Kostenexplosion Energie- und Tierarztkosten: Tierheime haben ernste wirtschaftliche Probleme

11. Juni 2023, 08:37 Uhr

Die Tierheime in Sachsen-Anhalt klagen über gestiegene Kosten für Energie, Tierärzte oder Personal. Der Tierschutzbund fordert von der Landesregierung eine gesetzliche Regelung, um die Finanzierung der Heime abzusichern.

MDR SACHSEN-ANHALT-Autor Hannes Leonard steht im Profil vor einer Wand
Bildrechte: MDR/Hannes Leonard

Schon lange leitet Eva-Maria Bauer das Tierheim in Zeitz. Doch so bedrohlich war die Situation noch nie. "Mit den Finanzen wird es ganz eng. Darüber haben wir auch schon mit den Verwaltungsgemeinschaften und der Stadt gesprochen." Allein die Energiekosten seien um die Hälfte gestiegen. Dazu kommen höhere Preise für den Tierarzt oder für Futter. "Die Menschen spenden viel Futter, aber wir müssen trotzdem zukaufen", erzählt Bauer im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT. Teilweise sei Katzenkinderfutter gar nicht mehr erhältlich.

Das Tierheim in Zeitz wird von einem Verein betrieben. Für den Betrieb zahlen die Stadt und die umliegenden Verwaltungsgemeinschaften Pauschalen. "Das reicht aber vorne und hinten nicht", sagt Bauer. Deshalb müsse man noch viele andere Geldtöpfe anzapfen. Dazu zählen Spenden oder Gelder für Pensionstiere oder vom Heim vermittelte Tiere. "Alles, was ich irgendwo abfassen kann, versuche ich dann auch zu bekommen."

Lage der Tierheime ist ernst

Die Sorgen in Zeitz sind exemplarisch für die meisten Tierheime in Sachsen-Anhalt, bestätigt Rudolf Giersch vom Tierschutzbund im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT. Neben den Energiekosten seien die gestiegenen Tierarztkosten ein riesiges Problem. Seit November 2022 gilt eine neue Gebührenordnung für Tierärzte.

Ein Beispiel: Für eine allgemeine Untersuchung von Hunden oder Katzen werden dann 23,62 Euro fällig. Bislang mussten Halter 13,47 Euro für die Untersuchung ihres Hundes zahlen und 8,98 Euro für ihre Katze. "Die Finanzsituation ist für alle Tierheime enorm belastend", so Giersch.

Neben den Geldsorgen plagt Tierheimchefin Bauer auch ein großes Personalproblem. Derzeit arbeiten dort drei Festangestellte, dazu kommen noch drei Jugendliche, die ihr Freiwilliges Soziales Jahr ableisten, zwei Bufdis (Bundesfreiwilligendienst) und drei Ein-Euro-Jobber. Aber das reicht vorne und hinten nicht aus. Schließlich brauche man auch Mitarbeiter mit einer passenden Ausbildung. "Es muss eine Lösung gefunden werden, wie wir das Tierheim weiter betreiben können, so geht's es nicht", sagt Tierheimchefin Bauer.

Ohne Freiwillige gehts nicht

Beim Gang über das weitläufige Gelände treffen wir Angela Kiel, eine der vielen Freiwilligen, die Bauer bei ihrer Arbeit unterstützen. "Frau Kiel ist professionelle Katzenstreichlerin", erklärt Bauer. Jeden Tag kommt Kiel nach ihrer Arbeit in das Tierheim und beschäftigt sich mit den dortigen Katzen.

Schon seit vielen Jahren macht sie das. "Für mich ist es ein schöner Ausgleich zu meinem Beruf", erklärt Kiel. Oft seine Katzen gar nicht mehr an Menschen gewöhnt, so Bauer. Damit die wieder Zutrauen gewinnen, sei die Arbeit und der Freiwilligen wie Kiel und den anderen so wichtig.

"Ohne unzählige Freiwillige können viele Tierheime in Sachsen-Anhalt ihren Betrieb nicht gewährleisten", erklärt Tierschützer Giersch. Sie nehmen Tiere auf, wenn die Heime an Kapazitätsgrenzen stoßen. Oder sie helfen bei der Aufzucht von Jungtieren. "Das ist ganz schwierig, weil die aller zwei Stunden Futter kriegen müssen", so Bauer.

Um die Situation der Tierheime in Sachsen-Anhalt zu verbessern, fordert Tierschützer Giersch ein einheitliches Gesetz. Darin sollte geregelt sein, wie die Heime zu finanzieren sind und welche Gelder sie auch für Fundtiere und herrenlose Tiere bekommen sollen. Die Zeit dafür drängt: Der Deutsche Tierschutzbund befürchtet eine Schließung von bundesweit jedem vierten Tierheim.

MDR (Hannes Leonard), dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | MDR SACHSEN-ANHALT | 14. Juni 2023 | 15:30 Uhr

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