Gesundheit "Sexy Strumpf" oder lebenswichtiges Must-have? Erfurterin enttabuisiert Thrombose auf Social Media
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14. Oktober 2024, 13:00 Uhr
Mit 18 reist die Erfurterin Ilka John für ein Freiwilligenjahr nach Spanien. Als sie eine Thrombose bekommt, kann sie die folgenschweren Konsequenzen noch nicht erahnen. Heute, Jahre später, klärt sie auf Instagram über die Erkrankung auf.
- Thrombose bei Erfurterin fällt erst spät auf
- Die Pille als Auslöser? Erst Jahre später erfährt Ilka John die Ursache
- Kompressionsstrümpfe: Sind sie altbacken oder doch modern?
Eine scheinbar fitte junge Frau in kurzer Hose posiert auf einem Foto mit einem hautfarbenen Kompressionsstrumpf. Die 30-jährige Erfurterin Ilka John klärt auf Instagram über das Thema "Thrombose" auf und möchte dafür sensibilisieren, dass es sich dabei nicht um eine "Alte-Leute-Krankheit" handelt, sondern auch junge Menschen treffen kann.
Ilka selbst hatte im Alter von 18 Jahren eine Thrombose. Damals war ihr nicht bewusst, wie lebensbedrohlich diese Diagnose ist und dass sie von da an chronisch krank sein würde.
Thrombose fällt erst spät auf
2012 tritt Ilka ein "Freiwilliges Soziales Jahr" in Spanien an, voller Vorfreude auf neue Erfahrungen. Doch schon wenige Tage nach ihrer Ankunft machen sich erste Beschwerden bemerkbar. Sie beschreibt einen drückenden, stechenden Schmerz im Rücken, der von Tag zu Tag wandert und sich in ihrem Körper ausbreitet. Der Schmerz bleibt und Ilka fühlt sich zunehmend ratlos.
Es war, als würde es nicht mehr zu meinem Körper gehören.
Sie sucht verschiedene Ärzte auf, wird aber ohne Diagnose wieder nach Hause geschickt. Niemand sieht die typischen Symptome, denn Ilka ist erst 18 Jahre alt und passt nicht in das typische Raster einer Thrombose-Patientin. Dann schwillt ihr linkes Bein an und verfärbt sich. "Es war, als würde es nicht mehr zu meinem Körper gehören", erinnert sie sich.
Erst eine deutsche Ärztin gibt den entscheidenden Hinweis und bringt das Wort "Thrombose" ins Spiel. Mit diesem Tipp finden auch die spanischen Ärzte heraus, was ihr fehlt. Zu diesem Zeitpunkt ist Ilkas Vene von der Kniekehle bis zum Bauch bereits verstopft.
Verschluss in Vene oder Arterie
In der Medizin steht die Bezeichnung Thrombose für die Bildung eines Blutgerinnsels (Thrombus) und den dadurch resultierenden Verschluss einer Vene oder Arterie. In Ilkas Vene fließt also nur noch wenig Blut. Die Vene ist sozusagen verstopft. Um sie herum sind nun alle darauf bedacht, dass sich die 18-Jährige in den ersten Tagen nicht mehr bewegt, damit sich kein Blutgerinnsel löst. Wenn ein Thrombus sich löst und mit dem Blutstrom wandert, kann im schlimmsten Fall eine Lungenembolie, ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall ausgelöst werden.
Auslöser Pille? Erst Jahre später erfährt Erfurterin die Ursache
Obwohl die Thrombose bereits zwölf Jahre zurückliegt, hat Ilka erst vor kurzem erfahren, warum sie damals eine Thrombose bekam. Ursachen für eine Thrombose können unter anderem langes Sitzen, Verletzungen, bestimmte Krankheiten und genetische Faktoren sein.
Bei Ilka, so erzählt sie, sei es eine Kombination aus mehreren Faktoren. Zum einen habe wahrscheinlich der Flug nach Spanien die Thrombose begünstigt. Zum anderen muss sie noch im Krankenhaus die Antibabypille absetzen, die vor allem im ersten Jahr das Thromboserisiko fast verdreifachen kann.
Und was Ilka lange nicht weiß: Sie hat zwar keine Gerinnungsstörung, aber seit ihrer Geburt eine unentdeckte anatomische Erkrankung, das sogenannte May-Turner-Syndrom. In ihrem Bauch kreuzt die Beckenarterie die Beckenvene, wodurch das Blut weniger Platz zum Fließen hat. Damit gehört Ilka zu jenen, die Gefäßspezialisten eine "Risikogruppe" nennen: Menschen, die nichts von ihrer Veranlagung wissen. Auch junge Menschen können deshalb eine Thrombose bekommen.
Zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr tritt die häufigste Form der Thrombose, der Verschluss einer Bein- oder Beckenvene, bei etwa einem von 10.000 Menschen pro Jahr auf.
Kompression: Altbackene Strümpfe oder doch modern?
Die meisten Ärzte würden bei der Behandlung von Thrombosen auf Blutverdünnung und Kompressionsstrümpfe schwören, sagt Ilka. Aber trotz der Behandlung habe sich bei ihr die Thrombose nicht richtig aufgelöst.
Irgendwann war der Moment da, als der Arzt gesagt hat: Das bleibt jetzt so.
Bei Ilka wird die Vene nie wieder richtig frei sein und das Blut normal fließen können. "Irgendwann war der Moment da, als der Arzt gesagt hat, jetzt wird sich nichts mehr verändern. Das bleibt jetzt so." Sie muss deshalb ihr ganzes Leben lang Kompressionstrümpfe tragen und Blutverdünnung nehmen. Für die junge Frau war das zunächst ein Schock.
Sie hatte nicht damit gerechnet, durch die Thrombose chronisch krank zu werden. Vor allem die Kompressionsstrümpfe, die in der Gesellschaft eher als "sexy Strümpfe" oder "Seniorenstrümpfe" belächelt werden, täglich anzuziehen und in den Alltag zu integrieren, bereiteten ihr in den ersten Jahren große Probleme.
Am Anfang habe ich es gehasst.
Vor allem im Sommer fühlt sie sich unwohl. "Am Anfang habe ich es gehasst, diese Strümpfe anzuziehen, weil ich Kompression immer mit hässlichen Seniorenstrümpfen verbunden habe." In den ersten Jahren trägt sie auch bei Temperaturen um die 30 Grad nur selten eine kurze Hose oder ein Kleid, obwohl es mit dem Strumpf allein schon wärmer ist als normal. Aber die Scham ist zu groß. Komische Blicke und "lustig" gemeinte Fragen nagen am Selbstbewusstsein.
Die "Thrombose-Community" auf Instagram
"Wenn man ganz neu und frisch in diesem Thrombose-Ding drin ist, ist man am Anfang einfach extrem überfordert", sagt Ilka heute. Weil sie sich in dieser Zeit allein fühlt, sucht sie nach Gleichgesinnten und beginnt auf Instagram unter dem Profil "Diagnose Thrombose" über ihre Geschichte und ihre Krankheit zu berichten. Mit der Zeit schreiben ihr immer mehr junge Frauen, denen es ähnlich geht.
So ist in den vergangenen Jahren eine kleine "Thrombose-Community" entstanden, wie Ilka sagt. Mittlerweile folgen ihr mehr als 3.000 Menschen. Unter ihren Posts tauschen sie Erfahrungen aus, schreiben aufmunternde Worte und geben Tipps.
Strümpfe in "Alltagsmode etabliert"
Seit zwölf Jahren lebt die Erfurterin mit ihrer Krankheit. Inzwischen fällt es ihr leichter. Sie hat die Strümpfe "in ihrer Alltagsmode etabliert", so dass sie für viele gar nicht mehr so auffällig sind. Im Sommer in Shorts in der Erfurter Innenstadt oder im Urlaub im Bikini am Strand trägt sie die Kompressionsstrümpfe selbstbewusst, macht ein Foto davon und postet es auf Instagram.
Mit ihren Posts möchte sie betroffenen Frauen Mut machen, offen und selbstbewusst mit ihrer Diagnose umzugehen. Außerdem möchte sie mit ihrem Account junge Menschen auf die Thrombosegefahr aufmerksam machen. Ihre Follower sehen den Account "Diagnose Thrombose" auch als eine Art Safe Space, ein sicherer Raum für eine Community, die es nur gibt, weil Thrombose eben nicht nur eine Alterserkrankung ist.
MDR (dst)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 13. Oktober 2024 | 18:00 Uhr
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