Politik Landtag diskutiert Überprüfung von AfD-Landrat Sesselmann kontrovers
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06. Juli 2023, 07:22 Uhr
Die im Thüringer Kommunalwahlgesetz vorgesehene Prüfung auf Verfassungstreue hat zu einer heftigen Debatte im Landtag geführt. Mit Blick auf den neugewählten Sonneberger AfD-Landrat Robert Sesselmann warf die AfD der Landesregierung, so wörtlich, Gesinnungsschnüffelei vor. Das SPD-geführte Innenministerium wolle politische Gegner mit unlauteren Mitteln bekämpfen, hieß es.
Die anstehende Verfassungstreueprüfung des frisch gewählten Sonneberger Landrates Robert Sesselmann (AfD) war am Mittwoch Thema im Thüringer Landtag. Die Abgeordneten diskutieren auf Antrag der AfD-Fraktion in einer Aktuellen Stunde über die Landratswahl, die bundesweit für Aufsehen sorgte. Sesselmann selbst ist nun kein Abgeordneter im Landtag mehr.
Landesverwaltungsamt prüft Eignung Sesselmanns
Der Rechtsanwalt und Landtagsabgeordnete Robert Sesselmann wurde am 25. Juni als erster AfD-Landrat Deutschlands gewählt. Seine Partei mit ihrem Landesvorsitzenden Björn Höcke wird in Thüringen vom Landesverfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft und beobachtet.
Aus diesem Grund wird das Thüringer Landesverwaltungsamt als Rechtsaufsichtsbehörde überprüfen, ob Sesselmann als Wahlbeamter geeignet ist, wie das Innenministerium nach seiner Wahl mitteilte.
AfD spricht von "Gesinnungsstaat"
Deshalb hatte die AfD-Fraktion die Aktuelle Stunde beantragt. In ihrer Begründung hieß es, "dass auf eine Transformation des Thüringer Verfassungsstaats in einen Gesinnungsstaat hingewirkt wird".
Von einem "SPD-Klüngel im Innenministerium" sprach der Stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende Stefan Möller im Landtag. Das Ministerium und der Verfassungsschutz messe laut Möller generell mit zweierlei Maß, wenn es um die Bewertung der AfD auf der einen und linken Parteien auf der anderen Seite gehe.
Verfassungsrechtler hält Gesamtbeurteilung für nötig
Aus Sicht des Jenaer Verfassungsrechtlers Michael Brenner wäre ein Verfassungstreue-Check des AfD-Politikers Robert Sesselmann vor der Landratswahl in Sonneberg besser gewesen. Eine nachträgliche Überprüfung sei zwar rechtlich möglich, aber "politisch heikel", sagte Brenner der "Deutschen Presse-Agentur".
Man will ja keinen Verfassungsfeind als Chef eines Landratsamtes haben.
Laut Brenner muss ein solches Verfahren keineswegs aussichtslos sein. "Man will ja keinen Verfassungsfeind als Chef eines Landratsamtes haben." Allerdings sei eine umfassende Gesamtbeurteilung nötig.
Da gehe es etwa darum, ob sich Sesselmann verfassungsfeindlich geäußert hat - und vor welchen Zuhörern. Komme die Überprüfung zu dem Schluss, dass Sesselmann für den Posten nicht geeignet sei, müsse er aus dem Amt entfernt werden, sagte Brenner.
Wahlausschuss prüft vor der Wahl
Hintergrund ist das Thüringer Kommunalwahlgesetz, wonach nicht gewählt werden darf, wer "nicht die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten".
Bereits vor einer Wahl muss der jeweilige Wahlausschuss prüfen, ob die Bewerberinnen und Bewerber auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Nach Angaben des Landratsamts Sonneberg hatte der Wahlausschuss beschlossen, dass der Wahlvorschlag der AfD formal die Anforderungen erfüllte.
Opposition zwiegespalten
Zwiespältig bewerteten CDU und FDP die Überprüfung. Wer für eine Partei antrete, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft sei, müsse damit rechnen. Andererseits kritisierten sie das Innenministerium. Das habe die Überprüfung öffentlichkeitswirksam kurz nach der Wahl angekündigt. Vor allem bei vielen AfD-Wählern sei damit wohl der Eindruck entstanden, hier solle ein politischer Gegner bekämpft werden.
Von einem ganz normalen Vorgang sprach dagegen Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD). Gebe es Hinweise darauf, dass ein Kandidat nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehe, könne der Wahlgewinner auch im Nachhinein überprüft werden. Für Bürgermeister und Landräte gelten zudem laut Meier strengere Maßstäbe als für normale Parlamentsabgeordnete.
Sesselmann legt Landtagsmandat nieder
Sesselmann hat unterdessen sein Mandat als Abgeordneter im Thüringer Landtag niedergelegt. Seinen Verzicht hat er am Mittwoch der Landtagspräsidentin Birgit Pommer (Linke) mitgeteilt.
Sesselmann kündigte zudem an, auf den bisherigen Dienstwagen des Landrates zu verzichten. Statt eines Audi A 8 wolle er einen kleinen Wagen nutzen und zu möglichst vielen Terminen selbst fahren - für Sesselmann ein erstes Zeichen dafür, den Kreishaushalt zu konsolidieren.
MDR (gh)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 05. Juli 2023 | 19:00 Uhr