Rassismus Hortkinder in Pirna legen Hakenkreuze aus Bausteinen - so reagiert die AWO
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25. Juli 2024, 19:32 Uhr
In einem Hort in Pirna haben Grundschüler Hakenkreuze aus Bau- und Kieselsteinen gelegt und rassistische Zeilen gesungen. Die AWO als Träger des Hortes ist entsetzt und hat die Polizei eingeschaltet.
In einem Grundschulhort in Pirna haben vier Kinder im Alter von neun bis elf Jahren aus Bauklötzern und Kieselsteinen Hakenkreuze gelegt. Der Vorfall habe sich am 5. Juli ereignet, wie die Arbeiterwohlfahrt (AWO) als Träger der Einrichtung auf Anfrage von MDR SACHSEN mitteilte. Zuerst hatte die "Sächsische Zeitung" berichtet.
Rassistische Parole zu L’amour toujours - Praktikant suspendiert
AWO-Pressesprecher Christopher Colditz teilte weiter mit, die Einrichtung habe nach Bekanntwerden der Vorfälle unverzüglich die Polizei informiert, da es sich um eine Straftat handele. Diese habe noch am selben Tag mit den betroffenen Kindern und Eltern gesprochen.
"In den daraufhin mit den Kindern geführten Gesprächen wurde den Mitarbeiter*innen des Hortes und der Polizei eine weitere Situation geschildert, welche sich am 1.07. oder 2.07.2024 ereignete", so Colditz weiter. "Das Lied "L'Amour toujours" von DJ Gigi D Agostino wurde in einem Gruppenraum des Hortes abgespielt. Die Kinder sangen die rassistische Parole 'Ausländer raus!' auf die Melodie des Liedes."
Das Lied sei auf Bitten der Kinder in eine Playlist aufgenommen worden. Da es nicht verboten ist, habe ein betreuender Praktikant das Lied eingefügt. Die Kinder sangen daraufhin die rassistische Parole. Pressesprecher Colditz: "Ein unmittelbares Melden des Vorfalls durch den Ferienjobber blieb aus. Mit dem Bekanntwerden des Vorfalls wurde der Ferienjobber unmittelbar suspendiert und ist seitdem nicht mehr für die AWO tätig."
Die Polizei ermittelt inzwischen nach eigenen Angaben wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Da die Kinder jedoch strafunmündig sind, entscheidet die Staatsanwaltschaft über deren Fortgang.
Hort-Träger AWO über Vorfälle schockiert
Die AWO ist über die Vorgänge schockiert. Im Hort "Am Friedenspark" habe es bisher nie Vorfälle mit rechtsextremem Hintergrund gegeben. Der Wohlfahrtsverband stehe für soziale Gerechtigkeit, Solidarität, Toleranz und Freiheit. Man dulde keinen Rechtsextremismus. Zu Beginn des neuen Schuljahres plane man eine Elternversammlung, um die Vorfälle aufzuarbeiten.
Jedes Kind und jede Familie, egal welcher Herkunft, soll sich in unseren Einrichtungen wohlfühlen und gleichsam wertgeschätzt werden. Wir dulden aus diesem Grund in unseren AWO Einrichtungen in keiner Form nationalsozialistische sowie menschenverachtende und rechtsextreme Texte, Zeichen und Symbole.
Grüne und Linke fordern mehr demokratische Bildung
Auch die Grünen im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sind entsetzt. Dieses Beispiel verdeutliche, dass Kinder vor rechtsextremer Instrumentalisierung nicht sicher seien, teilte Landtagskandidat Paul Löser mit. "Wir brauchen eine stärkere politische und demokratische Bildung bereits im Grundschulalter." Man dürfe nicht vergessen, dass Rechtsextremismus ein gesamtgesellschaftliches Problem ist, so Löser weiter.
Ähnlich äußerten sich am Donnerstag auch die Linken. Die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag, Luise Neuhaus-Wartenberg, forderte mehr entsprechende Projektarbeit in den Schulen. Kita-und Schulpersonal müsse ermutigt werden, nicht wegzuschauen. Die Linken-Politikerin sieht zugleich Eltern und Staatsregierung in der Pflicht dafür zu sorgen, "dass im Freistaat Demokratinnen und Demokraten heranwachsen und keine Verfassungsfeinde".
Spannungen mit AfD-nahem Oberbürgermeister
In Pirna ist das gesellschaftliche Klima angespannt. Seit Februar dieses Jahres ist der parteilose, aber von der AfD aufgestellte Handwerker Tim Lochner als Oberbürgermeister im Amt. Die AfD gilt in Sachsen als gesichert rechtsextrem.
Im Mai hatte sich ein Streit zwischen Lochner und der örtlichen Marienkirche entspannt. Weil er sich an der gehissten Regenbogenfahne auf dem Kirchturm störte, postete er im Internet: "Wenn wir ganz tief recherchieren, werden wir Belege finden, dass auch Fahnen mit Kreuz und Haken an der Marienkirche hingen... Kurz: es war Staatskirche, es ist Staatskirche." Der Kirchenvorstand hatte sich dagegen verwahrt, Lochner löschte den Post.
Mitte Juli hatten sich Tausende Demonstranten aus dem gesamten Bundesgebiet in Pirna zum CSD getroffen, um ein Zeichen für Toleranz zu setzen.
MDR (dkö/lus)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Dresden | 25. Juli 2024 | 07:30 Uhr