Ein Mann mit dunkelblauer Jacke zeigt auf eine gelb-weiße Wand. 1 min
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Politische Meinungen nicht nur durchklicken, sondern auch mit echten Menschen ins politische Gespräch kommen - das ist der Ansatz des analogen Wahl-O-Mats, der am Freitag seine Premiere in Dresden erlebte.

MDR FERNSEHEN Fr 07.02.2025 17:28Uhr 01:16 min

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Bundestagswahl 2025 Analog statt digital: Der Wahl-O-Mat zum Anfassen

07. Februar 2025, 20:23 Uhr

Politische Meinungen nicht nur durchklicken, sondern auch mit echten Menschen ins politische Gespräch kommen: Das ist der Ansatz des analogen Wahl-O-Maten. Am Freitag erlebte er seine Premiere in einem Einkaufszentrum in Dresden. Die nächste Station ist am Sonnabend Görlitz – und später Leipzig, Freiberg, Hoyerswerda und Chemnitz.

Stellen wir uns vor, wir diskutieren politisch wieder von Angesicht zu Angesicht, in Echtzeit mit echten Menschen und auch verschiedenen Meinungen. Wir schreien dabei nicht, gucken vielleicht skeptisch, fragen nach, doch werfen keine diffamierende Schimpftirade über unser Gegenüber. Menschen kommunizieren analog, ohne dass die Fetzen fliegen. Das ist grob und etwas pathetisch umrissen das Konzept des analogen Wahl-O-Maten, der seit Freitag durch Sachsen tourt.  

Aufkleber signalisieren Zustimmung und Ablehnung

"Mit dem analogen Bruder des digitalen Wahl-O-Maten wollen wir einladen, miteinander ins Gespräch zu kommen, politische Themen zu vergleichen und im besten Fall zu einer Wahlentscheidung zu gelangen", erklärt Thomas Platz, Sprecher der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen.

Wie beim digitalen Modell könne man zu 38 Thesen seine Zustimmung, Ablehnung und auch Neutralität signalisieren. "Jeder bekommt einen Bogen mit Aufklebern. Am Ende bleibt darauf eine Art Lochkarte übrig, die vom Scanner ausgelesen wird. Anhand der übrig gebliebenen Aufkleber errechnet der Computer die Übereinstimmungen mit den Parteien."

Ein analoger Wahl-O-Mat in einem Einkaufszentrum.
Mathis Harsdorf aus Dresden zeigt die Stickerbögen, mit denen das politische Positionen-Spiel beginnt. Bildrechte: MDR/ Katrin Tominski

Mit dem analogen Bruder des digitalen Wahl-O-Maten wollen wir einladen, miteinander ins Gespräch zu kommen, politische Themen zu vergleichen und im besten Fall zu einer Wahlentscheidung zu gelangen.

Thomas Platz Sprecher Landeszentrale für politische Bildung Sachsen

Politische Meinung auf einem Blick

Die aufgeklebten Punkte an den Plakatwänden wiederum lassen mit einem Blick erkennen, bei welchen Fragen Zustimmung oder Ablehnung dominiert. Kleben beispielsweise unter der Frage "Soll Deutschland die Ukraine weiterhin militärisch unterstützen vor allem rote Punkte, signalisiert das in Mehrheit eine Ablehnung und umgekehrt eine Zustimmung bei grünen Punkten.

Ein analoger Wahl-O-Mat in einem Einkaufszentrum.
Gemeinsam für die politische Orientierung: Der analoge Wahl-O-Mat lädt zum Gespräch ein. Bildrechte: MDR/ Katrin Tominski

Emil (18) ist der erste Nutzer

Der 18-jährige Emil ist der erste Nutzer des analogen Wahl-O-Maten in der Dresdner Centrum-Galerie. "Ich habe die Thesen online schon geklickt", erklärt er MDR SACHSEN. "Doch hier sind die Meinungen sichtbar. Man sieht, was die anderen denken und man kann mit ihnen darüber sprechen. Das ist für mich Demokratie."

Aufmerksam studiert Emil alle Thesen. Rüstungsexporte nach Israel lehnt er ab. "Meiner Meinung nach soll es keine Rüstungsexporte nach Israel geben", argumentiert er MDR SACHSEN. "Einerseits ist die israelische Armee gut ausgerüstet. Andererseits ging der Einsatz weit über Selbstverteidigung hinaus. Es gab viel Kritik, bis hin zum Genozid, daran sollte Deutschland nicht beteiligt sein."

Ein analoger Wahl-O-Mat in einem Einkaufszentrum.
Emil hat sich schon am digitalen Wahl-O-Maten probiert, jetzt ist er anlog unterwegs. Bildrechte: MDR/ Katrin Tominski

Hier sind die Meinungen sichtbar. Man sieht, was die anderen denken und man kann mit ihnen darüber sprechen. Das ist für mich Demokratie.

Emil Nutzer des Wahl-O-Maten in Dresden

Nein zur Schuldenbremse

Emil hat sich augenscheinlich schon intensiv mit wichtigen Fragen beschäftigt, auch zur Schuldenbremse hat der 18-Jährige eine dezidierte Meinung. "Ich verstehe den Ansatz, den jüngeren Generationen keine enorme Last von Schulden zu übergeben", erklärt er. "Doch staatlich Schulden sind nicht komplett mit privaten Schulden gleichzusetzen. Wenn wir jetzt neu investieren, können wir der schwankenden Industrie helfen."

Als Emil fertig ist, sind alle gespannt, welches Ergebnis bei ihm herauskommt. Bereitwillig teilt er es. Ganz vorn kommen die Piraten mit 79,7 Prozent, gefolgt von den Linken mit 75 Prozent Übereinstimmung. Den geringsten Posten nimmt die AfD mit 31 Prozent ein. "Ich bin stolz auf die niedrigen AfD-Werte", sagt er. "Es kann ruhig jeder wissen, dass ich gegen rechtspopulistische Parteien bin."

Ein analoger Wahl-O-Mat in einem Einkaufszentrum.
Der große Moment: Gleich kommt das Ergebnis von Emil. Bildrechte: MDR/ Katrin Tominski

Keine Wahlempfehlung

Matthis Strobel ist 19 Jahre, absolviert sein Freiwilliges Soziales Jahr bei der Landeszentrale für politische Bildung und ist großer Fan des analogen Wahl-O-Maten. "Ich finden den digitalen Wahl-O-Mat eh‘ schon super. Den habe ich auch schon immer genutzt", erklärt der junge Politikinteressierte. "Anfangs war ich sehr neugierig, wie das Ganze analog funktionieren soll. Wir haben hier das tolle System mit den Sticker-Bögen und das ist einfach witzig."

Das niedrigschwellige Angebot würde sich auch für Leute eignen, die sonst nicht so viel mit Politik zu tun haben. Natürlich sei es keine Wahlempfehlung, sondern vor allem ein Angebot zur Orientierung. "Der analoge Wahl-O-Mat bringt die Menschen ins Gespräch, das finde ich toll daran", erklärt der 19-Jährige.

EIn analoger Wahl-O-Mat in einem Einkaufszentrum.
Willst Du mit mir wählen gehen? Wer kann hier noch Nein sagen. Bildrechte: MDR/ Katrin Tominski

Wir haben hier das tolle System mit den Sticker-Bögen und das ist einfach witzig.

Matthis Strobel FSJler Landeszentrale für politische Bildung Sachsen

Elf Landeszentralen auf Tour

Platz glaubt an den analogen Wahl-O-Maten. "Wir haben das Projekt schon vor sechs Jahren bei der Landtagswahl ausprobiert, damals sind wir direkt in die Schulen gegangen", erklärt der Sprecher. Das sei dieses Jahr zwar nicht dezidiert geplant, doch Schulklassen dürften gern an den nächsten Stationen vorbeikommen.

Insgesamt elf Landeszentralen touren Platz zufolge mit dem analogen Wahl-O-Maten durch die Lande. Die Thesen seien die gleichen wie beim digitalen Automaten. In einem Workshop seien sie mit Experten aus Wirtschaft und Gesellschaft erarbeitet und von der Universität Düsseldorf begleitet worden. Dabei sei es auch darum gegangen, eine möglichst große Breite von Themen abzudecken sowie die Parteien voneinander abgrenzen zu können. Auch aktuelle Diskurse seien eingeflossen. Platz hofft auf rege Teilnehme. "Alle Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen, und zu besuchen und miteinander ins Gespräch zu kommen."

Ein analoger Wahl-O-Mat in einem Einkaufszentrum.
Wer noch weiterlesen und sich informieren möchte, findet am Stand genug Material. Bildrechte: MDR/ Katrin Tominski

Weitere Stationen in Sachsen:

  • 8. Februar 2025: Görlitz (Neiße Park, Nieskyer Straße 100, 11 bis 17 Uhr)
  • 13. Februar 2025: Leipzig (Freizeittreff "Völkerfreundschaft", Stuttgarter Allee 9, 13 bis 18 Uhr)
  • 14. Februar 2025: Freiberg (Kinopolis, Chemnitzer Straße 133, 14 bis 20 Uhr)
  • 15. Februar 2025: Dresden (Elbepark, Peschelstraße 33, 13 bis 18 Uhr)
  • 19. Februar 2025: Dresden (Residenzschloss, Taschenberg 2, 10 bis 17 Uhr)
  • 20. Februar 2025: Hoyerswerda (Lausitz-Center, Lausitzer Platz 1-3, 13 bis 19 Uhr)
  • 21. Februar 2025: Chemnitz (Neefepark, Im Neefepark 3, 13 bis 19 Uhr)

MDR (tomi)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten aus dem Regionalstudio Dresden | 07. Februar 2025 | 18:00 Uhr

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