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Susette Schubert, Gleichstellungsbeauftragte Stadt Erfurt 1 min
Mitarbeiter des Erfurter Theaters äußern mangelndes Vertrauen in die neue Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Erfurt, Susette Schubert. Mareike Wiemann fasst zusammen. Bildrechte: MDR/ Stefan Baumgarth
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Aus den Reihen des Erfurter Theaters werden weitere Vorbehalte gegen die neue Gleichstellungsbeauftragte Susette Schubert laut: ein vertrauensvolles Verhältnis sei nicht vorstellbar, berichten Mitarbeiter MDR KULTUR.

MDR KULTUR - Das Radio Mi 12.03.2025 08:40Uhr 00:39 min

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"Kein Vertrauensverhältnis" Erfurt: Theatermacher kritisieren neue Gleichstellungsbeauftragte

12. März 2025, 04:00 Uhr

Die neue Erfurter Gleichstellungsbeauftragte Susette Schubert steht wegen ihres privaten Engagements in einem Verein, der Rechte von Transpersonen infrage stellt, bereits in der Kritik. Nun werden aus Reihen des Theaters weitere Vorbehalte laut: Die Partnerschaft von Susette Schubert mit der Leiterin des Erfurter Rechtsamts werfe Fragen auf, ein vertrauensvolles Verhältnis sei nicht vorstellbar.

"Was wäre, wenn?" – Diese Frage stellen sich Theaterbeschäftigte, seit die Stadt Erfurt die Position der Gleichstellungsbeauftragten wieder besetzt hat: "Was wäre, wenn es in Zukunft zu sexualisierter Gewalt oder Machtmissbrauch an diesem Haus käme – könnten wir uns Susette Schubert dann anvertrauen?" Die Antwort mehrerer Beschäftigter, die MDR KULTUR anonym befragen konnte, lautet schlicht: Nein.

Zum einen könne Schubert durch ihr privates Engagement beim Verein "Frauenheldinnen", der die Rechte von Transmenschen infrage stelle, keine Ansprechpartnerin für diese Personen sein. Zum anderen stelle ihre private Partnerschaft ein Problem dar: Schubert sei mit der Leiterin des Erfurter Rechtsamts liiert. Diese sei unmittelbar in die schnelle Kündigung der früheren Gleichstellungsbeauftragten Mary-Ellen Witzmann und den noch laufenden Prozess verwickelt: "Es ist überhaupt kein Vertrauen da, aufgrund dieser Beziehung!"

Stadtverwaltung: Konstruierter Verdacht

Es sind Vorbehalte, welche die Stadt Erfurt so nicht gelten lässt. Susette Schubert steht für ein Interview mit MDR KULTUR nicht zur Verfügung. Eine Stadtsprecherin erklärt jedoch zum privaten Engagement bei "Frauenheldinnen", die Türen der Gleichstellungsbeauftragten ständen allen Theaterbeschäftigten offen, anderes zu behaupten, stelle eine Vorverurteilung dar. Und weswegen aufgrund Schuberts persönlicher Beziehung mit der Rechtsamtsleiterin das Vertrauen abgesprochen werden solle, erschließe sich nicht und erscheine konstruiert.

Da ist überhaupt kein Vertrauen da aufgrund dieser Beziehung.

Mitarbeitende Theater Erfurt über Susette Schubert

Kein Vertrauen mehr in neuen Oberbürgermeister Andreas Horn

Die Kritik an der Gleichstellungsbeauftragten ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Insgesamt, so erzählt eine am Theater beschäftigte Person, sei sie mittlerweile "völlig desillusioniert", was eine weitere Aufklärung des Theaterskandals angehe. Drei Gutachten seien im Auftrag der Stadtverwaltung mittlerweile erstellt worden, hunderttausende Euro dafür bezahlt worden: "Und dennoch ist keines dieser Gutachten näher der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Nicht einmal uns, im Kreis des Theaters."

Andreas Horn
Bei seinem Amtsantritt hat Oberbürgermeister Andreas Horn (CDU) versprochen, den Erfurter Theaterskandal aufzuklären. Das habe sich bisher nicht eingelöst, werfen ihm Mitarbeiter des Theaters vor. Bildrechte: picture alliance/foto2press/Steffen Proessdorf

Ziel dieser Vorwürfe ist Erfurts neuer Oberbürgermeister Andreas Horn (CDU). Während er im Wahlkampf eine "moralische Aufarbeitung" des Skandals gefordert hatte, gerade auch im Hinblick auf die geschasste Gleichstellungsbeauftragte Mary-Ellen Witzmann, scheint das Theater mittlerweile nicht mehr sehr weit oben auf seiner Agenda zu stehen. Ein Aussprachetermin am Theater, so monieren die Beschäftigten, habe bislang nicht stattgefunden.

Erfurter Werkausschuss hat als Kontrollgremium versagt

So hätte Horn dringend die Kontrollstrukturen des Theaters verändern müssen, die unter dem langjährigen Intendanten Montavon so kläglich versagt hätten. Das sei bislang nicht geschehen: "Der Werkausschuss ist unserer Perspektive nach nicht in der Lage, das Theater angemessen zu kontrollieren", heißt es aus dem Theater. Alle kommunalen Eigenbetriebe würden von denselben Stadträten beaufsichtigt, das sei viel zu viel. "Außerdem ist auch der Theaterbeigeordnete Teil des Werkausschusses – er kontrolliert sich also quasi selbst, da er ja auch Vorgesetzter der Theaterleitung ist." Das ginge einfach nicht. Was es stattdessen endlich brauche, sei eine Einbindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in das Kontrollgremium.


Was ist der Werkausschuss des Theaters Erfurt? Der Werkausschuss ist ein Kontrollgremium des Theaters Erfurt. Er besteht aus Mitgliedern des Stadtrats. Aktueller Vorsitzender ist Stefan Schade von der Fraktion der SPD und Piraten.

Forderungen nicht umsetzbar

Für solche Strukturveränderungen sieht der neue Theaterbeigeordnete Steffen Linnert jedoch keinen Spielraum. Man habe als Kommune wenig Möglichkeiten, da anders ranzugehen. Transformiere man das Theater etwa vom kommunalen Eigenbetrieb hin zu einer GmbH, komme der Aufsichtsrat viel seltener zu Treffen zu zusammen. Dies sei auch nicht hilfreich.

Der Werkausschuss ist unserer Perspektive nach nicht in der Lage, das Theater angemessen zu kontrollieren.

Mitarbeitende Theater Erfurt

Es komme deswegen viel mehr darauf an, dass die Theaterbeschäftigten mittlerweile vorhandene Wege und Mittel nutzten, um mögliches künftiges Fehlverhalten an die Stadt zu melden: "Das Theater hat sich bislang oft als eine Art eigenes Biotop gesehen. Als Eigenbetrieb ist man aber immer auch Teil der Stadt", so Linnert bei MDR KULTUR. Es gebe immer auch Themen, die an die Stadtspitze herangetragen werden müssen, wenn man beim Werkleiter nicht weiterkomme.

Einiges hat sich verändert

Eine Stadtsprecherin verweist zudem auf diverse Strukturveränderungen, die in den vergangenen Monaten auf den Weg gebracht worden seien. So gebe es mittlerweile einen Verhaltenskodex am Haus, zudem sei eine Beschwerdestelle für Gleichstellungsthemen eingerichtet worden. Insgesamt seien die Strukturen seit vergangenem Jahr umfangreich überprüft, überarbeitet und in eine moderne Verwaltungs-, Organisations- und Compliancestruktur überführt worden.

Die Beschäftigten des Theaters, mit denen MDR KULTUR sprechen konnte, zucken dazu nur mit den Schultern. Von der neuen Theaterleitung werde zwar eine sehr wertschätzende Unternehmenskultur gelebt, das Klima am Haus sei seit dem Weggang von Montavon wesentlich besser. In der Erfurter Stadtverwaltung aber gibt es nach Wahrnehmung der Beschäftigten keine Vertrauenspersonen, denen wirklich zugetraut wird, Dinge aufzuarbeiten oder ändern zu wollen: An die man sich wenden kann, wenn künftig mal etwas schief läuft.

Quelle: MDR KULTUR (Mareike Wiemann)
Redaktionelle bearbeitung: gw, bh

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