Erste Ideen vorgestellt Kein Neubau: Kulturhistorisches Museum in Erfurt soll dezentral sein
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08. November 2023, 16:45 Uhr
In Erfurt soll aus dem Stadtmuseum und dem Museum für Thüringer Volkskunde ein neues Kulturhistorisches Museum entstehen. Dieses soll keinen Neubau erhalten, sondern dezentral organisiert sein. Erste Überlegungen zu dem Vorhaben wurden nun öffentlich präsentiert. So ist ein Willkommenszentrum mit sieben themenspezifischen Routen durch die Stadt geplant.
- In Erfurt soll ein neues Kulturhistorisches Museum aus dem Stadtmuseum und dem Museum für Thüringer Volkskunde entstehen.
- Das Kulturhistorische Museum soll dezentral angelegt sein, mit einem Willkommenszentrum und sieben Themenrouten.
- Statt einer festen Dauerausstellung könnten in der Innenstadt wechselnde Ausstellungen gezeigt werden.
Es bewegt sich etwas in der Erfurter Museumslandschaft. Aus dem Stadtmuseum und dem Museum für Thüringer Volkskunde soll ein Kulturhistorisches Museum entstehen. Einen Neubau gibt es allerdings nicht, es soll dezentral aufgestellt sein, heißt es bei der ersten öffentlichen Vorstellung in der Erfurter Zentralheize am 7. November.
Der Stadtrat hatte die Kulturdirektion damit beauftragt, umfassende Pläne für die strukturelle Entwicklung der städtischen Museen zu erstellen. Für die Umgestaltung mit öffentlichem Dialog bei laufendem Betrieb sind zehn Jahre veranschlagt.
"Es ist eine Riesenchance und ich denke alle Museologen, alle Restauratoren, alle Menschen, die Kultureinrichtungen leiten, wie ich, für die ist das schon eine berufsbiografisch einmalige Situation, diesen Auftrag zu haben, so etwas zu entwickeln", sagt Kulturdirektor Christian Horn im Gespräch mit MDR KULTUR.
Gemeinsam mit dem Chef der Geschichtsmuseen, Martin Sladeczek, und der kommissarischen Leiterin des Museums für Thüringer Volkskunde, Andrea Steiner-Sohn, hat er nun die ersten Überlegungen und Visionen präsentiert.
Neuer Museumsansatz für mehr und neue Gäste
Ein dezentrales Museum stellt man sich in Erfurt wie folgt vor: ein Willkommenszentrum ist der Ausgangspunkt, von da aus gibt es sieben Spaziergänge oder Routen durch die Erfurter Innenstadt, die zu historischen Bauten und Museen mit themenspezifischen Sammlungsstücken führen.
"Zum gegenwärtigen Zeitpunkt geht es uns darum, sehr klar und möglicherweise auch ein wenig radikal zu sein", sagt Horn und beschreibt das geplante Willkommenszentrum detaillierter so: "In diesem sogenannten Welcome-Center führen wir multimedial in die Kulturgeschichte ein, teasern, skripten, sind sehr geschickt auch darin, Menschen zu begeistern für Themen."
Bei den sieben ausgewählten Themen geht es um Fragen wie: Wie ernähren wir uns? Woran glauben wir? Wie wohnen wir? Wo finden wir Zuflucht? Wie verdienen wir unseren Lebensunterhalt? Wann sind wir arm, wann sind wir reich? Und: Was wollen wir wissen?
Ziel sei es, die Museen und Sammlungen besser wahrnehmbar zu machen und mehr neue Gäste anzulocken. Ein Gutachten aus dem Jahr 2022 hatte der Erfurter Museumslandschaft in diesem Bereich Problemlagen aufgezeigt und entsprechende Handlungsoptionen vorgelegt.
Trennung zwischen den Institutionen und Sammlungen auflösen
Die Erzählung stehe noch am Anfang, heißt es während der Präsentation, aber sie gibt einen ersten Einblick, wie man Kulturgeschichte in Erfurt greifen will: durch mehrere Perspektiven und als einen Brückenschlag zwischen dem Alltag und den Lebenswelten der Gäste und der historischen Dimension.
"Es sind Ansätze, wie man die Häuser anders zeigt, wie man auch den öffentlichen Raum zwischen den verschiedenen Häusern einbindet, in neuem Licht erscheinen lässt", erklärt Andrea Steiner-Sohn vom Volkskundemuseum. "Und es sind auch andere Schlaglichter auf die Sammlung. Sozusagen: Nicht nur die Trennung durch die Institution zu überwinden, sondern auch die Trennung zwischen den Sammlungen. Ja, einfach noch mal völlig neu denken."
Statt Dauerausstellung wechselnde Themenschauen
Eine feste Dauerausstellung soll es nach derzeitigen Erwägungen nicht mehr geben. Allerdings soll zusätzlich in der Innenstadt ein leicht zugänglicher Ort gefunden werden, in dem wechselnde Ausstellungen gezeigt werden können.
Hier wolle man ein Stück weit Nutznießerin der Krise sein, so Horn bei der Veranstaltung. Perspektivisch werde der Einzelhandel in den Innenstädten zurückgehen. Die Kultur könne hier ihren Beitrag zum Wandel leisten.
Bisher handelt es sich noch um Visionen und Überlegungen. Der Entwicklungsprozess werde um die zehn Jahre dauern, auch weil er im laufenden Betrieb der Museen entstehe, so der Direktor der Geschichtsmuseen, Sladeczek.
Öffentlichkeit wird mit einbezogen
Mit der übergreifenden Veranstaltungsreihe "InsideOut" begleitet die Kulturdirektion Erfurt den öffentlichen Dialog zu verschiedenen geplanten Entwicklungsmaßnahmen im städtischen Museumsbereich. Mit Werkstattgesprächen, durch Besichtigungsangebote von Liegenschaften oder durch den Blick hinter die Kulissen umfangreicher Ausstellungsvorhaben ist sie im Frühjahr dieses Jahres gestartet.
Die Museumskonzeption sieht neben dem Aufbau eines Kulturhistorischen Museums unter anderem die Neuordnung der Depot-Situation für die Erfurter Museen sowie die bauliche und konzeptionelle Fortentwicklung des Naturkundemuseums und die Schaffung einer Pop-up-Ausstellungshalle in der Defensionskaserne auf dem Petersberg vor.
Quelle: MDR Kulturdesk (Ellen Schweda, Linda Schildbach), Redaktionelle Bearbeitung: op
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 08. November 2023 | 07:10 Uhr