut-Hainich Kreis derzeit nicht.
In Nordhausen herrscht derweil Aufbruch-Stimmung: Sobald die Förderzusage vorliegt, soll das marode Wohngebäude, was am geplanten Standort an der Zorge steht, abgerissen werden und wenn alles gut funktioniert, könnte der Neubau 2027 schon stehen.
MDR (romü/jn)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 10. März 2025 | 19:00 Uhr
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