Generaldebatte im Landtag Neuer Doppelhaushalt für Sachsen: Aus der Krise in die Zukunft?
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19. Dezember 2022, 16:03 Uhr
Noch vor Weihnachten soll der Doppelhaushalt für die Jahre 2023 und 2024 stehen. Den Entwurf dazu haben Ausschüsse und Sachens Regierungskoalition lange diskutiert und verhandelt. Nun hat der Sächsische Landtag bis Dienstag das letzte Wort und soll darüber abstimmen. Es geht um die Rekordausgabe von 49,3 Milliarden Euro.
In den nächsten zwei Jahren will die Landesverwaltung 49,3 Milliarden Euro in Sachsen ausgeben. So sieht es der Haushaltsplan vor, den die Regierungskoalition beschlossen hat. In den vergangenen Wochen und Tagen hatten die Ausschüsse im Sächsischen Landtag Hunderte Änderungsanträge vorgebracht. Noch bis Dienstag diskutieren die Parlamentarier den Etat, über den sie das letzte Wort haben. In Politikkreisen gilt das Budgetrecht auch als "Königsrecht" des Parlaments.
Die Haushaltslage aus Sicht des Regierungschefs
"Wechsel der Energieversorgung, dringend notwendiger Klimaschutz und Fachkräftemangel": Mit diesen Schlagwörtern skizzierte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) die Großwetterlage, die die Bedingungen für die Haushaltspolitik der Regierungskoalition vorgegeben habe. In seiner Rede zum Etat der Staatskanzlei eröffnete er die abschließenden Beratungen zum Doppelhaushalt. Sachsen könne die weltpolitische Lage nicht beeinflussen, aber das Land könne danach handeln, meinte der CDU-Politiker. Viele Menschen seien wegen der hohen Energiepreise derzeit "enorm verunsichert". Damit ging Kretschmer auf die Energiekrise und den Krieg gegen die Ukraine ein. 200 Millionen Euro will Sachsen aus Landesmitteln für einen Härtefallfonds bereitstellen.
Er nannte den Angriffskrieg Russlands ein "furchtbares Verbrechen". Nur die wenigsten hätten wohl geahnt, dass ein solcher völkerrechtswidriger Krieg möglich sein würde. Aber: Die Ukraine halte zusammen, die westliche Welt halte zusammen. "Europa und Nato sind in einer Weise geeint, wie es vor diesem Krieg nicht gewesen ist." Zugleich warb Kretschmer für einen "gesellschaftlichen Konsens über die Frage der Energieversorgung für die nächsten Jahrzehnte" und bekräftigte, dass er die Vereinbarungen zum Kohleausstieg 2038 als verbindlich und den Bundeskanzler "im Wort" sieht.
Das sind laut Kretschmer und der CDU die Schwerpunkte des nächsten Doppelhaushalts:
- Ausbau erneuerbarer Energien mit Schwerpunkten auf Wasserstofftechnologie, Photovoltaik und Ausbau von Windkraftanlagen
- Ausbau von Straßen, Infrastruktur und Schienen
- Stärkung des Katastrophenschutzes und ehrenamtlicher Arbeit für Sachsen
- Ausbau von Bildung, Wissenschafts- und Forschungszentren
- Anhebung der Kita-Pauschale, mehr Schulassistenten und Schulsozialarbeitende (laut CDU gehe jeder fünfte Euro in die Bildungspolitik)
- Investitionen für den ländlichen Raum mit vitalen Dorfkernen
- Förderung der acht Kulturräume in Sachsen
- Sachsen als Einwanderungsland für Fach- und Arbeitskräfte voranbringen
Seien wir offen, seien wir hilfsbereit. Wir brauchen die Fachkräfte.
Schulden aus der Corona-Krise
Sachsen hat zur Bewältigung der Corona-Pandemie 3,7 Milliarden Euro veranschlagt. Die Summe nannte Regierungschef Kretschmer ebenfalls im Landtag. Die in der Pandemie aufgenommenen Kredite sollen von der jetzigen Generation beglichen werden. Ab 2023 werde das Land die Schulden der Pandemie zurückzahlen: "Auch kommende Generationen werden Herausforderungen vor sich haben, müssen handlungsfähig sein."
Der Landtag hatte im April 2020 einstimmig die Regierung ermächtigt, bis zu sechs Milliarden Euro aufzunehmen, um die Folgen der Corona-Pandemie abzufedern. Die Kredite sollen in den nächsten sechs Jahren zurückgezahlt werden. Insgesamt sieht Kretschmer die Finanzpolitik Sachsens "auf solidem Fundament" stehen.
Der Haushalt ist eine runde Sache. Er kann Krise und Zukunft.
Das sagen die Koalitionspartner Grüne und SPD
Die Koalitionsparteien hätten es als Herausforderung und Anspruch zugleich gesehen, einen Haushalt zu erstellen, der in Krisen Sicherheit gebe und einen Richtungswechsel markiere, sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Franziska Schubert. Öffentliche Finanzen müssten tragfähig und nachhaltig aufgestellt sein. Angesichts der Gleichzeitigkeit vieler Krisen hätte die Koalition viel "Geduld und Ernsthaftigkeit gezeigt". Den Haushaltsplan nannte Schubert "solide und zukunftsorientiert".
SPD-Fraktionsvorsitzender Dirk Panther wünschte sich auch in Sachsen beherztes Vorgehen, anstatt "immer mit dem Finger nach Berlin zu zeigen". Eine Bemerkung gegen Ministerpräsident Kretschmers Kritik an der Energie- und Entlastungspolitik der derzeitigen Bundesregierung. "Wir könnten auch mal Vorreiter sein", verlangte Panther von seinen Koalitionspartnern und verwies auf den schleppenden Fortgang der Digitalisierung in Sachsen.
Opposition verlangt mehr Entlastungen
Die 200 Millionen Euro Landesmittel für einen Härtefallfonds zur Abmilderung der Energiekrise kritisierten AfD und Linke gleichermaßen als zu gering und zu unkonkret. "Ein Tropfen auf den heißen Stein", meinte der Linken-Fraktionsvorsitzende Rico Gebhardt. AfD-Politiker André Barth nannte die Summe ein "Feigenblatt". Er warf der Regierungskoalition "Maßlosigkeit" vor und kritisierte den Aufbau von rund 500 neuen Planstellen in der Verwaltung und für Beratungen zum Klimaschutz, Öko-Landbau und in der Energieberatung. Stattdessen würde die AfD lieber eine Milliarde Euro für kostenloses Mittagessen für alle Kinder und Jugendlichen in Sachsen ausgeben.
Kostenlose Mittagessenversorgung für rund 440.000 Kinder und Jugendliche verlangte auch Linken-Politiker Gebhardt. Die geplante Erhöhung der Kitapauschale sei viel zu gering. Geringverdiener und Familien müssten viel stärker entlastet werden. Zudem sei Sachsen immer noch das Land mit den niedrigsten Durchschnittslöhnen und Einkommen, wie der aktuelle Sozialbericht des sächsischen Sozialministeriums Anfang Dezember bescheinigte, kritisierte Gebhardt und widersprach dem CDU-Politiker Hartmann: "Weder kann dieser Haushalt Krise noch Zukunft".
MDR (kk)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 19. Dezember 2022 | 19:00 Uhr