Ausrangiert Dresden schickt Tatra-Straßenbahnen endgültig ins Museum
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03. Juni 2023, 05:30 Uhr
Ursprünglich sollten die Tatra-Straßenbahnen in Dresden schon längst aus dem Fahrgastbetrieb verschwunden sein. Doch die verzögerte Zulassung der neuen Stadtbahnwagen hat die robusten Bahnen bislang unverzichtbar gemacht. Am Sonnabend aber ist nach 56 Jahren endgültig Schluss. Ein sogenannten Großzug aus zwei Triebwagen und einem Beiwagen mit Motor wird im Straßenbahnmuseum fahrtüchtig erhalten. Sonst sind Tatras in Dresden nur noch als Dienstfahrzeuge und Kinderstraßenbahn "Lottchen" unterwegs.
- Dresden führte als erste DDR-Stadt die tschechoslowakischen Tatra-Straßenbahnen ein.
- Modernisierung der Waggons in den 1990er Jahren erfolgt bei den DVB in eigenen Werkstätten.
- Am Sonnabend können Fans in Dresden ausgiebig Abschied von den Tatras nehmen.
Das Ende einer Ära: Die Tatra-Straßenbahn mag zwar viele Fans haben. Wer aber mit Gepäck oder Kinderwagen unterwegs ist oder in seiner Mobilität eingeschränkt, für die oder den sind die drei steilen Einstiegsstufen womöglich unüberwindbare Hindernisse. Nicht zuletzt deshalb rollen am Sonnabend die Trambahnen aus tschechoslowakischer Produktion in Dresden endgültig aufs Abstellgleis. Im Fahrgastbetrieb rollen fortan nur noch Niederflur-Stadtbahnen verschiedener Bauserien, haben sich die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) fest vorgenommen.
Seit 2010 waren Tatras nur noch als Verstärker- oder als Ersatzzüge im Einsatz, unter anderem auf der Linie zur Technischen Universität. Einer dieser gelben Tatra-Züge aus drei gekuppelten Waggons bleibt für Sonderfahrten im Straßenbahnmuseum Dresden erhalten. Am Mittwoch wurde der Zug offiziell dem Museumsverein übergeben.
Seit 1969 im täglichen Linienbetrieb
Aus diesem Anlass erinnertem die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) daran, dass der Straßenbahntyp mit dem technischen Namen T4D im Jahr 1967 in der DDR zuerst in Dresden eingeführt wurde. Nach zwei Testjahren gingen diese Tatras im Dezember 1969 auf der Linie 7 in den planmäßigen Betrieb - anfangs in rot-beiger Lackierung. Die Tatras lösten nach und nach die Vorkriegsstraßenbahnen und kleinere Lowa- und Gotha-Wagen aus DDR-Produktion ab. Torsten Bauch vom Straßenbahnmuseum nennt das rückblickend auch Quantensprung. "Wir konnten mehr als 400 Leute mit einem Fahrer befördern." Das war vor allem im Berufsverkehr wichtig.
Zudem konnten die Tatras schneller beschleunigen und damit die Fahrzeiten verringern. Insgesamt 572 Triebwagen und 249 motorlose Beiwagen wurden aus den Prager ČKD-Werken nach Dresden geliefert. Der offizielle Linieneinsatz begann nach den Unterlagen des DVB-Sprechers Falk Lösch am 17. Februar 1969 auf der Linie 7 zwischen Wölfnitz und Weixdorf.
Dresdner modernisierten ihre Tatras selbst
In den 1990er Jahren wurden viele Fahrzeuge von den Dresdner Verkehrsbetrieben selbst in eigenen Werkstätten technisch modernisiert, was zugleich in der schwierigen Nachwendezeit Arbeitsplätze sicherte.
Polsterbezüge über die Plastiksitze
Die roten und grauen Plastiksitze wurden zuerst nur gelb gestrichen und später auch mit Polstern überzogen. Die Bahnen selbst erhielten neuen Lack in der Dresdner Stadtfarbe Gelb mit braunen Zierleisten, digitale Anzeigen und automatisierte Haltestellen-Ansagen. Der erste Umbau-Prototyp mit noch recht kantigen Anzeigen ist inzwischen verschrottet.
Das markante Klingeln vor der Abfahrt und die vierteiligen Falttüren blieben in der Dresdner Umbauvariante erhalten. Damit behielten die Dresdner Tatras bis zu ihrem Einsatzende im Mai 2023 ihr typisches "Gesicht" und waren unverwechselbar.
Große Reise in den Osten
Mit sinkenden Fahrgastzahlen in den Neunzigern und der Inbetriebnahme der Stadtbahnwagen schieden erste Tatras in Dresden wie in anderen ostdeutschen Städten aus. Etliche Fahrzeuge konnten die DVB nach Rumänien, Ungarn, Russland, Kasachstan und Nordkorea verkaufen, wo die Straßenbahnen teilweise noch immer fahren sollen.
Abschiedsfahrten durch Dresden
Alle Fans der Dresdner Tatras können am Sonnabend, 3. Juni, noch einmal ausgiebig das Fahrgefühl dieser Straßenbahnen erleben und genießen und sich vielleicht nochmals an den Namen erinnern, den der Volksmund den Tatras in Anspielung auf den Prager Frühling 1968 auch schon einmal gab: "Dubčeks letzte Rache".
Tatra-Treff am Postplatz
Ab 14 Uhr versammeln sich alle betriebsfähigen Tatras inklusive der Werkstattfahrzeuge und der Kinderstraßenbahn "Lottchen" am Postplatz. Es folgt unter dem Motto "Fahrt ins Gelbe" eine Sternfahrt in verschiedene Stadtteile und ab 16 Uhr Rundfahrten, die etwa ein Stunde dauern. Gegen 22 Uhr sollen die Tatras endgültig ins Depot rollen und nur noch für technische Einsätze oder zu Sonderfahrten ausrücken.
Für die verbliebenen sieben gelben Tatras, die nicht ins Straßenbahnmuseum kommen, gibt es den Angaben zufolge verschiedene Interessenten, darunter auch das Verkehrsmuseum Dresden. Es sei denkbar, dass Fahrzeuge in Werkstattwagen umgerüstet werden, hieß es. Im Linienverkehr, so der feste Plan der DVB-Spitze, sollen sie aber nun definitiv nicht mehr fahren. Allerdings ist der gelbe Tatra-Zug des Straßenbahnmuseums am Sonntag schon für die erste Sonderfahrt gebucht und schon wieder auf Dresdens Straßen unterwegs.
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus Dresden | 31. Mai 2023 | 16:30 Uhr