Kopf am Johann Sebastian Bach Denkmal in Eisenach, Thüringen. 45 min
Die Thüringer Bachwochen starten 2025 ganz neu mit einem Blick zurück auf das Bach'sche Osterfest 1725. Ulrich Böhme hat mit dem neuen Festivalleiter Carsten Hinrich über die Ausgabe gesprochen. Bildrechte: IMAGO/alimdi

Festivalbeginn Thüringer Bachwochen feiern Ostern wie vor 300 Jahren

11. April 2025, 03:00 Uhr

Vom 11. April bis 4. Mai finden die Thüringer Bachwochen statt. In ganz Thüringen werden über 60 Veranstaltungen zu erleben sein. In diesem Jahr ist das Festival in vielerlei Hinsicht ein Neustart. Carsten Hinrich heißt der neue Intendant. Er präsentiert als einen der Schwerpunkte Bachs Osterfest 1725 mit einer speziellen Fassung der Johannes-Passion in der Bachkirche Arnstadt und einem Osternachtskonzert in Eisenach.

  • Das Motto der Thüringer Bachwochen ist in diesem Jahr "Ende und Anfang aller Musik" und symbolysiert den Neuanfang unter Intendant Carsten Hinrichs.
  • Festivalhöhepunkte sind "Bachs Osterfest 1725" mit der Johannes-Passion und die Lange Nacht der Hausmusik.
  • Umrahmt sind die Bachwochen von den Jubiläen 300 Jahre "Vier Jahreszeiten" von Antonio Vivaldi und "500 Jahre Bauernkrieg".

Die Thüringer Bachwochen 2025 stehen unter dem Motto eines berühmten Zitats des Komponisten Max Reger: "Ende und Anfang aller Musik". Das Zitat ist auf den Kopf gestellt, denn eigentlich lautet es: "Bach ist Anfang und Ende aller Musik". Doch das ist dem neuen Intendanten der Thüringer Bachwochen, Carsten Hinrichs, zu absolut, wie er im Gespräch mit MDR THÜRINGEN sagt. Bei Reger klinge es zwar wie ein Bogen, aber am Ende sei die Klappe zu. So wolle der neue Intendant nicht beginnen. Das 20-jährige Festival brauche nach dem Wechsel für einen neuen Anfang zunächst ein Ende.

Carsten Hinrichs
Der neue Intendant der Thüringer Bachwochen, Carsten Hinrich, startet 2025 in seine erste Festivalausgabe unter dem Motto "Ende und Anfang aller Musik". Bildrechte: Jens Haentzschel

Dazu komme, dass Hinrichs die Endzeitstimmung beschäftige, die gerade überall zu spüren sei. Und in Bachs Musik gehe es auch immer um die Frage: Was kommt nach dem Tod? Wie kann ich Hoffnung finden in einer düsteren Zeit? Deshalb habe Hinrichs das Zitat umgestellt: "Ein Anfang nach dem Ende geht, man muss ihn nur gestalten."

Ein Anfang nach dem Ende geht, man muss es nur gestalten.

Carsten Hinrichs, Intendant Thüringer Bachwochen über das Festivalmotto

Festivalschwerpunkt "Bachs Osterfest 1725"

Programmatisch haben sich die Thüringer Bachwochen ein besonderes Jahr vorgenommen: "1725 war für Bach ein Umschwungjahr". Der Komponist beschäftigte sich zunächst mit einer Nachdichtung der Passionsgeschichte. Das war damals jedoch nicht erlaubt. Eine dichterische Verformung des Bibeltextes galt als "sündhaft", führt Hinrichs aus. Deshalb wendete sich Bach wieder seiner ein Jahr zuvor uraufgeführten Johannes-Passion zu und machte sie emotionaler und beschwor eine endzeitliche Dramatik herauf. Diese Fassung von 1725 wird am Karfreitag in der Bachkirche Arnstadt zu hören sein, gespielt vom renommierten Schweizer Ensemble Gli Angeli Genève.

Ganz neu im Programm ist ein Osternachtskonzert in Eisenach, in dem die drei Osterkantaten Bachs aus dem Jahr 1725 erklingen. Insgesamt wird die religiöse Seite Bachs in den Vordergrund gestellt, was sich auch in verschiedenen Aufführungen der Karmetten widerspiegelt.

Das Ensemble ORA SINGERS: Sänger stehen in einer stummungsvoll erleuchteten Kirche im Kreis
Die ORA Singers, ausgezeichnet mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik, singen das Abschlusskonzert im stimmungsvoll erleuchteten Dom St. Marien Erfurt. Bildrechte: Nick Rutter

Lange Nacht der Hausmusik und Programm-Highlights

Für Carsten Hinrichs ist die Lange Nacht der Hausmusik das "symbolische Fundament, auf dem die Bachwochen stehen". Weil ein Festival diese Musikbegeisterung brauche, wenn es Besucher haben will. Die Lange Nacht am 11. April findet in ganz Thüringen statt. Bach hat die Liebe zum häuslichen Musizieren von seiner Familie mitbekommen, und sie prägte sein ganzes Leben. "Und diese Liebe zur Musik ist im Bachland bis heute lebendig, in den Kantoreien, Ensembles und in vielen Privatwohnungen, in denen Musik zum Familienleben gehört", heißt es auf der Website der Thüringer Bachwochen.

Die Lange Nacht der Hausmusik ist das symbolische Fundament, auf dem die Bachwochen stehen.

Carsten Hinrichs, Intendant Thüringer Bachwochen

Konzerte mit hochkarätigen Solisten und Ensembles stehen auf dem Programm, zum Beispiel die ORA Singers, die Harfenistin Magdalena Hoffmann, der Cembalist Benjamin Alard, die Violinistin Vilde Frang, oder das Klavierduo Two4Piano. Eröffnet werden die Thüringer Bachwochen mit einem Konzert der berühmten Prager Barock-Ensembles Collegium Vocale 1704 und Collegium 1704 unter Václav Luks in Gotha. Es gibt außerdem Familienkonzerte, Stadtrundgänge sowie einen Osterspaziergang, ausgehend vom Schlösschen Tiefurt durch den gesamten Ilmpark mit instrumentaler Begleitung des Ensemble Almanach. Es darf mitgesungen werden.

Jubiläum: 300 Jahre "Vier Jahreszeiten" von Vivaldi

1725 war auch das Jahr, in dem Antonio Vivaldis "Vier Jahreszeiten" erstmals in den Druck gingen. Damit hatte der Venezianer das Komponieren revolutioniert und auch der junge Bach studierte das Werk intensiv. Die Thüringer Bachwochen präsentieren eine neue Lesart des wohl berühmtesten Barockwerks aller Zeiten. In Norwegen wird traditionelle Volksmusik auf der sogenannten Hardangerfiedel mit ganz eigenem Klang verziert. Das wird nun auf die Barockmusik angewendet – von der norwegischen Musikerin Ragnhild Hemsing und dem Osloer Barockensemble Barokkanerne. Er habe Vivaldis Musik noch nie in dieser Form gehört, sagt Carsten Hinrichs.

Die norwegische Violinistin Ragnhild Hemsing steht kunstvoll frisiert in einem gelben Kornfeld und hält die traditionelle Hardangerfidel vor sich
Ragnhild Hemsing spielt Vivaldis "Vier Jahreszeiten" auf der in Norwegen traditionellen Hardangerfiedel. Bildrechte: Cathrina Dokken

Soundtrack zu 500 Jahre Bauernkrieg

Der Bauernkrieg nahm 1525 in den Schlachten von Bad Frankenhausen und Mühlhausen ein blutiges Ende. Die große Thüringer Landesausstellung "freiheyt 1525" erinnert daran. Das Ensemble Capella de la Torre liefert dazu in der Bachkirche Divi Blasii Mühlhausen einen immersiven Einstieg – mit Musik und Schlachtenbeschreibungen der Zeit. Es ist sozusagen der "Soundtrack zur Ausstellung", betont Carsten Hinrichs, und auch dieses historische Kapitel sei schließlich in Anspielung auf das veränderte Max-Reger-Zitat von einem Anfang nach dem Ende gekennzeichnet.

Ensemble Capella de la Torre
Das Ensemble Capella de la Torre eröffnet musikalisch die große Thüringer Landesausstellung "freiheyt 1525" in Erinnerung an 500 Jahre Bauernkrieg. Bildrechte: Capella de la Torre/Eichhorst

Bachland Thüringen

Carsten Hinrichs hebt hervor, dass es gerade in Thüringen die historischen Bachorte wie Arnstadt und Eisenach gebe. Aber mit "Reliquien" sei es immer so eine Sache, denn dass Musik nicht ortsgebunden sei, sei ihr größtes Pfund: "Musik ist etwas Weltumspannendes." Und doch berühre es ihn, käme ein großer Musiker nach Eisenach und stehe beim Dirigieren der Taufstein von Bach neben ihm.

Ohne der Musik eine "geografische Schwere" geben zu wollen, sei es etwas Besonderes, dass sie an den Orten gespielt werde, wo Bach und seine Familie gelebt und gewirkt hätten. In dem Landstrich, der ihren Zungenschlag beeinflusst habe. Noch heute könne man vieles von der Mentalität finden, die zu diesem Landstrich gehöre. "Das bringt uns näher an Bach."

Mehr zu den Thüringer Bachwochen

Thüringer Bachwochen 2025
11. April bis 4. Mai 2025

Preise:
Tickets nach Pay what you can-Prinzip, sowie weitere ab 8 Euro

Veranstaltungsorte:
u. a. die Margarethenkirche Gotha, die Thomaskirche Erfurt, die Bachkirche Arnstadt und die Stadtkirche St.Peter und Paul in Weimar

Quellen: Kulturnacht MDR THÜRINGEN Radio, Website Thüringer Bachwochen
Redaktionelle Bearbeitung: jb, gw

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | 23. März 2025 | 22:05 Uhr

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