KZ-Gedenkstätte DNT Weimar zeigt Kinderoper "Brundibár" in Buchenwald
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09. April 2025, 15:11 Uhr
"Brundibár" ist eine Kinderoper, in der es um Freundschaft und Solidarität geht. Komponiert hat sie der jüdische Komponist Hans Krása im Jahr 1938. Die Nazis ließen die Oper im Konzentrationslager Theresienstadt von den Häftlingskindern aufführen und nutzten sie für Propagandazwecke. Das Deutsche Nationaltheater Weimar (DNT) hat "Brundibár" nun in die Gegenwart geholt. Anlässlich der Befreiung des KZ Buchenwald vor 80 Jahren wird die Kinderoper nun auch in der Gedenkstätte gezeigt.
- Die Kinderoper "Brundibár" stammt vom jüdischen Komponisten Hans Krása und wurde im KZ Theresienstadt aufgeführt.
- Nun holt das DNT Weimar "Brundibár" in die Gegenwart und zeigt die Oper in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald.
- Die jugendlichen Darsteller haben sich intensiv mit der Entstehungsgeschichte von "Brundibár" auseinandergesetzt.
Anlässlich des 80. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald ist in der KZ-Gedenkstätte eine besondere Kinderoper gezeigt worden. Zu Gast war die "Brundibár"-Produktion des Deutschen Nationaltheaters Weimar, die in Zusammenarbeit mit dem Kinder- und Jugendchor Schola Cantorum entstanden ist.
Die Musik aus "Brundibár" stammt aus der Feder des in Prag geborenen jüdischen Komponisten Hans Krása, das Libretto hat Adolf Hoffmeister geschrieben. Veröffentlicht wurde das Werk 1938. Wenige Jahre später wurde Hans Krása nach Theresienstadt deportiert und schließlich 1944 in Auschwitz ermordet.
Kinderoper als Propagandamittel der Nazis
In Theresienstadt – das als eine Art "Vorzeige-KZ" galt – erlaubten die Nazis dem Komponisten Hans Krása seine Oper mit Häftlingskindern einzustudieren. Über fünfzigmal wurde sie in dem KZ aufgeführt. Von den wenigen Überlebenden ist überliefert, dass die Teilnahme an dem Projekt ein Lichtblick für sie war, eine seltene Freude im grausamen Lageralltag.
Ausschnitte einer Aufführung missbrauchten die Nazis für ihren Propagandafilm "Theresienstadt" (auch bekannt unter dem Titel "Der Führer schenkt den Juden eine Stadt"). Die Bilder sollten der Welt weismachen, dass die Häftlinge ein normales und glückliches Leben führten.
Inszenierung in Weimar holt "Brundibár" in die Gegenwart
In Buchenwald ist die Bühne im ehemaligen Kammergebäude aufgebaut – der Ort, an dem die Häftlinge ihre Zivilkleidung gegen Häftlingsuniformen eintauschen mussten. In der Brundibár-Inszenierung der Weimarer Operndirektorin Andrea Moses begrenzt ein großer Fotoprospekt den Raum nach hinten. Darauf zu sehen: die Kinder aus Theresienstadt. "Mir war es wichtig, dass die echten Kinder anwesend sind", so Regisseurin Andrea Moses, die aber gleichzeitig kein "Betroffenheitstheater" machen wollte.
Die Inszenierung ist in drei Abschnitte geteilt. Los geht es mit einer historischen Einführung, die die Kinder und Jugendlichen nach ausgiebiger Recherche selbst geschrieben haben. Danach folgt die eigentliche Oper, die im Hier und Jetzt angesiedelt ist. Die Heranwachsenden spielten explizit nicht die Kinder aus Theresienstadt, so Regisseurin Andrea Moses: "Sie spielen sich selbst. Als junge Menschen, die sich mit dem Thema auseinandersetzen und mit großer Empathie in die Rollen reinschlüpfen."
Mir war es wichtig, dass die echten Kinder anwesend sind.
Eine Geschichte über Freundschaft und Solidarität
Die "Brundibár"-Produktion läuft eigentlich in der DNT-Spielstätte Redoute und es musiziert die Staatskapelle Weimar. Die Vorstellungen in Buchenwald dagegen werden von einer Kammerbesetzung aus Cello, Violine und Akkordeon begleitet. Für Cordula Fischer, künstlerische Leiterin der Schola Cantorum Weimar, hat Hans Krása eine Musik komponiert, "die die Kinder berührt und die sie abholt – schlichte Melodien, die aber wunderbar arrangiert sind und im Zeitgeist des 20. Jahrhunderts auch schon in die Moderne führen."
Erzählt wird die Geschichte über die Geschwister Pepíček und Aninka, die in armen Verhältnissen leben. Sie geraten in einen Konflikt mit einem fiesen Leier-Spieler namens Brundibár, können aber letztlich dank der Unterstützung anderer Kinder das Glück auf ihre Seite ziehen.
Ein positives Beispiel für gelebte Erinnerungskultur
Für den 18-jährigen Jonathan, der Brundibár verkörpert, war die Aufführung in Buchenwald schon mit einem mulmigen Gefühl verbunden: "Zu wissen, dass hier genauso schreckliche Verbrechen passiert sind wie in Theresienstadt, das macht einem hinter der Bühne schon zu schaffen. Aber auf der Bühne muss man das auch etwas ausblenden, um sich noch auf die Rolle konzentrieren zu können."
Am Ende können sich Publikum und Ensemble noch in kleinen Gesprächsgruppen austauschen. Die Heranwachsenden geben Einblick in den Probenprozess und wie es für sie war, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Für Regisseurin Andrea Moses ist die Idee, "Brundibár" in Buchenwald zu zeigen, aufgegangen: "Für mich ist es eine positive Überschreibung durch die Energie der Kinder an einem der negativsten Orte der Welt." Ein Projekt, das zeigt, wie Erinnerungskultur gelebt werden kann – gerade auch in einer Zukunft ohne noch lebende Zeitzeugen.
Angaben zum Stück:
"Brundibár"
Kinderoper von Hans Krása
Libretto von Adolf Hoffmeister, Kammerfassung von André Kassel mit freundlicher Genehmigung von Boosey & Hawkes, Berlin
Regie: Andrea Moses
Musikalische Leitung: Nathan Blair/Cordula Fischer
Bühne & Kostüme: Christian Wiehle
Choreografie: Thomas Helmut Heep
Dramaturgie: Philipp Amelungsen
Besetzung: Elsa Johanns (Pepíček), Elsa Langer (Aninka), Samuel Cermak / Jonathan Schönig (Brundibar), Sängerinnen und Sänger der schola cantorum weimar (Chor)
Die Aufführungen am 12. und 13. April 2025 sind bereits ausverkauft. Im Mai und Juni ist die Oper noch einmal in der Redoute zu sehen.
Redaktionelle Bearbeitung: lig
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 07. April 2025 | 15:40 Uhr