Eine Straßenbahn steht auf einem Tieflader.
Fertig für die Autobahn: Per Tieflader ging einer Dresdner Tatra-Bahn auf ihre vermutlich letzte Fahrt ins Osterzgebirge. Bildrechte: MDR/L. Müller

Abschied Ausrangierte Dresdner Tatra-Straßenbahn kommt auf Gnadenhof

29. Januar 2024, 15:45 Uhr

Auf ihrer letzten Reise durfte der Dresdner Tatra-Wagen mit der Nummer 224 267 sogar noch einmal auf die Autobahn. Auf einem Schwerlasttransporter ging es am Montag über die A17 nach Börnchen, einem Ortsteil von Glashütte im Osterzgebirge. Dort wird die ausrangierte Straßenbahn bei den Tierrettern des Vereins "Muhrielle" ihren vermutlich letzten Standort finden und als Klassenzimmer und Ausstellungsraum auf dem Gnadenhof dienen. Ein zweiter Zug geht an einen Dresdner Klub.

  • Für zwei ausrangierte Tatra-Straßenbahnen haben die Dresdner Verkehrsbetriebe Käufer gefunden, den Preis verraten sie aber nicht.
  • Ein Schulungs- und Ausstellungsraum soll in einem der Triebwagen bei einem Tierschutzverein eingerichtet werden.
  • Die Abgabe von ausrangierten Tatras an die Ukraine scheitert an hohen Transportkosten.

Die Ära der Tatra-Straßenbahnen aus der ČSSR ist in Dresden seit Juni 2023 Geschichte. Seither sind die Kult-Bahnen mit surrendem Sound und den leider viel zu steilen Einstiegstreppen aus dem Liniendienst verschwunden. Zwei Bahnen konnten die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) verkaufen. Sie wurden am Montag in aller Frühe vom Betriebshof Trachenberge abgeholt. Per Tieflader ging es für einen Triebwagen nach Börnchen im Osterzgebirge und für einen sogenannten Triebbeiwagen - mit Motor, aber ohne Führerstand - in den Dresdner Norden. Gekauft haben die Tatra-Wagen ein Tierschutzverein und ein Klub im Industriegelände.

Kaufpreis für ausrangierte Straßenbahnen bleibt geheim

Zum Kaufpreis schweigen die DVB. Ein Sprecher sagte, am teuersten dürfte der Transport sein. Und das konnten die Zuschauer am Montagmorgen im Betriebshof Trachenberge auch erahnen: Zwei Spezialfirmen waren mit Sattelzügen und einem Schwerlastkran angerückt. Einer der Triebwagen wurde zunächst rollend auf einen Sattelzug geschleppt, um die Straßenbahnhalle des Depots herum gefahren und dann mit einem Kran auf einen zweiten Sattelzug gehievt. Die Beteiligten meisterten ihre knifflige Aufgabe augenscheinlich mit viel Routine.

Eine gelbe Tatra-Bahn wird auf einen Tieflader gezogen.
Zunächst musste die Tatra-Bahn auf einen ersten Sattelzug. Bildrechte: MDR/L. Müller

Tatra wird Ausstellungsraum bei Tierrettern

Der Triebwagen, den sich der Verein Muhrielle sicherte, wird als Ausstellungs- und Schulungsraum auf dem Gnadenhof der Tierretter dienen, sagt Conny Böttger vom Verein. Dort können künftig interessierte Besucher oder Schulklassen mehr über die "ausgedienten" Nutztiere in Not erfahren. In Börnchen kümmern sich die Tierfreunde vor allem um Rinder, die ihren Lebensabend - manchmal auch nahezu ihr ganzes Leben - artgerecht und unter ihresgleichen auf ausgedehnten Weiden verbringen dürfen und laut Vereinssatzung keiner wirtschaftlichen Verwertung mehr zugeführt werden dürfen.

Viele Tiere stammten aus amtlichen Beschlagnahmungen, also aus schlechten Haltungsbedingungen, hieß es. Manche seien verletzt, krank oder auch verhaltensauffällig. Sie alle würden mit Hilfe von Spenden aufgepäppelt und in die Herde des Gnadenhofes integriert.

Abgabe an Ukraine scheitert an Transportkosten

Der Dresdner Klub, der den zweiten Tatra-Wagen gekauft hat, will zu einem späteren Zeitpunkt über die konkrete Zukunft der gelben Straßenbahn informieren, hieß es von den DVB. Wie weiter zu erfahren war, hatten sich ursprünglich viel mehr Vereine und Institutionen für die ausrangierten Straßenbahnen interessiert, seien allerdings wegen der hohen Transportkosten nach und nach abgesprungen.

Wegen genau dieser Kosten sei auch ein angedachter Verkauf von fünf Straßenbahnen in die Ukraine nicht umsetzbar gewesen, hieß es von den Verkehrsbetrieben. Fünf Waggons gingen deshalb den Weg des alten Eisens, wurden ausgeschlachtet und verschrottet. Einen kompletten Zug aus drei Wagen hat das Straßenbahnmuseum in Trachenberge für Sonderfahrten übernommen. Dort werden von nahezu jeder Dresdner Straßenbahn-Generation Fahrzeuge erhalten und zu den Museumstagen abwechselnd auf Strecke geschickt.

Trauer weicht Platz für Neues

Bevor die gelbe Tatra 224 267 nach 47 Dienstjahren in Dresden Richtung Osterzgebirge vom DVB-Hof rollte, sagte Straßenbahnfahrer Henry Susa, es sei schon ein wenig Trauer dabei. Immerhin hat er mehr als 30 Jahre lang die Tatra-Züge durch Elbflorenz und bis hinaus nach Weinböhla gesteuert. Seine letzte Tatra-Fahrt datiert auf den 3. Juni 2023 - und das war schon eine gecharterte Sonderfahrt. Susa, der sich in seiner Freizeit ebenfalls bei den Tierrettern engagiert, betonte aber auch, die Zeiten änderten sich und nun seien moderne Niederflurbahnen das Maß der Dinge. Übrigens auch von Dresdens Nachwende-Stadtbahnen aus den 1990er-Jahren sind die ersten bereits auf dem Abstellgleis und werden demnächst zerlegt.

Ein Mann und eine Frau stehen vor einer Straßenbahn.
Henry Susa und Conny Böttger haben den Transport der Straßenbahn organisiert. Bildrechte: MDR/L. Müller

Von den legendären Tatras haben die DVB immerhin noch acht Dienstfahrzeuge im Bestand - für die Schneeräumung, das Schienenschleifen und die Oberleitungskontrolle. Zudem rücken zu den Museumsfahrtagen immer wieder alte Tatras in Trachenberge zu öffentlichen Fahrten aus. Fans mit Kameras stehen dann in der ganzen Stadt verteilt und erwarten die Sonderzüge.

MDR (lam)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Dresden | 29. Januar 2024 | 16:30 Uhr

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