In Weimar wurden die ersten Menschen eingebürgert nach einer Gesetzesänderung, die eine doppelte Staatsangehörigkeit zulassen
Yehia Alhashash (14 Jahre), Walaa Elsebaiy (43) und Mohamed Alhashash (49) - der Sohn besucht die internationale Schule in Weimar, sie sind Ärzte - kommen aus Äpypten und sind seit 17 Jahren in Deutschland. Bildrechte: MDR/Antje Kirsten

Neues Gesetz Endlich deutsch: Weimar bürgert erstmals nach neuem Gesetz ein

25. Juli 2024, 18:30 Uhr

In Weimar sind am Donnerstag zum ersten Mal Menschen nach dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht eingebürgert worden. Das heißt: Sie haben die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten und dürfen ihre bisherige behalten. Die doppelte Staatsangehörigkeit ist mit der Gesetzesänderung seit dem 26. Juni 2024 möglich. Der Bundestag will damit Deutschland attraktiver für Fachkräfte machen.

Mehr als eine Freudenträne ist am Donnerstag im Rathaus in Weimar vergossen worden. Viele der 27 Menschen aus zwölf Nationen, die an diesem Tag ihr Einbürgerungsurkunde erhielten, haben viele Jahre darauf gewartet. Walaa Elsebaiy und Mohamed Alhashash beispielsweise sind seit 17 Jahren in Deutschland. Sie kommen aus Ägypten. Beide sind Ärzte: Er ist Wirbelsäulenchirurg und leitender Oberarzt im Klinikum Bad Berka. Sie ist Anästhesistin und arbeitet an der Uni in Jena und als Oberärztin im Krankenhaus Apolda. "Wir fühlen uns seit Langem als Deutsche", strahlten beide mit der Urkunde in der Hand um die Wette.

Wurzeln nicht verlieren, neue Heimat gewinnen

Ihre ägyptische Staatsbürgerschaft wollten sie nicht aufgeben, weil der 49-jährige Mediziner sonst seine Dozententätigkeit in Alexandria hätte aufgeben müssen. "Ich bin in Ägypten noch Gastprofessor und helfe dort auch Kollegen an der Uni. Hätte ich nur die deutsche Staatsbürgerschaft, könnte ich das nicht mehr." Seine Frau ergänzt: "Wir wollen nicht unsere Wurzeln verlieren. Aber Weimar ist längst unsere Heimat."

Sohn Yehia ist hier geboren. Der 14-Jährige besucht die internationale Schule in Weimar. Der deutsche Pass ermöglicht ihm nun, frei zu reisen und später (fast) überall auf der Welt zu studieren. Er mag Weimar, ist aber auch gern in Ägpyten bei seinen Verwandten. Reisende zwischen zwei Welten - und nun mit doppelter Staatsbürgerschaft.

Ich habe hier in Weimar an der Bauhaus-Uni studiert. Ich sehe hier meine Zukunft. Und ich sehe auch die Verantwortung.

Fayez Alkhouri

In Weimar wurden die ersten Menschen eingebürgert nach einer Gesetzesänderung, die eine doppelte Staatsangehörigkeit zulassen.
Fayez Alkhouri (33) stammt aus Syrien und lebt seit acht Jahren in Deutschland. Bildrechte: MDR/Antje Kirsten

Damit haben die Eingebürgerten nun auch das Wahlrecht: können wählen und sich selbst wählen lassen. Er werde sich mit den Parteien zur Landtagswahl in Thüringen nun genau befassen, kündigte Fayez Alkhouri an. Der 33-Jährige stammt aus Syrien und lebt seit acht Jahren in Deutschland. 2021 hat er den Antrag auf deutsche Staatsbürgerschaft gestellt. "Ich habe hier in Weimar an der Bauhaus-Uni studiert. Ich sehe hier meine Zukunft. Und ich sehe auch die Verantwortung."

Eid für Treue zum Grundgesetz

Schließlich hat er nun mit allen den Eid abgelegt, das Grundgesetz zu achten. Noch in Syrien hatte er seinen Bachelor im Bauingenierwesen gemacht. Dann bekam er ein Studentenvisum, um in Deutschland zu studieren. Erst ging er nach Leipzig, dann kam er an die Bauhaus-Uni nach Weimar. Hier hat er seinen Master gemacht und arbeitet in einem Ingenieurbüro. "Es läuft gut, ich bin sehr zufrieden", sagte Fayez Alkhouri.

Das war eine große Motivation für mich, hier zu studieren. Das war ein Privileg für mich.

Mirza Asif Ali Architekt

Auch Mirza Asif Ali bekam am Donnerstag eine Urkunde - mit der er dann sichtlich gerührt im Festsaal saß. Da waren andere schon am Keksbüfett. "Das war sehr emotional heute. Es war ein langer Weg und er war auch nicht leicht", sagt er. Mirza Asif hatte in Pakistan der gute Ruf der Weimarer Bauhaus-Universität erreicht.

Seit 2011 lebt er in Deutschland, seit 2012 wohnt er in Weimar. "Das war eine große Motivation, hier zu studieren. Das war ein Privileg für mich. Es war immer ein Wunsch von mir, an dieser Uni zu studieren, und ich habe es geschafft und bin sehr stolz auf mich." Der 39-Jährige ist Architekt und arbeitet für ein Berliner Büro, derzeit beispielsweise an einem Neubau-Wohnprojekt in Berlin-Kreuzberg. Er pendelt drei-, viermal im Monat nach Berlin. Den Rest arbeitet er im Homeoffice in Weimar. Hier ist er zu Hause, sagt er.

Seit zwei Monaten ist er Vater. Die doppelte Staatsbürgerschaft ist wichtig für ihn: "Ich verdanke ja auch meinem Geburtsland sehr viel. Ich möchte immer auch den Bezug zu meinem Geburtsland behalten. Nun kann ich ohne Visa und Formalitäten auch mal zu meiner Familie nach Pakistan. Aber: Jetzt bin ich Deutscher und ich bin sehr froh."

Zahl der Anträge nimmt mit Gesetzesänderung zu

Mit der Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft nimmt die Zahl der Anträge auf Einbürgerung zu. In Weimar sind in den Vorjahren im Schnitt nach Angaben das Amtes für Migration 50 Anträge gestellt worden. In diesem Jahr waren es bis jetzt bereits 90. Mit der doppelten Staatsangehörigkeit wird auch die Vielfalt der Länder mehr. So gehörten jetzt auch eine Frau von den Philippinen, eine aus Kenia und eine aus dem Iran zu den Eingebürgerten.

Hohe Hürden für Einbürgerung

Um eingebürgert zu werden, sagt die Leiterin des Migrationsamtes, Maria Rückert, müssten hohe Hürden übersprungen werden. "Man muss gut Deutsch sprechen, sich zum Grundgesetz und besonderen Schutz jüdischen Lebens bekennen, man muss viele Dokumente beschaffen und man muss Arbeit haben." In Weimar beträgt der Ausländeranteil nach Stadtangaben aktuell knapp 13 Prozent.

Familie Alhashash wird nun auf ihre deutsche Staatsbürgerschaft anstoßen. "Wir freuen uns wirklich sehr. Hier ist unsere Heimat, unser Sohn ist in Weimar geboren und nun sind wir so erleichtert", freut sich die 43-jährige Ärztin.

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MDR (kir/lou)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 25. Juli 2024 | 18:10 Uhr

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