Theater-Streit Erfurt: Außerordentliche Kündigung von Intendant Montavon beschlossen
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31. Juli 2024, 07:10 Uhr
Der Erfurter Stadtrat hat am Dienstagabend die außerordentliche Kündigung von Generalintendant Guy Montavon beschlossen. Die Entscheidung fiel nach MDR-Informationen in einer nicht-öffentlichen Sondersitzung. Bereits vor Monaten war Montavon von seinen Aufgaben als Generalintendant des Theaters Erfurt freigestellt worden, nachdem Vorwürfe von Machtmissbrauch und finanziellen Ungereimtheiten öffentlich wurden.
- Der Erfurter Stadtrat hat am Dienstagabend die außerordentliche Kündigung von Generalintendant Montavon beschlossen.
- Hintergrund sind finanzielle Ungereihmtheiten.
- Montavon ist schon seit Monaten ein Generalintendant ohne Aufgaben.
Dem Generalintendant des Theaters Erfurt, Guy Montavon, wird außerordentlich gekündigt. Das hat nach MDR-Informationen der Stadtrat am Dienstagabend in einer nicht-öffentlichen Sondersitzung beschlossen. Die Dringlichkeitssitzung zum Erfurter Theater-Streit war einberufen worden, weil sich einige Vorwürfe gegen Montavon erhärtet haben. Bisher war eine Kündigung nicht möglich, weil keine juristisch relevanten Vorwürfe gegen Montavon erhoben wurden.
Der Stadtrat hat der Kündigung mit großer Mehrheit und ohne Gegenstimmen zugestimmt, berichtet MDR-Reporterin Antje Kirsten. Oberbürgermeister Andreas Horn wollte sich auf Nachfrage von MDR KULTUR nach dem Beschluss mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht äußern. Stadträtin Tina Morgenroth (Fraktion Mehrwertstatt) hat im Interview die Beschlüsse der nicht-öffentlichen Sitzung weder bestätigt, noch hat sie diese dementiert: "Ich verstehe, dass es da ein großes Interesse gibt, auch ein öffentliches, aber ich werde mich dazu nicht äußern."
Ungereimtheiten bei Finanzen
Wie der MDR von Teilnehmern der Stadtratssitzung erfuhr, ist das Rechnungsprüfungsamt der Stadt Erfurt auf Rechnungen gestoßen, die ein Kündigungsgrund sein können. Vorwürfe von sexuellen Übergriffen und Machtmissbrauch, die ebenfalls in den vergangenen Monaten diskutiert wurden, sind demnach nicht der Grund für die Kündigung.
Die Werkstätten des Theaters sollen nicht nur Bühnenbilder, sondern auch ein Möbelstück für den Intendanten gebaut haben. Der habe dafür zwar eine Rechnung bekommen, aber mit einem "unüblichen Preis", wie es heißt.
Außerdem soll Montavon während der Corona-Pandemie mehrere Theatermitarbeiter schulen lassen haben, damit diese Corona-Tests vornehmen können. Dafür solle es einen finanziellen Obolus gegeben haben. Im öffentlichen Dienst, argumentieren offenbar die Juristen, dürfe das nicht sein.
Zu den neuen Erkenntnissen des Rechnungsprüfungsamtes wollte sich Stadträtin Morgenroth vorerst nicht äußern. Es gehe zum Teil um arbeitsrechtlich relevante Dinge: "Da in der Öffentlichkeit detailliert zu berichten, ist schwierig."
Theater Erfurt braucht weitere Aufarbeitung
Die Vorgänge im Theater Erfurt müssten weiter genau angeschaut werden, so Tina Morgenroth von der Stadtratsfraktion Mehrwertstatt im Gespräch mit MDR KULTUR: "Da muss man draufgucken auf das Theater Erfurt – und zwar mit Zeit und mit Ressourcen." Sie als Stadträtin sei dankbar, dass dies seit dem Bekanntwerden der Vorwürfe geschehe. Derzeit würden Menschen befragt und es gebe arbeitsrechtliche Bewertungen. "Es wird seither viel gearbeitet und dazu untersucht", so Morgenroth.
Sie und ihre Fraktion hätten registriert, dass Erfurts neuer Oberbürgermeister Andreas Horn (CDU) sich einer besseren Aufarbeitung des Theater-Streits verschrieben habe. Er habe versprochen, sich dafür einzusetzen, dass die gekündigte Gleichstellungsbeauftragte Witzmann wieder eingestellt werde. "An diesen Worten werden wir ihn messen."
Morgenroth verwies auf den Transformationsprozess, der am Theater Erfurt eingeleitet worden sei. "Da geht es ja um die Frage, wie soll eigentlich die Erfurter Theaterlandschaft auch nach 2027 aussehen?" Dieser Prozess laufe unter Beteiligung vieler Akteure. Nach der Sommerpause werde das von den Stadträten wieder stärker begleitet, kündigte Morgenroth an.
Montavon schon länger freigestellt
Zuvor hatte es bereits einen Anlauf für einen Aufhebungsvertrag mit Montavon gegeben. Dieser fand im Stadtrat jedoch nicht die erforderliche Mehrheit. Guy Montavon ist von seinen Aufgaben als Generalintendant bereits seit mehreren Monaten freigestellt. Als Werkleiter des Theaters wurde er schon Ende Januar abberufen. Auch die Verwaltungschefin Angela Klepp-Pallas musste ihren Posten räumen. Formell war Montavon seit seiner Beurlaubung ein Generalintendant ohne Aufgaben.
Der Theater-Streit in der thüringischen Landeshauptstadt wurde im Herbst 2023 von der damalige Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Erfurt, Mary-Ellen Witzmann, ausgelöst. Sie machte Vorwürfe des Machtmissbrauchs und von sexuellen Übergriffen durch mehrere Personen im Theater öffentlich. Kurz darauf wurde ihr fristlos gekündigt. Außerdem tauchten in der Folge auch Fragen zu finanziellen Unstimmigkeiten am Theater auf.
Quellen: MDR (Antje Kirsten), Stadtverwaltung Erfurt
Redaktionelle Bearbeitung: lig, bh
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 31. Juli 2024 | 06:30 Uhr