Der Erfinder des legendären DDR-Comics «Mosaik», Johannes Hegenbarth (Hannes Hegen), 2012
Der Grafiker und Karikaturist Hannes Hegen gründete das Mosaik-Heft im Jahr 1955. Bildrechte: picture alliance / dpa | Hendrik Schmidt

DDR-Comic Mosaik Nach 62 Jahren: Verloren geglaubtes Digedags-Heft wird veröffentlicht

22. April 2025, 11:21 Uhr

Im Nachlass des Grafikers und Comiczeichners Hannes Hegen sind zwei verschollen geglaubte Hefte der "Digedags" aufgetaucht. Der Verlag Mosaik Steinchen für Steinchen veröffentlicht eines der beiden Hefte mit dem Titel "Das Duell an der Newa" anlässlich Hegens 100. Geburtstags am 16. Mai. Die beiden Episoden sind laut Verlag Anfang der 1960er-Jahre entstanden und damals aus inhaltlichen Gründen der Zensur der DDR zum Opfer gefallen. Nun sind sie in Leipzig wieder aufgetaucht.

Zwei Manuskripte der Comic-Zeitschrift Mosaik sind im Nachlass des Zeichners Hannes Hegen entdeckt worden. Das bestätigte der Mosaik Steinchen für Steinchen Verlag in Berlin auf Nachfrage von MDR KULTUR. Die Entwürfe seien bereits 1963 entstanden, aber aufgrund von Kritik seitens des Verlags Junge Welt nie erschienen. Eine der beiden Ausgaben soll nun am 16. Mai nachträglich veröffentlicht werden – an dem Tag, an dem Mosaik-Erfinder Hannes Hegen 100 Jahre alt geworden wäre.

Die erscheinen ganz genauso, wie sie damals auch erschienen sind.

Robert Löffler, Mosaik-Verlag

Seite aus einem Comic
Eine Seite aus "Duell an der Newa": Die Digedags verschlägt es ins Sankt Petersburg des 19. Jahrhunderts. Bildrechte: Mosaik Steinchen für Steinchen Verlag

Dass die beiden Comic-Manuskript jetzt fertiggestellt werden, ist zwei privaten Sammlern zu verdanken, erklärte Robert Löffler vom Mosaik-Verlag bei MDR KULTUR. Ein Fan aus Leipzig habe vor einigen Jahren die Manuskripte von Hannes Hegens Erben erhalten und nach Zeichnern gesucht, die die Hefte umsetzen könnten.

Für Sammler und Fans dürften die Hefte Nostalgiewert haben, wie Verlagssprecher Robert Löffler erläutert: "Die erscheinen ganz genauso, wie sie damals auch erschienen sind – also als 24-seitiges Heft, auf etwas rauerem Papier mit leichtem Gelbton. So, wie Hefte damals aussahen."

Blick in ein Mosaikheft.
Neuauflage mit Nostalgiefaktor: Das neue Mosaikheft soll an optisch an die alten Ausgaben erinnern. Bildrechte: MDR/Katharina Häckl

Konflikt mit der Zensur der DDR

Der zu DDR-Zeiten staatliche Verlag Junge Welt, der auch der FDJ nahe stand, habe die beiden Comic-Bände nicht nur aufgrund ihrer zu klamaukigen Handlung kritisiert, sondern auch, weil zu wenig Fokus auf die Errungenschaften der Arbeiter gelegt worden sei: Das Heft mit dem Titel "Das Duell an der Newa" drehte sich um verschiedene Erfinder der Weltgeschichte, die "eher dem gehobenen Bürgertum entstammten und nicht die Leistungen der Arbeiterklasse verkörperten", erklärte der Sprecher des Mosaik-Verlages, Robert Löffler.

Der Junge Welt Verlag habe damals "massiv Druck auf Hannes Hegen ausgeübt", so Löffler, "sodass dieser sich schließlich veranlasst sah, das Konzept zu ändern und mit der Runkel-Serie einen mittelalterlichen Comic-Roman auf den Spuren Marco Polos auf den Weg zu bringen." Damit sei es ihm gut möglich gewesen, die tagespolitischen Vorgaben der Verlagsleitung zu umschiffen."

Kultur

Mosaik-Comiczeitschriften aus Ungarn, den Niederlanden und England (l-r). 3 min
Die Mosaik-Hefte fanden auch Fans außerhalb Deutschlands. Bildrechte: picture alliance/dpa | Waltraud Grubitzsch
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Comic-Zeichner Hannes Hegen entwarf 1963 zwei Digedags-Hefte, die nie veröffentlicht wurden. Nun wird eines der beiden Hefte erstmals erscheinen. Im Audio spricht Robert Löffler vom Mosaik-Verlag über die Hintergründe:

MDR KULTUR - Das Radio Di 22.04.2025 11:30Uhr 03:18 min

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Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Ex-Mosaik-Zeichner vollenden Arbeit von Hannes Hegen

Die Erfinderserie, zu der "Das Duell an der Newa" zählen sollte, wurde 1964 abgebrochen und angefangene Arbeiten sowie Manuskripte in Hannes Hegens Archiv aufbewahrt. Die unveröffentlichte Episode wurde auf Basis dieser Vorlagen von den beiden ehemaligen Mosaik-Zeichnern Ulf S. Graupner und Steffen Jähde umgesetzt.

Als römische Boten stehen die Comicfiguren Dig, Dag und Digedag (v.r.n.l.) in einer Vitrine des Stadtmuseums Eisenberg (Saale-Holzland-Kreis).
Die Digedags nehmen den Leser mit auf eine Welt- und Zeitreise, zum Beispiel ins antike Rom. Bildrechte: picture alliance/dpa | Jan-Peter Kasper

Mosaik erscheint seit 1955 und ist damit die älteste deutschsprachige Comic-Reihe. Die Hefte erfreuten sich vor allem während der Zeit der SED-Diktatur großer Beliebtheit. Die Abenteuer der drei Kobolde Dig, Dag und Digedag füllten 229 Hefte, bis sie von den neuen Comic-Helden, den Abrafaxen, abgelöst wurden.

Das «Mosaik»-Heft mit dem Titel «Duell an der Newa»
Nach 62 Jahren wird "Das Duell an der Newa" schließlich veröffentlicht. Bildrechte: picture alliance/dpa/Mosaik Steinchen für Steinchen Verlag

Zeitgeschichliches Forum Leipzig hat Nachlass

Hannes Hegen war Mitbegründer des Mosaik-Heftes, verließ die Redaktion aber aufgrund von Konflikten mit dem Junge Welt Verlag im Jahr 1975. Hegen starb 2014 in Berlin. Ein großer Teil des künstlerischen Nachlasses des legendären Zeichners liegt beim Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig, das aktuell eine Ausstellung zu Mosaik plant.

Quellen: dpa, MDR KULTUR (Karolin Dörner)
Redaktionalle Bearbeitung: tis

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 22. April 2025 | 11:30 Uhr

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