Jens Maier wartet im Bundesgerichtshof auf den Beginn seiner Verhandlung vor dem Dienstgericht.
Der Richter Jens Maier darf seine Rentenansprüche behalten. Gegen ihn erhobene Vorwürfe konnten ihm nur in Teilen nachgewiesen werden. Bildrechte: picture alliance/dpa | Uli Deck

Ehemaliger AfD-Abgeordneter AfD-Politiker Jens Maier behält Pensionsansprüche: So begründet das Gericht das Urteil

20. Januar 2025, 21:04 Uhr

Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag wollte der AfD-Politiker Jens Maier wieder als Richter arbeiten. Das Justizministerium versetzte ihn wegen Parteilichkeit in den Ruhestand. Die damalige Justizministerin Katja Meier wollte ihm die Pensionsansprüche aberkennen. Diese Klage wies das Dienstgericht für Richterinnen und Richter zurück. Nun begründete das Gericht ausführlich sein Urteil.

Der umstrittene Richter Jens Maier behält seine Pensionsansprüche und wird nicht komplett aus dem Dienst entfernt. Das hatte das Dienstgericht für Richterinnen und Richter in Leipzig Ende November entschieden. Die Vorwürfe gegen den AfD-Politiker hätten nur teilweise bestätigt werden können und rechtfertigten keine zusätzlichen Maßnahmen, hieß es damals. Nun hat das Gericht seine damalige Entscheidung ausführlich begründet.

Fragwürdige Äußerungen zu Terroristen Anders Breivik

Jens Maier wurde vorgeworfen, über die rechtsextremistischen Gewalttaten des norwegischen Terroristen Anders Breivik aus Norwegen im April 2017 öffentlich geäußert zu haben, dieser sei "aus Verzweiflung zum Massenmörder geworden".

Dabei habe er die Frage aufgeworfen, ob nicht ein "um sich greifender" Multikulturalismus und die "Vermischung" der Kulturen innerhalb westlicher Gesellschaften durch die Einwanderung von "Kulturfremden" zum "Wahnsinnigwerden" sei.

Facebook-Post gegen ZDF-Moderatorin Marietta Slomka

Der weitere Vorwurf gegen Maier betrifft eine Äußerung auf einer von ihm zu Wahlkampfzwecken eingerichteten Facebook-Seite. Dort hatte er über die Journalistin Marietta Slomka nach der ZDF-Wahlsendung im September 2017 geäußert: "GEZ abschaffen, Slomka entsorgen!"

Aberkennung oder Kürzung der Rentenansprüche nicht möglich

Das Dienstgericht für Richterinnen und Richter teilte nun mit, dass sich der Jens Maier zur Last gelegte Sachverhalt nur in Teilen bestätigte. Demnach sei höchstens eine Kürzung des Ruhegehaltes in Betracht gekommen, nicht aber eine vollständige Aberkennung. Eine Kürzung scheide jedoch wegen Ablauf der gesetzlichen Frist aus.

Facebook-Post nicht als "persönliche Äußerung" zu werten

Der in Bezug auf den Facebook-Post erhobene Vorwurf gegen Maier hat sich nach Gerichtsangaben nur eingeschränkt erwiesen. Für das Gericht stehe zwar außer Zweifel, dass auf einem für Zwecke des Wahlkampfs betriebenen Account Maiers die Formulierung "GEZ abschaffen, Slomka entsorgen!" gepostet worden sei.

Doch der Vorwurf des Dienstvergehens ist dem Gericht zufolge nicht gegeben. Demnach erstellte der Beklagte den Post nach eigenen Angaben nicht selbst und soll von dessen Existenz auch zunächst nichts gewusst haben. Deswegen spricht das Gericht nicht von einer "persönlichen Äußerung" Maiers, sondern von "seiner unzureichend wahrgenommenen Verantwortung für die unter seinem Namen erfolgten Veröffentlichungen auf dem Account".

Gericht: Kein Verstoß gegen Verfassungstreue

Hierin kann zwar ein Verstoß gegen das Mäßigungsgebot beziehungsweise das Gebot achtungswürdigen Verhaltens erkannt werden, teilte das Gericht mit. Doch der schwerer wiegende Verstoß gegen die elementare Verfassungstreuepflicht, die notwendig wäre, um den Ruhestandsanspruch vollständig abzuerkennen, sei nicht gegeben.

Zudem sei es in dem Post nicht darum gegangen, die Moderatorin Marietta Slomka gezielt herabzusetzen und zu diffamieren, heißt es. Der Post sei "Teil der allgemeinen Auseinandersetzung um die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im politischen Meinungskampf gewesen und eine Reaktion auf eine von der Moderatorin moderierte ZDF-Wahlsendung", heißt es aus Gerichtsbegründung.

Mutmaßliche Verharmlosung von Terroristen nicht nachweisbar

Der weitere Vorwurf, Maier habe die Taten des Norwegers Anders Behring Breivik in einer Rede vom 19. April 2017 verharmlost oder relativiert, erwies sich nach Gerichtsangaben nicht.

Das Gericht konnte hierbei nach eigenen Angaben Maier nicht zweifelsfrei nachweisen, ob er "mit den von ihm gewählten Formulierungen tatsächlich das Handeln von Anders Breivik habe rechtfertigen, verharmlosen oder relativieren wollen". Der Maier zur Last gelegte Redebeitrag konnte demnach wegen fehlender Aufzeichnung nicht zuverlässig rekonstruiert werden.

Der Richter dürfe sich (...) mit der gebotenen Sachlichkeit und Distanz in Wort und Schrift insbesondere auch zu rechtspolitischen Fragen äußern.

Dienstgericht für Richterinnen und Richter

Meinungsäußerung für Richter durch Grundgesetz gesichert

Ferner verweist das Gericht eigenen Angaben zufolge auf das im Grundgesetz Richterinnen und Richter zugesicherte Recht der Außerdienstlichen Meinungsäußerung. Demnach darf ein Richter "seine Auffassungen in Wort, Schrift und Bild äußern und verbreiten, und zwar unabhängig davon, ob andere die von ihm vertretene Meinung für richtig oder falsch halten." Und weiter: "Der Richter dürfe sich (...) mit der gebotenen Sachlichkeit und Distanz in Wort und Schrift insbesondere auch zu rechtspolitischen Fragen äußern."

Gegen die Entscheidung kann innerhalb eines Monats Berufung beim sächsischen Dienstgerichtshof für Richter als nächste Instanz eingelegt werden.

Maier 2021 aus dem Bundestag ausgeschieden

Jens Maier saß von 2017 bis 2021 für die AfD im Bundestag und wurde 2020 vom sächsischen Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestuft. Er wollte nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag 2021 in den sächsischen Justizdienst zurückkehren, wurde aber von der sächsischen Justizministerin wegen Verletzungen von Dienstpflichten in den Ruhestand versetzt. Das hatten im Dezember 2022 das Dienstgericht und 2023 der Bundesgerichtshof bestätigt.

MDR (phb)/epd

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