Tierschutz Immer wieder ausgesetzte Tiere: Thüringer Tierheime stoßen an ihre Belastungsgrenze
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14. September 2023, 11:40 Uhr
Tierheime in Thüringen müssen sich in diesem Jahr um mehr ausgesetzte Tiere als sonst kümmern. Dabei haben sie kaum noch Kapazitäten. Neben der Platznot sind die gestiegenen Tierarzt- und Futterkosten, von denen die Heime ebenso wie Tierbesitzer betroffen sind, die größte Herausforderung.
40 Wellensittiche, zehn Meerschweinchen, vier Kaninchen, Tauben und Katzen - Weimars Amtstierärztin Madeleine Spielvogel könnte die Liste noch fortsetzen. "Es ist unglaublich, was in diesem Jahr an Tieren ausgesetzt wird."
Ausgesetzte Fische und Meerschweinchen
Viel Ärger hat der Stadt erst kürzlich ein Massensterben von Fischen im Weimarhallenteich eingebracht. Der Teich, der ursprünglich fischfrei ist, war voller Kadaver. Kilogrammweise schwammen die Fische kieloben auf dem Wasser. "Sie haben sich sprichwörtlich die Luft zum Atmen genommen", sagt Bürgermeister Ralf Kirsten, dem die Laborergebnisse des Landesamtes für Verbraucherschutz vorliegen. "Die Fische waren nicht krank und das Wasser nicht verseucht. Es waren einfach zu viele."
Dabei wurden auch diese Tiere ausgesetzt und haben sich dann munter vermehrt. "Vielleicht wurde es in dem einen oder anderen Gartenteich zu eng und dann kamen die Leute auf die Idee, den Weimarhallenteich zu nutzen", schätzt Madeleine Spielvogel.
Erst kürzlich ist sie mit ihrem Team in eine Gartenanlage gerufen worden. Dort saßen neun verängstigte Meerschweinchen im Gras. Auch sie wurden ausgesetzt. "Natürlich kann es immer mal wieder sein, dass ein Tier wegläuft und dann gefunden wird. Aber wenn sich nach vier Wochen kein Besitzer bei uns meldet, gehen wir davon aus, dass er sich der Tiere entledigen wollte. Dann gelten sie für uns als ausgesetzt."
Oft können Tierschutzvereine und Pflegefamilien helfen
In der Regel kommen Fund- und ausgesetzte Tiere im Weimarer Tierheim unter. Dort geht es eng zu. "Gerade die Katzen-Quarantäne ist übervoll", berichtet Tierheim-Chefin Susanne Eckardt. In der Quarantäne werden kranke Tiere und viele Neuankömmlinge versorgt.
Sie werden untersucht und gegebenenfalls medizinisch behandelt. "Gerade ausgesetzte Tiere haben meist ein gesundheitliches Problem", sagt Eckardt. "Das stellt natürlich auch uns vor große finanzielle Herausforderungen. Die Behandlungen sind oft teuer."
Annahmestopp in Gera und Ilmenau
Als kommunales Tierheim ist die Weimarer Einrichtung verpflichtet, sämtliche Tiere aufzunehmen. Vereinsgeführte Tierheime schieben inzwischen teilweise Riegel vor. Gera zum Beispiel hat einen zeitweisen Annahmestopp verhängt und auch Ilmenau meldet "landunter". "Die Belastungsgrenze ist erreicht", heißt es von dort.
Oftmals sind es Tierschutzvereine und Pflegefamilien, die einspringen. "In Weimar haben wir zum Beispiel einen rührigen Taubenverein, der sich um die Vögel kümmert. Wir haben Pflegestellen und ehrenamtliche Hilfen", ist Susanne Eckardt dankbar.
Auch die neue Katzenschutzverordnung der Stadt hilft. "Wir haben weniger herrenlose Tiere - also Tiere, die im Großen und Ganzen für sich selbst sorgen und an Futterstellen von uns überwacht und gefüttert werden", sagt Amtstierärztin Madeleine Spielvogel. Katzen müssen laut Verordnung gechipt, registriert und kastriert sein.
Hohe Tierarztkosten einerseits, fehlendes Wissen andererseits
Spielvogel kennt viele Gründe, warum sich immer mehr Menschen ihrer Tiere entledigen. Zum einen nennt sie die Corona-Zeit. "Viele Menschen haben sich in den letzten Jahren Tiere gegen die Einsamkeit angeschafft. Doch nun ist das vorbei und die Tiere werden nicht mehr gebraucht."
Einer der Hauptgründe dürfte allerdings finanzieller Art sein, gibt die Amtstierärztin zu bedenken: "Die Behandlungskosten für Tierärzte sind erheblich gestiegen. Viele können es sich schlichtweg nicht mehr leisten. Wir als Amt sehen das auch in der Verwahrlosung. Immer wieder müssen wir vernachlässigte Tiere beschlagnahmen."
Kauf eines Tieres oftmals überstürzt
Tierheimchefin Susanne Eckardt merkt an, dass auch für sie die Tierarztkosten gestiegen sind. "Auch wir haben damit zu kämpfen. Aber auch Futter und Ausrüstung werden immer teurer." Neben den Kosten-Gründen sieht Eckardt noch ein Problem im Tier-Management. "Es ist zu einfach, Tiere online zu kaufen. Ohne Beratung oder sich vorher Gedanken gemacht zu haben, ob das Tier zu mir passt."
Gerade Hundebesitzer würden sich nicht immer ausreichend beraten lassen oder überstürzte Entscheidungen fällen. "Ein Hund will wohl überlegt sein. Es braucht auch viel Wissen über ein Tier, bevor ich es mir zulege. Ich fordere ja schon seit Jahren einen Hundeführerschein", sagt Eckardt. Die Gründe, warum Tiere ausgesetzt werden, sind also vielfältig.
MDR (fra)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | JOHANNES UND DER MORGENHAHN | 14. September 2023 | 07:20 Uhr
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