17.07.2020 | 10:25 Uhr | Update Sachsen will Extremisten unter den Landesbediensteten aufspüren
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17. Juli 2020, 10:25 Uhr
Sachsen will mit einer internen Koordinierungsstelle gegen Extremismus bei Landesbediensteten vorgehen. Sie soll am 1. September ihre Arbeit aufnehmen und ist Teil eines Gesamtkonzeptes gegen Rechtsextremismus. Geplant ist auch eine zentrale Anlaufstelle für Opfer rechtsextremer Bedrohung und Gewalt.
Inhalt des Artikels:
Sachsen will mit einer internen Koordinierungsstelle gegen Extremismus bei Landesbediensteten vorgehen. Innenminister Roland Wöller (CDU) sagte am Donnerstag im Landtag, Ziel sei es, innerhalb des Ministeriums und aller nachgeordneten Behörden die Akteure der Extremismusabwehr zu vernetzen. Nur so könnten "frühzeitig alle wichtigen Informationen zu extremistischen Bestrebungen von Bediensteten" gebündelt werden.
Wöller: Vertrauen in Staatsbedienstete hohes Gut
Die Koordinierungsstelle soll Wöller zufolge zunächst mit zwei Beamten besetzt werden. "Mitarbeiter in der Verwaltung und bei der Polizei sind in besonderem Maße an unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung gebunden", sagte der Innenminister. Das Vertrauen in das rechtsstaatliche Handeln von Staatsbediensteten sei ein hohes Gut.
Zum Geschäftsbereich des Innenministeriums gehört nach eigenen Angaben die Polizei Sachsen, die Hochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege in Meißen, die Landesdirektion Sachsen, das Sächsische Staatsarchiv, das Statistische Landesamt Sachsen, das Landesamt für Verfassungsschutz sowie die Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule in Nardt (Landkreis Bautzen).
Disziplinarverfahren bei Sachsens Sicherheitsbehörden Im sächsischen Innenministerium und den nachgeordneten Behörden arbeiten derzeit rund 17.700 Bedienstete. Zwischen 2014 und 2019 wurden insgesamt 26 Disziplinarverfahren wegen des Verdachts verfassungsfeindlicher Bestrebungen eingeleitet worden.
Koodinierungsstelle Teil eines Gesamtkonzepts
Die Koordinierungsstelle, die am 1. September ihre Arbeit aufnehmen soll, ist Teil eines Gesamtkonzeptes gegen Rechtsextremismus. Nach Plan der Koalitionäre aus CDU, Grünen und SPD könnte dieses bis Jahresende vorliegen. Als Kernpunkte benannte Wöller die Frühwarnung beispielsweise durch den Landesverfassungsschutz, die Ausstattung der Behörden, die Kooperation dieser untereinander sowie die Prävention gegen extremistische Bestrebungen.
CDU, Grüne und SPD einig über Bedrohung von Rechts
In seiner Rede zeigte sich Innenminister Wöller besorgt über den öffentlichen Diskurs. Es gebe keinen guten und schlechten Extremismus. Sachsen ächte jede Form: "Der Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus ist derzeit unsere größte Herausforderung." Wöller zufolge ist die Zahl der Rechtsextremisten 2019 zum wiederholten Male angestiegen - auf jetzt rund 3.400 (2018: 2.800). Etwa 2.000 davon seien als gewaltbereit eingestuft.
Die Zeiten sind rauer geworden. Unsere offene Gesellschaft ist verwundbar.
Zentrale Anlaufstelle für Opfer rechtsextremer Gewalt geplant
Grüne und SPD betonten ebenfalls die besondere Bedrohung der demokratischen Grundordnung durch den Rechtsextremismus. "Darum hat die SPD bereits in den Koalitionsverhandlungen darauf hingewirkt, die Erarbeitung eines Gesamtkonzepts gegen Rechtsextremismus zu vereinbaren", so Pallas.
Der Beschluss sei nun Startpunkt des Gesamtkonzeptes. Dieses sehe ebenfalls eine zentrale Anlaufstelle für Opfer rechtsextremer Bedrohung und Gewalt vor. "Auch gegen Hass im Netz müssen wir noch entschiedener vorgehen. Hass im Netz ist kein Kavaliersdelikt, sondern nicht selten eine Straftat", sagte Valentin Lippmann (Grüne). Mit dem neuen Gesamtkonzept soll es einfacher werden, der Polizei entsprechende Delikte zu melden.
AfD fehlt Kampf gegen Linksextremismus, Linke wehrt sich gegen Vergleich
Der SPD-Politiker Albrecht Pallas erinnerte die AfD an rechtsextreme Bestrebungen in den eigenen Reihen. Die AfD monierte, dass der Antrag der Koalition nur auf Extremismus von rechts abziele. "Wir haben in Sachsen und in Deutschland nicht nur ein Problem mit dem Rechtsextremismus, sondern auch ein erhebliches Problem mit dem Linkextremismus", so Carsten Hütter. Linken-Innenpolitikerin Kerstin Köditz lehnte den Vergleich ab. "In den letzten 30 Jahren gab es in Sachsen über ein Dutzend Todesopfer rechtsorientierter Gewalt und null Todesopfer linksorientierter Gewalt." Das Gesamtkonzept sei laut Köditz dringend notwendig und überfällig.
Anmerkung der Redaktion: Aus einer früheren Version des Artikels ging nicht hervor, dass es sich um eine interne Koordinierungsstelle der sächsischen Landesbediensteten handelt. Das haben wir korrigiert.
Quelle: MDR/js/dk/dpa/epd
Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN
MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 16.07.2020 | 17:00 in den Nachrichten
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