Interview mit Claas Danielsen Warum die deutsche Filmförderung in der Krise steckt
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30. November 2023, 04:00 Uhr
In Zeiten von Netflix und Co. bekommt die Förderung von Filmen eine immer größere Bedeutung. Doch das deutsche Filmfördersystem sei international nicht mehr konkurrenzfähig, findet Claas Danielsen, der viele Jahre Geschäftsführer der Mitteldeutschen Medienförderung war. Am 30. November verlässt er die MDM. Im Interview hat er eine Bilanz gezogen.
- Claas Danielsen scheidet zum 1. Dezember als Geschäftsführer der Mitteldeutschen Medienförderung (MDM) aus.
- Das deutsche Filmfördersystem ist aus seiner Sicht für ausländische Produktionen nicht mehr attraktiv.
- Zum Ende seiner Amtszeit sieht Danielsen dennoch in der mitteldeutschen Filmszene eine positive Entwicklung.
Aus Sicht des scheidenden Geschäftsführers der Mitteldeutschen Medienförderung, Claas Danielsen, ist das deutsche Filmfördersystem international nicht mehr konkurrenzfähig. Danielsen sagte MDR KULTUR, in Tschechien, Polen oder Österreich gebe es automatische Förderanreize, die einen Dreh dort sehr viel attraktiver und kostengünstiger machten. Danielsen scheidet zum 1. Dezember als Geschäftsführer der Mitteldeutschen Medienförderung (MDM) aus.
Um für ausländische Produktionen wieder attraktiv zu werden, müsste ein Anreizsystem in der deutschen Filmförderung geschaffen werden. Bei der 2021 im Koalitionsvertrag der Ampelregierung angekündigten Reform des Filmfördergesetzes sei etwa eine automatische Förderung von 30 Prozent auf deutsche Kosten vorgesehen.
Das wäre aus Danielsens Sicht ein großer Wurf, der auch Hollywood-Produktionen wieder in die Region locken könnte, wie in der Vergangenheit "Grand Budapest Hotel" oder "Monuments Men". Doch ob die Novellierung des Filmfördergesetzes durch die Ampelkoalition noch gelingt, ist für Danielsen "absolut offen" – eine Realisierung sei in den derzeit angespannten wirtschaftlichen Zeiten fraglich.
Filmlandschaft Mitteldeutschland entwickelt sich
Die Filmlandschaft Mitteldeutschland ist für Danielsen im Vergleich zu anderen Medienstandorten wie Berlin, Brandenburg, München oder Nordrhein-Westfalen noch eine Entwicklungsregion. Man müsse aber auch die Rahmenbedingungen sehen: Zur Gründung des MDR 1992 und der MDM vor 25 Jahren habe es fast keine Produktionsfirmen und wenig Filmschaffende gegeben. Heute gebe es hingegen eine sehr lebendige Szene, so Danielsen: "Das ist ein toller Erfolg für alle, die daran gearbeitet haben! Das ist aber auch sehr fragil, das kann sehr schnell wieder sich verändern."
Strukturelle Unterstützung aufgebaut
Er habe in seiner MDM-Zeit daran mitgewirkt, die Medienwirtschaft strukturell zu unterstützen, um Filmschaffende in die Region zu locken. Denn es gebe hier keine "Filmhochschule, wo jedes Jahr Teams aus Drehbuchautoren, Autoren, Filmemachern, Regisseurinnen und Regisseuren und Produzenten ausgebildet werden – die dann eigentlich automatisch in der Region bleiben", so Danielsen.
Hier soll die Gründerinitiative Mediastart helfen, mit der junge Firmen nicht nur ein Jahr lang eine finanzielle Unterstützung für die Betriebskosten erhalten, sondern auch Workshops zur Meisterung der betriebswirtschaftlichen und juristischen Anforderungen, Teamfindungshilfe, Vernetzungsmöglichkeiten und Mentorenunterstützung. Auch die Filmakademie in Görlitz sei eine gute Möglichkeit, um Quereinsteiger ihre ersten Film-Erfahrungen sammeln lassen zu können, beispielsweise im Bereich Kamera und Licht, so Danielsen im Interview.
Quelle: MDR KULTUR (Stefan Petraschewsky), Redaktionelle Bearbeitung: op, vp, hki
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR Spezial | 30. November 2023 | 18:00 Uhr