Landgericht Erfurt Urteil im Hirschgarten-Prozess: Zwei Männer müssen ins Gefängnis
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30. März 2023, 19:05 Uhr
Das Urteil gegen die Rädelsführer beim Angriff auf eine Gruppe junger Menschen vor der Erfurter Staatskanzlei ist gefallen. Der Vorsitzende Richter sprach von einer Lust auf Gewalt bei den Tätern.
Im sogenannten Hirschgarten-Prozess hat das Landgericht Erfurt am Donnerstag zwei der Angeklagten zu Gefängnisstrafen verurteilt. Die Strafen der anderen drei Männer wurden zur Bewährung ausgesetzt.
Ein Mann wurde zu zwei Jahren und sechs Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung in vier Fällen, ein zweiter wegen gefährlicher Körperverletzung zu zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Für die drei übrigen Angeklagten sprach das Gericht Freiheitsstrafen zwischen zwölf und 16 Monaten aus, die zur Bewährung ausgesetzt werden sollen.
Richter: Lust auf Gewalt bei Tätern
Alle Angeklagten hätten sich verschiedener Körperverletzungen schuldig gemacht, sagte der Vorsitzende Richter während der Urteilsverkündung. Er sprach von einer Lust auf Gewalt bei den Tätern. Man wollte sich prügeln, sagte er. Die Opfer hätten in ihren Aussagen den Angriff als Albtraum geschildert, bei dem sie Todesangst erlitten hätten. Mehrfach seien sie brutal niedergeschlagen worden, von den Opfern kam kaum Gegenwehr, so der Richter.
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Einen politischen Hintergrund des Übergriffs sieht das Gericht nicht. "Wir können das im Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststellen", sagte der Vorsitzende Richter. Zwar sei es aus Sicht der Opfer nachvollziehbar, dass sie die Tat so einstuften. Es gebe aber keine belastbaren Anhaltspunkte für diese These, auch wenn ein Teil der Angeklagten der rechtsextremen Szene zuzuordnen sei. Vielmehr sei die Tat eher von "Lust am Krawall, an der Schlägerei" ausgelöst worden.
Alle Verteidiger hatten Bewährungsstrafen gefordert
Die Staatsanwaltschaft hatte für die Angeklagten Freiheitsstrafen zwischen einem Jahr und zehn Monaten beziehungsweise drei Jahren und sechs Monaten gefordert. Freiheitsstrafen von mehr als zwei Jahren können nicht zur Bewährung ausgesetzt werden. Anders als von der Staatsanwaltschaft gefordert, wurden die Angeklagten nicht wegen Landfriedensbruch verurteilt. Dafür seien die rechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben, entschied das Gericht. Alle Verteidiger hatten Bewährungsstrafen für ihre Mandanten gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Bei dem Überfall vor der Thüringer Staatskanzlei am 18. Juli 2020 in Erfurt war eine Gruppe junger Leute von einer anderen Gruppe angegriffen worden. Dabei waren zwölf Menschen verletzt worden, darunter auch Polizisten. Videokameras an der Staatskanzlei hatten das Geschehen aufgezeichnet.
Reaktionen auf Urteil
Die Linke-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss begrüßte das Urteil des Gerichts einerseits. "Dass es in diesem Fall zu Haftstrafen kam, ist ein gutes Zeichen - vor allem, weil es in Thüringen bei Verfahren gegen die extreme Rechte bisher eher selten passiert ist", sagte sie. Andererseits sei für sie weiterhin klar, "dass dieser Angriff politisch motiviert war und eine politische Botschaft aussenden sollte".
Eine Sprecherin der Opferschutzorganisation Ezra sagte, es sei zwar positiv, dass das Gericht die Perspektive der Opfer eingenommen habe. "Für uns ist allerdings skandalös, dass das rechtsextreme Tatmotiv nicht gesehen wird."
MDR/dpa (sar)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 30. März 2023 | 19:00 Uhr