Es duftet nach Bratwurst und Pommes, wenn man sich dem "Radhaus" am Erfurter Hauptbahnhof nähert. Doch geht man ein paar Schritte weiter in Richtung der Fahrradstellplätze, schlägt dieser Duft in einen brechreizerregenden Gestank um - nach Urin und Fäkalien. Die Bahnhofsmauer dient nicht nur der Befestigung der Gleise, sondern vor allem auch als öffentliche Toilette. "Es sind nicht nur Obdachlose, die sich hier erleichtern. Ich habe auch schon Geschäftsmänner beobachten können", erzählt Dirk Büschke, Radverkehrsbeauftragter der Stadt Erfurt.

Die Verschmutzungen an der Bahnhofsmauer sind ihm schon lange ein Dorn im Auge. "Wenn der Regen die Hinterlassenschaften wegspült, riecht es zwar weniger, aber dann läuft alles in das Fahrradparkhaus", erklärt Büschke. Bei längerer Trockenheit im Sommer sei der Gestank unerträglich.

Aber was kann man tun? Ideen gab es schon viele, sagt der Radverkehrsbeauftragte. "Wir haben das Parkhaus besser ausgeleuchtet, damit die Wildpinkler abgeschreckt werden", sagt er. Außerdem sollte die Bundespolizei, die ihre Dienststelle direkt gegenüber hat, mehr Patrouillen laufen. Auch regelmäßiges Kärchern der Bahnhofsmauer seitens der Deutschen Bahn (DB) wurde versprochen. Passiert ist davon nichts. Die Verantwortung wird hin- und hergeschoben.

Laut Stadtverwaltung, ist die Fläche an der Mauer im Besitz der Deutschen Bahn. Deshalb kümmert sich die Stadtreinigung auch nicht um den Bereich. Laut Bahn ist aber die Stadt für das Grundstück zuständig. Im Bahnhof selbst gibt es Toiletten, doch diese sind kostenpflichtig und ab 22 Uhr auch geschlossen. Laut der DB sind die Sanitäranlagen verpachtet und können deshalb nicht kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.

Doch nun hat sich ein Dritter eingemischt: Die DHL Paket GmbH. An der Bahnhofsmauer soll eine Packstation installiert werden - inklusive Zaun. Durch die zusätzliche "Belebung" sollen die Wildpinkler ferngehalten werden. Bereits im September 2023 sollte die Packstation stehen, doch wegen verschiedener unterirdischer Kabel konnte noch kein geeigneter Standort gefunden werden.

Anfang April habe es eine weitere Begehung gegeben, sagt Dirk Büschke. Die Packstation soll nun einige Meter weiter rechts aufgestellt werden, da stören keine Kabel. "Ich hoffe, dass das in diesem Jahr noch passiert", so Büschke. Doch ganz weg ist das Problem damit nicht. "Vermutlich werden die Wildpinkler dann weiter nach hinten ausweichen, dafür braucht es dann eine andere Lösung". Büschke hofft auf die ICE-City-West, die in der Nähe entstehen soll. Damit würde der Bereich durch den Durchgangsverkehr weiter belebt werden.

Seit dem 1. April gibt es außerdem ein Betreiberkonzept für das Fahrradparkhaus. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club Thüringen (AFDC) kümmert sich nun um die Reinigung des Parkhauses und meldet größere Schäden an das städtische Amt für Gebäudemanagement. Dadurch sollen Verschmutzungen schneller beseitigt und Reparaturen schneller durchgeführt werden. Aber eben nur am Radhaus und nicht an der Bahnhofsmauer.

Künftig soll der Bereich außerdem mehr von sogenannten Streetworkern betreut werden, damit Obdachlose, die sich dort erleichtern, nicht einfach (durch die Packstation) verdrängt werden. Bis die Packstation steht, wird es aber wohl erstmal weiter stinken.