Kultur

Das Goethe-Schiller-Denkmal vor dem Deutschen Nationaltheater DNT auf dem Theaterplatz in Weimar. 6 min
Wie steht es um die Kulturpolitik in Thüringen? Institutionen wie das Deutsche Nationaltheater erhalten eine stabile Finanzierung. Kleinere Theater hingegen stehen weniger gut da. Bildrechte: imago images/Jacob Schröter
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Viel Geld für große Theater und neue Museen, aber wenig für freie Kultur und Ehrenamt – 5 Jahre rot-rot-grüne Kulturpolitik neigen sich dem Ende zu. Blanka Weber zieht Bilanz.

MDR KULTUR - Das Radio Mo 26.08.2024 16:40Uhr 05:31 min

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Kulturpolitik 5 Jahre Rot-Rot-Grün: Was hat sich in Thüringens Kulturszene bewegt?

27. August 2024, 03:00 Uhr

Am Sonntag wählt Thüringen einen neuen Landtag. Damit schließen auch fünf Jahre rot-rot-grüner Kulturpolitik ab. Was hat Ramelows Regierung kulturpolitisch bewegt und wo ist sie gescheitert? Thüringens Landesregierung investierte viel in große Institutionen – Museen, Theater, Orchester. Gleichzeitig kritisieren Kulturschaffende, dass nur wenige Mittel in kleine Projekte und in das Ehrenamt fließen würden.

Der Freistaat Thüringen nimmt für die Kulturförderung viel Geld in die Hand: Pro Einwohner und Jahr gab die Landesregierung knapp 175 Euro aus. Damit liegt das Land etwa 40 Euro über dem Bundesdurchschnitt. Trotzdem klagen viele Akteure aus der Kulturszene des Freistaates über einen Mangel an Unterstützung aus Erfurt.

Was hat Rot-Rot-Grün kulturpolitsch bewegt?

Tatsächlich gebe es kulturpolitisch durchaus Fortschritte, findet Hasko Weber. Der Intendant des Deutschen Nationaltheaters in Weimar dürfte für seine Kollegen sprechen, wenn er die "Theater- und Orchesterfinanzierung" des Landes lobt. Für Weber sei die neue Finanzierungsgrundlage "als Ganzes bundesweit einzigartig“. Bis 2030 sind die Budgets der großen Theater und Orchester in Thüringen damit gesichert. Das bedeutet Planungssicherheit für anstehende Produktionen. Eine "stabilisierende Kulturpolitik", findet Weber.

Hasko Weber, Generalintendant des Deutschen Nationaltheater Weimar, spricht bei der Vorstellung des Programm vom Kunstfest Weimar.
Hasko Weber, Generalintendant des Deutschen Nationaltheaters Weimar, lobt die langfristige Finanzierung der Theater in Thüringen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Martin Schutt

Hasko Weber: Kein Wahlkampf auf Kosten der Kultur

Zudem hebt der Theaterleiter hervor, dass die politschen Akteure bemüht waren, die "Kulturpolitik aus dem ideologischen Diskurs rauszuhalten". Keine Selbstverständlichkeit in Zeiten vieler polarisierter, aufgeladener Debatten. "Wir sind also als Theater und Orchester nicht Wahlkampfthema", resümiert Hasko Weber.

Wir sind also als Theater und Orchester nicht Wahlkampfthema.

Hasko Weber, Intendant Deutsches Nationaltheater Weimar

"Wie es sonst so oft war", ergänzt MDR KULTUR-Reporterin Blanka Weber. Klar ist aber auch: Die Landesregierung musste dafür mancher Kommune kräftig zureden und finanziell auch nochmals unter die Arme greifen. Stichwort: kommunaler Finanzausgleich. Sonst hätte der Landtag bei vielem nicht zugestimmt, so eine Landespolitikerin.

Andere politische Vorhaben, seien indes auf der Strecke geblieben, zum Beispiel der Vorstoß der rot-rot-grünen Regierung, in der freien Kulturszene Mindesthonorare einzuführen.

Benjamin-Immanuel Hoff
Entscheidet über die Kulturpolitik im Freistaat: Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff. Bildrechte: imago images/Christian Spicker

Viel Geld für Museen und Theater

Gleichzeitig kam Bewegung in das Sanieren der Museen in Thüringen: In Altenburg wird das Lindenau-Museum aufwendig saniert, ebenso das Theater. In Gotha ist Schloss Friedenstein momentan eine Baustelle. Zu verdanken ist dies aber auch Mitteln, die von der Bundesregierung bereitgestellt worden sind. In Jena wird derzeit der Neubau des Deutschen Optischen Museums geplant. Und in Weimar stehen demnächst umfangreiche Sanierungen im Goethehaus am Frauenplan und im Deutschen Nationaltheater an, die die jetzige Landesregierung angeschoben hat.

Und der Investionsbedarf ist weiterhin hoch. Die Museen wünschen sich mehr Depots, mehr Stellen und manchmal auch mehr Publikum. Viel sei geschaffen worden in puncto Nachhaltigkeit, Inklusion, Barrierefreiheit, Digitalisierung und auch beim Ehrenamt. Sammlungen werden überholt, manches völlig neu geplant – ob in Sonneberg oder in Jena. Und auch bei der Provenienzforschung hat sich viel getan. Stellen wurden geschaffen für einen Erst-Check der Bestände. "Ein Umdenken also seit Rot-Rot-Grün", urteilt MDR KULTUR-Reporterin Blanka Weber.

Visualisierung einer Gebäudefassade mit einer großen Glassfassade.
Das Deutsche Optische Museum erhält im Zuge des Neubaus unter anderem eine moderne Glasfassade. Bildrechte: Stiftung Deutsches Optisches Museum

Die Landesregierung hat aber auch weitere Themenbereiche in den Fokus genommen: So fördert Erfurt mehr kulturelle Bildung, Demokratiearbeit und legt größeres Augenmerk auf jüdisches Leben und auf die Erinnerungskultur. Festivals wurden finanziert, Projekte gestemmt, Themenjahre gefeiert.  

Profitiert die freie Kulturszene?

Die Reaktionen der freien Kultur, also der Akteure außerhalb der großen Einrichtungen, fallen allerdings durchwachsen aus. Im Ehrenamt und in vielen kleinen Theatern ist die mangelnde finanzielle Sicherheit ein großes Problem. "Noch hangeln sich viele Beschäftige von einem Jahr zum anderen – von Projekt zu Projekt," so Blanka Weber.

Auch der Kulturrat in Thüringen zieht eine gemischte Bilanz. "Mit wenigen Sätzen ist die Bilanz positiv", sagt Jürg Kasper, Präsident des Verbandes. Er gibt aber auch zu bedenken, dass "man eben nicht mal so mit der Gießkanne aus Erfurt kommen kann und jeden gleichmäßig mit Förderungen beglücken kann". Kasper findet, bei der Menge an kulturellen Einrichtungen in einem Bundesland mit über 20 Landkreisen und kreisfreien Städten müsse die Kulturförderung zielgenauer ablaufen.

Jürg Kasper im Porträt
Jürg Kasper, Präsident des Kulturrats Thüringen, wünscht sich eine präzisere Förderpraxis. Bildrechte: Henry Sowinski

Kritik an Glücksspielgesetz

Anfang Juni beschlossen, wird es zukünftig die Förderung von ehrenamtlichen Aktivitäten grundlegend verändern. Die Mittel, die sich aus den Gewinnen der thüringischen Staatslotterie speisen, werden künftig an die Bereiche Sport und Wohlfahrtspflege verteilt. Insgesamt 15 Millionen Euro gehen also an Ehrenamtliche etwa in Sportvereinen oder sozialen Verbänden – eine deutliche Erhöhung des Fördervolumens. Für den Kulturbereich hätte man sich durchaus auch ein Budget vorstellen können. Der Kulturrat sieht hier eine Ungleichbehandlung, auch, weil im Kultur- und Musikbereich die zweithöchste Zahl der Menschen im Ehrenamt arbeiten.

Der Konflikt um die Leitung des Theaters Erfurt gehört zu den negativen Punkten bei der kulturpolitischen Bilanz der Landesregierung: Der Intendant des städtischen Theaters, Guy Montavon, wurde im Januar 2024 zunächst beurlaubt, nachdem Vorwürfe von Machtmissbrauch und finanziellen Ungereimtheiten am Theater laut wurden. Ende Juli beschloss Erfurts Stadtrat schließlich seine Kündigung. Ein Kapitel, das "man sich als Landespolitik gerne erspart hätte", hieß es von Seiten einer grünen Landespolitikerin.

Quellen: MDR KULTUR (Blanka Weber), Kulturrat Thüringen e.V.,  LAG Soziokultur Thüringen e. V., Redaktionelle Bearbeitung: tis

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 26. August 2024 | 16:40 Uhr

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