Zeitgeschichtliches Forum in Leipzig
Das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig besteht seit 1999 und bietet Raum für historische Erkundungen und persönliche Begegnungen. Bildrechte: Punctum/Alexander Schmidt

25. Jubiläum Zeitgeschichtliches Forum Leipzig: Ein Spiegel deutsch-deutscher Geschichte

09. Oktober 2024, 17:11 Uhr

Das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig feiert sein 25. Jubiläum. Am 9. November 1999 wurde das Museum eingeweiht. Seither hat es in unzähligen Ausstellungen und Veranstaltungen die deutsch-deutsche Geschichte aufgearbeitet, war immer ein Raum für aktuelle Debatten. Bis Ende des Jahres sind mehrere Jubiläumsveranstaltungen geplant, auch zur eigenen Geschichte. Ein Portrait des Zeitgeschichtlichen Forums.

  • Seit seiner Gründung am 9. Oktober 1999 besuchten 4,5 Millionen Besucher das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig, um deutsch-deutsche Geschichte zu erfahren.
  • Das Museum greift auch immer wieder aktuelle Debatten auf und bewertet damit Geschichte neu.
  • Direktorin Uta Bretschneider betont die Bedeutung historischer Vermittlung auch für die Zukunft, die das Museum vor neue Herausforderungen stellt.

Am 9. Oktober 1999 ist das Zeitgeschichtliche Forum in der Leipziger Innenstadt vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder eröffnet worden. Es sollte ein lebendiger Ort der Begegnung, des Austauschs und der politischen Bildung sein, das deutsche Zusammenwachsen aktiv begleiten.

Wir präsentieren Geschichte vielstimmig.

Uta Bretschneider Museumsdirektorin

4,5 Millionen Besucher in 25 Jahren

Nach 25 Jahren kann das Museum, das zur Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gehört, Bilanz ziehen: 4,5 Millionen Besucher wurden erreicht. 121 Wechselausstellungen bildeten verschiedene Facetten der deutsch-deutschen Geschichte ab, vom Kriegsende über die deutsche Teilung, den Alltag in der DDR und die friedlichen Revolution bis zur Gegenwart.

Menschen in der Ausstellung "Zeit und Hymnen" betrachten eine Aufstellungswand.
Die aktuelle Sonderausstellung "Hits & Hymnen" erkundet im Forum das Verhältnis von Musik und Politik. Bildrechte: Alexander Schmidt / punctum

"Wir präsentieren Geschichte vielstimmig – das heißt, wir haben unterschiedliche Medien, unterschiedliche Zeitzeuginnen und Zeitzeugen im Einsatz", sagt Direktorin Uta Bretschneider bei MDR KULTUR zum Konzept des Museums. Im Zentrum stehe die Dauerausstellung "Unsere Geschichte. Diktatur und Demokratie nach 1945".

Geschichte erfahrbar machen

Im Sammlungsbestand befinden sich mitlerweile rund 200.000 Original-Objekte, darunter der Aktenkoffer des Pfarrers Christian Führer, ein himbeerroter Trabant 601 Kübel oder auch ein Teil des Nachlasses des Schauspielers und Entertainers Heinz Quermann. Alles "Objekte mit einer besonderen Geschichte", betont Bretschneider, "und alles auf der Basis ganz aktueller Forschungen."

Ein weißer Wartburg 611
Auch dieser Wartburg 611 gehört zum Bestand des Forums. Bildrechte: PUNCTUM/Alexander Schmidt

Der Besuch im Forum ist stets kostenfrei. Auch das könnte zum Erfolgsrezept gehören. Die Hemmschwelle soll möglichst niedrig sein, die Angebotspalette vielfältig. So finden im Haus neben klassischen Tagungen und Podiumsdiskussionen auch Filmabende oder Lesungen statt.

Ost-West-Debatte wird aufgefangen

Aktuelle Debatten wie die derzeitige Ost-West-Debatte, angestoßen und geführt durch Autoren wie Dirk Oschmann, Steffen Mau oder Ilko-Sascha Kowalczuk finden sich hier wieder. Es ginge darum, sagt Bretschneider, immer wieder "zurückzublicken und den Status Quo zu befragen." So ist das Forum nicht nur ein offenes Haus, sondern seit seiner Eröffnung vor 25 Jahren auch ein Haus im Wandel.

Dr. Ilko-Sascha Kowalczuk und Wolf Biermann diskutieren auf der Bühne des Zeitgeschichtlichen Forums.
Buchvorstellung im Zeithistorischen Forum im März diesen Jahres: Ilko-Sascha Kowalczuk spricht mit Wolf Biermann über seine Walter- Ulbricht-Biographie. Bildrechte: PUNCTUM/Alexander Schmidt

Auch die Dauerthemen des Museums, wie die Geschichte der Friedlichen Revolution, werden immer wieder aktualisiert. Erst im vergangenen Jahr wurde laut Leiterin Bretschneider ein Kapitel der Dauerausstellung überarbeitet. Es thematisiert das deutsch-deutsche Verhältnis über die Zeit hinweg und benennt bestehende Unterschiede in der Repräsentanz oder im Vermögen. Man schaue aber auch nach den Gemeinsamkeiten, ergänzt Bretschneider, "und stellen offene Fragen, die in die Zukunft gerichtet sind."

Etwa die Hälfte der Gäste hat keine eigene DDR-Vergangenheit mehr und auch keine familiäre Verbindung zur DDR.

Uta Bretschneider Zeitgeschichtliches Forum

Fragen an die Zukunft

In der Zukunft hat das Zeitgeschichtliche Forum selbst noch einiges vor sich. Die Vermittlungsarbeit, die das Haus leiste, sei nach wie vor wichtig, stellt Bretschneider fest. Mit Blick auf die letzten Wahlergebnisse werde klar, dass es eher noch mehr Begegnungen und Diskussionsräume brauche.

Außerdem müsse immer mehr kontextualisiert werden, weil das Publikum sich verändere. Etwa die Hälfte der Gäste habe keine eigene DDR-Vergangenheit mehr und auch keine familäre Verbindung zur DDR.

"Der Jahrhundertschritt" wird weiter gebraucht

Weiterhin bedeutsam bleibt auch die berühmte Bronzeplastik "Der Jahrhundertschritt" von Wolfang Mattheuer. Am 30. September 1999 wurde sie feierlich vor dem Forum aufgestellt. Mitten in der Fußgängerzone, stolpern täglich viele Menschen darüber.

Vor dem Zeitgeschichtlichen Forum in Leipzig steht die Plastik Der Jahrhundertschritt
"Der Jahrhundertschritt" von Wolfang Mattheuer steht seit 1999 vor dem Zeitgeschichtlichen Forum und wurde dort bereits beschmiert. Bildrechte: imago images / Steinach

Aus Sicht der Direktorin zeigt die Skulptur zwar "die Diffamation durch die Diktaturen des 20. Jahrhunderts". Mit der friedlichen Revolution sei dieser Schritt eigenlich schon abgeschlossen, so Bretschneider. Aber: "Sie mahnt, dass wir Demokratie schützen und dass wir an Demokratie arbeiten."

Jubiläumsfeier und neue Ausstellung

Am 9. November wird das 25. Jubiläum des Zeitgenössichen Forums mit einer Jubiläumsfeier begangen. Es folgen bis zum Jahresende weitere Veranstaltungen, wie ein Museumsfest für die ganze Familie am 13. Oktober oder das Gesprächs-Forum "Ostflimmern. Wir Wende-Millennials", das sich an die nach der Wiedervereinigung Geborenen wendet.

Die frühen Digedags auf einem Titelbild des Mosaiks
Die Ausstellung zu der Comic-Reihe "Mosaik" mit den Digedags zog 2012 besonders viele Besucher. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Und dann geht auch schon die tägliche Arbeit weiter. So plant das Museum ein weiteres Kapitel der erfolgreichen Ausstellung zum DDR-Comic "Mosaik" im nächsten Jahr, kündigt Bretschneider an. Die Ausstellung war 2012 besonders erfolgreich. Jetzt wolle man den "Bestand im Haus noch mal neu lesen".

Uta Bretschneider - Direktorin Zeitgeschichtliches Forum Leipzig,  Haus der Geschichte der Bundesrepublik 7 min
Uta Bretschneider - Direktorin Zeitgeschichtliches Forum Leipzig, Haus der Geschichte der Bundesrepublik Bildrechte: Oliver Niemeier
7 min

Uta Bretschneider über 25 Jahre Zeitgeschichtliches Forum

MDR KULTUR - Das Radio Mi 09.10.2024 12:29Uhr 07:01 min

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Quellen: MDR KULTUR (Annett Mautner), Zeitgeschichtliches Forum Leipzig
Redaktionelle Bearbeitung: lm

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 09. Oktober 2024 | 12:10 Uhr

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