Schüler planen Demonstration

Einen Tag vor dem Treffen schickte der BND Informationen über ein "vertrauliches Gespräch" mit einem SED-Funktionär. Nach dessen Angaben gab es in der SED-Führung bis zuletzt Tendenzen, die Vorgespräche für das Gipfeltreffen doch noch scheitern zu lassen. Grund sei eine Umfrage gewesen, wonach 70 Prozent der DDR-Bevölkerung nicht die DDR, sondern Deutschland als ihr Vaterland bezeichnet hätten. "Dieses Ergebnis", so der Informant, "habe die SED-Führungsspitze trotz nüchterner Erwartungen schockiert." Lediglich Erich Honecker habe triumphiert, da er der einzige gewesen sei, der sich gegen das Gipfeltreffen ausgesprochen habe.

Am gleichen Tag berichte der BND ebenfalls, dass die "Erregung" in der DDR-Bevölkerung weiter zunehme. Einerseits wollten Menschen nach Erfurt reisen, weil aus propagandistischen Gründen die Schaufenster der Geschäfte gefüllt seien. Verkäuferinnen würden die volleren Regale als die "Brandt-Zuteilung" bezeichnen. Andererseits wollten sie anreisen, "damit man den Bundeskanzler begrüßen und ihm zujubeln könne." Vor allem Schüler wollten in die Stadt reisen. Bei den jungen Menschen gebe es gleichzeitig den Gedanken, am "Angereck" zu demonstrieren.

Außerdem meldete der Geheimdienst, dass die SED 1.000 Agitatoren bereithalte, um die öffentlichen Diskussionen politisch zu bestimmen und zu beherrschen". Die erforderlichen Funktionäre wurden ausschließlich aus einer Sonderschule bei Erfurt sowie aus der Bezirksparteischule abgeordnet; der Einsatz einheimischer Agitatoren wird vermieden."

Die Bundesregierung zeigte sich nach dem Gipfeltreffen zufrieden mit der BND-Arbeit. Kanzleramtsminister Horst Ehmke dankte mit einem Telegramm nach Pullach. Die Hilfen seien "sehr wertvoll" gewesen.

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