Jens Maier wartet im Bundesgerichtshof auf den Beginn seiner Verhandlung vor dem Dienstgericht.
Von 2017 bis 2021 saß Jurist Jens Maier für die AfD im Bundestag. Danach wollte er in den Justizdienst zurückkehren. Das BGH bestätigte nun ein früheres Urteil. Bildrechte: picture alliance/dpa | Uli Deck

Ehemaliger AfD-Abgeordneter BGH urteilt: Jens Maier darf nicht mehr als Richter arbeiten

05. Oktober 2023, 16:56 Uhr

Nach dem Ende seiner Politiklaufbahn bei der AfD wollte der Jurist Jens Maier in die sächsische Justiz zurückkehren. Ein Dienstgericht entschied aber, ihn wegen rassistischer und abwertender Äußerungen in den vorzeitigen Ruhestand zu schicken. Dagegen wehrte sich der Jurist. Doch der Bundesgerichtshof befand am Donnerstag: Maier darf nicht mehr als Richter arbeiten. Das frühere Urteil enthalte keine Rechtsfehler. Maiers Revision wurde abgewiesen.

Der frühere AfD-Bundestagsabgeordnete und Richter Jens Maier wird vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Das teilte der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag in Karlsruhe mit. Damit bestätigten die Richter ein älteres Urteil des Landgerichts Leipzigs. Es enthalte keine Rechtsfehler, befand der BGH jetzt (Az.: RiZ (R) 1/23).

Die Leipziger Richter hatten im Dezember 2022 entschieden, dass Maier nicht mehr auf die Richterbank zurückkehren darf. Dagegen hatte der AfD-Politiker Revision eingelegt.

Reaktionen aus der Politik: "Ein guter Tag für den Rechtsstaat"

Mehrere Parteien zeigten sich mit dem Urteil zufrieden. "Ein guter Tag für den Rechtsstaat", sagt die Vize-Vorsitzende der SPD-Fraktion im sächsischen Landtag, Hanka Kliese. "Es zeigt, dass wirksame Mittel zum Schutz des Rechtsstaates gegen Verfassungsfeinde existieren und erfolgreich zur Anwendung kommen."

Laut dem rechtspolitischen Sprecher der sächsischen Grünen-Fraktion, Valentin Lippmann, sei die Entscheidung ein wichtiges Signal. "Menschenverachtende, rassistische und abwertende Äußerungen auch außerhalb des Richterdienstes entziehen Richterinnen und Richtern das Vertrauen der Öffentlichkeit in faire Verfahren", sagt Lippmann.

Die sächsische Justizministerin Katja Meier (Grüne) bezeichnet das Urteil in einer Stellungnahme als wegweisend. "Das kostbare Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Justiz und in den Rechtsstaat wird durch diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs bestätigt und gestärkt", sagt sie.

Das kostbare Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Justiz und in den Rechtsstaat wird durch diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs bestätigt und gestärkt.

Katja Meier (Grüne) Sächsische Justizministerin

Sachsen: Ansehen der Justiz steht auf dem Spiel

Am Verhandlungstag in Karlsruhe argumentierten Vertreter des Landes Sachsen, dass Maiers richterlichen Pflichten und Rechte als Bundestagsabgeordneter der AfD zwar geruht hätten, aber nicht beendet gewesen seien. Die Allgemeinheit müsse darauf vertrauen können, dass Richter dem Gesetz verpflichtet seien. Vor Gericht äußerte sich Maier auch selbst. Er könne zwischen seiner politischen Auffassung und dem Richteramt differenzieren, sagte er. Zudem beklagte er, dass die AfD "ständig mit Dreck beworfen" werde.

Das Dienstgericht des Bundes ist ein Spezialsenat des Bundesgerichtshofs. Laut einem BGH-Sprecher werde es nicht häufig angerufen. Eine Entscheidung nach § 31 des Richtergesetzes zu einer Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand wegen schwerer Beeinträchtigung der Rechtspflege habe es erst ein einziges Mal im Jahr 1995 gegeben. Ein Richter wurde damals aufgrund von Kontakten zum sogenannten "Rotlichtmilieu" in den Ruhestand versetzt.    

Gericht prüfte frühere Aussagen Maiers

Jens Maier war von 2017 bis 2021 Bundestagsabgeordnete für die AfD, zuvor arbeitete der aus Bremen stammende Maier als Richter am Landgericht Dresden. Bei der Bundestagswahl 2021 verlor er sein Mandat und wollte anschließend seinen früheren Justizdienst wieder aufnehmen. Ihm wurde zunächst das Amtsgericht Dippoldiswalde zugeteilt.

Das sächsische Justizministerium beantragte später beim Dienstgericht eine Versetzung Maiers in den Ruhestand. Bei der Verhandlung standen frühere Aussagen des Ex-AfD-Politikers, der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird, im Fokus. So hatte Maier 2017 in einem Facebook-Post dazu aufgerufen, die ZDF-Moderatorin Marietta Slomka "zu entsorgen". Eine mutmaßlich muslimische Fußgängerin bezeichnete er als "Gesindel".

Tweet über "AfD-Richter"

Besonders schwerwiegend bewertete das Dienstgericht ein Posting auf der Plattform X (früher Twitter) vom März 2019. Darin war zu lesen: "Wenn Angeklagte 'AfD-Richter' fürchten, haben wir alles richtig gemacht." Nach Ansicht des Gerichts habe Maier hier seine eigene Rolle als Richter zum Gegenstand gemacht und den Eindruck erweckt, dass solche Richter parteiisch entscheiden würden.

"Mit all diesen Verhaltensweisen und dem verwendeten Vokabular sucht der Antragsgegner zur Überzeugung des Dienstgerichts bewusst die Nähe zu Kreisen, die in der Öffentlichkeit als rechtsextrem wahrgenommen werden", hieß es in der Urteilsbegründung.

Parallel Disziplinarverfahren gegen Maier

Es ist nicht Maiers einzige juristische Auseinandersetzung: Im August 2023 wurde bekannt, dass das sächsische Justizministerium eine Disziplinarklage gegen Maier erhoben hat. Das Landgericht Dresden hatte bereits einige Monate zuvor ein Disziplinarverfahren eröffnet.

Dort war es zu dem Schluss gekommen, dass Maier nicht nur in den Ruhestand versetzt werden, sondern aus dem Dienst entfernt werden solle. Wenn sich das zuständige Richterdienstgericht dieser Entscheidung anschließt, würde Maier seine Ruhestandsbezüge als Beamter verlieren.

MDR (mad)/dpa/AFP

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 05. Oktober 2023 | 16:00 Uhr

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