Landespolitik Machtkampf im Thüringer BSW: Wagenknecht unterstützt Gegenkandidatin von Wolf
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25. April 2025, 12:23 Uhr
Der Thüringer BSW-Landesverband bleibt vor der Wahl der neuen Vorsitzenden am Samstag in Gera gespalten. Co-Vorsitzende Katja Wolf hält ihre Kandidatur aufrecht. Co-Vorsitzender Steffen Schütz will dagegen nicht mehr als Landesvorsitzender kandidieren. Die BSW-Bundesspitze hofft auf einen Wechsel der kompletten Thüringer Spitze. Parteigründerin Sahra Wagenknecht spricht sich dabei für Anke Wirsing aus.
Vor der Neuwahl des Vorsitzes im Thüringer BSW-Landesverband gibt es einen offenen Machtkampf zwischen zwei Lagern. Die bisherige, als pragmatisch geltende Co-Vorsitzende Katja Wolf will wieder antreten. Sie hofft, dass Gernot Süßmuth zum Co-Vorsitzenden gewählt wird. Steffen Schütz hat seine Kandidatur als erneuter Co-Landesvorsitzender des BSW zurückgezogen.
Parteigründerin Sahra Wagenknecht hat sich dagegen für Anke Wirsing als neue Parteichefin ausgesprochen. Zu dem Lager wird auch der BSW-Politiker Matthias Bickel gezählt, der ebenfalls antreten will. Am Samstag soll in Gera die Parteiführung neu gewählt werden.
Zu den Gründen für den Rückzug von seiner Kandidatur sagte Schütz, der auch Infrastruktur- und Digitalminister ist: "Ich verzichte am Samstag, weil wir Stabilität im Landesverband Thüringen brauchen". Er will damit "ein Zeichen an die Mitglieder und Unterstützer senden, dass es immer um die Partei und nicht um Ämter geht." Katja Wolf, die ihre Kandidatur nicht zurückzieht, habe weiterhin seine volle Unterstützung.
Schütz: Wolfs Kandidatur ist "richtig und wichtig"
Das BSW Thüringen wird somit an einer Doppelspitze festhalten. "Ich habe das Amt als Landesvorsitzender sehr gerne ausgeübt, es ist aber wichtig, dass wir an der Parteispitze auch jemanden haben, der die Parteistrukturen auf- und ausbauen kann, ohne in der Regierung zu sein", erklärte Schütz. Er wolle sich voll auf das Ministeramt konzentrieren und sich parteiintern um die Vernetzung mit anderen Landesverbänden bemühen.
Kritik an Einlassungen der BSW-Bundesführung
Die Kandidatur von Wolf, die zudem Thüringer Finanzministerin ist, hält Schütz für "wichtig und richtig". Schließlich seien auch Georg Maier (SPD) und Mario Voigt (CDU) Vorsitzende in ihren Parteien. "Das BSW würde sich in der Regierung selbst verzwergen, wenn Katja nicht mehr Vorsitzende wäre", sagte Schütz. In den vergangenen zwei Nächten habe es Kontakt zur Parteispitze in Berlin gegeben, um die Wogen zu glätten.
Dennoch kritisierte Schütz am Donnerstag bei einem Pressegespräch in Erfurt die BSW-Bundesführung hinsichtlich des Machtkampfes um die Führung des BSW in Thüringen. In der aktuellen Situation seien Einlassungen von Bundeschefin Sahra Wagenknecht verheerend.
Schütz in BSW-Bundesvorstand?
Zudem sei Ostdeutschland im BSW-Bundesvorstand unterrepräsentiert. "Das halte ich für einen Fehler", so Schütz. "Wir wollen eine neue politische Kultur, die nicht von Zerstrittenheit geprägt ist. Dass wir das in der eigenen Partei erleben mussten, macht mich traurig."
Er selbst könne sich auch eine Aufgabe im Bundesvorstand der Wagenknecht-Partei vorstellen. Er habe angeboten, bei der nächsten Wahl für den Bundesvorstand zu kandidieren, räumte aber ein, dass das Angebot in Berlin nicht auf offene Ohren stieß. Schütz sagte, er könnte unter anderem seine Erfahrungen bei der Organisation von Parteikampagnen einbringen - auch mit Blick auf die im kommenden Jahr anstehenden Landtagswahlen unter anderem in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern.
Katja Wolf ergänzte, dass am Samstag "der Thüringer Landesverband über den Thüringer Landesvorstand entscheidet". Sie wollte dies aber nicht als "Kampfansage an Berlin" verstanden wissen. "Ausdrücklich nicht.“
Wagenknecht unterstützt Wolfs Herausforderin
Einen Tag vor der Neuwahl der Thüringer BSW-Spitze bezog auch Parteigründerin Sahra Wagenknecht indirekt Stellung gegen BSW-Landeschefin und Vize-Ministerpräsidentin Katja Wolf. In einem Brief an die Thüringer BSW-Mitglieder, der der Nachrichtenagentur "dpa" vorliegt, wirbt sie für eine "Neuaufstellung des Landesvorstandes". Sie unterstützte erneut die Herausforderin von Wolf, die Thüringer Landtagsabgeordnete Anke Wirsing, wie zuerst die Funke Medien Thüringen berichteten.
Ausdrücklich sprach sich Wagenknecht darin jedoch gegen ein Ende der Regierungsbeteiligung des BSW in Thüringen aus. "Es geht auch jetzt nicht darum, ob wir weiterregieren, sondern wie wir weiterregieren."
BSW-Generalsekretär Christian Leye hatte sich schon zuvor für einen kompletten Wechsel der Thüringer BSW-Spitze ausgesprochen. Leye sagte der "Thüringer Allgemeine", es gebe bei Parteimitgliedern und Unterstützern die Ansicht, dass die Parteiarbeit unabhängig von einem Regierungsamt sein sollte. Auch er selbst sehe das so. Leye und Parteichefin Sahra Wagenknecht hatten sich schon früh für die Konkurrenten der aktuellen Parteivorsitzenden Katja Wolf und Steffen Schütz ausgesprochen.
Wirsing begrüßt Schütz' Rückzug
Die von der Bundespartei favorisierte Gegenkandidatin Anke Wirsing hat den Verzicht von Schütz begrüßt. "Ich freue mich, dass er zu dieser Erkenntnis gekommen ist und jetzt Platz für jemand anderen macht."
Auf die Frage, ob sie sich eine Doppelspitze mit Katja Wolf vorstellen könne, sagte sie: "Das kommt meiner Idealvorstellung zumindest näher." Sie verwies darauf, dass die BSW-Spitze nicht paritätisch besetzt sein muss, aber auch Matthias Bickel eine Chance verdient habe.
Süßmuth will sich um Co-Parteivorsitz bewerben
Für Schütz will sich Gernot Süßmuth um den Co-Parteivorsitz in Thüringen bewerben. Süßmuth war einer der Thüringer BSW-Bundestagskandidaten. Er ist Musiker und erster Konzertmeister der Staatskapelle Weimar.
Katja Wolf sprach - mit Blick auf Süßmuth und sich selbst - von einem "Angebot": Sie kandidiere, weil das BSW in Thüringen Kontinuität brauche. Süßmuth könne als Co-Vorsitzender Brücken bauen zur Parteibasis und könne zugleich - da er kein Teil der Landesregierung ist - als kritischer Geist ebendieser Regierung wirken.
Am Samstag findet in Gera der Landesparteitag des Bündnis Sahra Wagenknecht statt. Um den Landesvorsitz will sich auch das Duo Anke Wirsing und Matthias Bickel bewerben. Diese haben die Rückendeckung der BSW-Bundesspitze, die wiederholt den Kurs von Schütz und Wolf kritisiert hatte. In dem Gerangel um die Führungspositionen im BSW-Landesverband hatten nicht nur die Bundespartei, sondern auch BSW-Vertreter aus Sachsen und Sachsen-Anhalt mitgemischt.
In Thüringen wurde das BSW bei der Landtagswahl 2024 drittstärkste Partei mit 15,8 Prozent und regiert mit CDU und SPD zusammen als sogenannte Brombeer-Koalition.
MDR (ask/co/mm)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | THÜRINGEN JOURNAL | 24. April 2025 | 19:00 Uhr
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