
Nach Großeinsatz in Riesa im Januar Proteste gegen AfD-Parteitag: Sachsens Innenminister räumt Fehler bei Polizeieinsatz ein
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22. April 2025, 17:12 Uhr
Mehrere Tausend Polizisten waren am 11. und 12. Januar in Riesa im Einsatz, um den AfD-Bundesparteitag und die Gegenproteste mit rund 20.000 Menschen abzusichern. Es gab viel Kritik und Entsetzen wegen einzelner Polizeiaktionen an dem Tag. Deshalb schickte die Linke mit einer Großen Anfrage einen Fragenkatalog an Sachsens Regierung. Den hat der Innenminister jetzt auf 70 Seiten beantwortet und sagt, welche Fehler in teils unübersichtlichen Situationen gemacht wurden und was besser laufen soll.
- Innenminister Schuster beantwortet 161 Fragen der Linken zum Polizeieinsatz und verweist auf Schwachstellen.
- Nachdem ein Video viral ging: Ermittlungen gegen Diensthundeführer laufen.
- Polizeigewalt gegen Linken-Politiker und Parlamentarischen Beobachter: Strafrechtliche Ermittlungen wegen Körperverletzung im Amt.
Das sächsische Innenministerium hat Fehler beim Einsatz rings um den Bundesparteitag der AfD Mitte Januar in Riesa eingeräumt. Das geht aus den Antworten von Innenminister Armin Schuster (CDU) hervor, der eine Große Anfrage der Linken beantwortete (Drucksache 8/1269). Am 11. und 12. Januar hatte die Polizeidirektion Dresden einen Großeinsatz mit 3.800 Beamten zu verantworten, die den Bundesparteitag der AfD und Gegenproteste und Versammlungen absicherten.
Sowohl die Veranstalter der Proteste gegen die AfD als auch die AfD hatten den Polizeieinsatz aus ihren jeweiligen Blickwinkeln kritisiert. Die Linke hatte 161 Fragen zum Polizeieinsatz an Sachsens Regierung geschickt.
Kommunikationsfehler und Missverständnisse
In der Antwort schreibt Innenminister Schuster: Vor dem Großeinsatz habe die Polizei zum Beispiel nicht ausreichend bedacht, dass Gegendemonstranten den für AfD-Abgeordnete gedachten Shuttle-Parkplatz vor dem Finanzamt Oschatz - in Riesas Nachbarstadt - besetzen würden. Auch habe es während des Einsatzes Missverständnisse gegeben, weil Polizisten aus anderen Bundesländern keine ausreichenden Ortskenntnisse in Riesa gehabt hätten. Dass die Polizei eigene Fehler einräume, hielt der innenpolitische sprecher der Linken, Rico Gebhardt, nicht für selbstverständlich.
Die Polizei räumt – was immer noch nicht selbstverständlich ist – auch eigene Fehler ein.
Ermittlungen gegen 1.400 Beteiligte
Im Verlauf des 11. Januars wurden 102 Straftaten erfasst, ermittelt wird gegen mehr als 1.400 Beteiligte - hauptsächlich wegen Landfriedensbruchs und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte bei Straßenblockaden. 30 Blockade-Aktionen hatte es gegeben.
Zahlen und Fakten zum Großeinsatz (zum Aufklappen)
- Insgesamt waren 3.800 Polizistinnen und Polizisten aus zwölf Bundesländern und dem Bund im Einsatz in Riesa. Von diesen waren rund rund 1.550 sächsische Einsatzkräfte.
- Es waren auch 19 sogenannte Wiedererkenner, Spezialisten, die als Super-Recognizer bei der Gesichtswiedererkennung arbeiten, im Dienst sowie eine Drohnenabwehr, ein Hubschrauber, die Wasserschutzpolizei auf der Elbe, Polizeireiterstaffel und eine Hundestaffel.
- Rund 20.000 Gegendemonstranten aus Sachsen und dem Bundesgebiet waren laut Polizei nach Riesa gekommen.
- In der WT-Arena in Riesa hatten sich rund 600 Delegierte der in Teilen rechtsextremistischen AfD zum Bundesparteitag getroffen.
- In einer Gefahrenprognose sprachen die Behörden davon, dass bis zu 1.000 Linksextremisten als Gegendemonstranten anreisen könnten. Letztlich zählte das Innenministerium rund 100 Gewaltbereite unter den Demonstrierenden.
Ermittlungen gegen Diensthundeführer
Am Ende des Einsatztages 11. Januar ging ein Video in sozialen Medien viral: Es zeigte einen Diensthundeführer, der seinen Polizeihund auf einen Passanten hetzt und dabei in eine Leitplanke drückt. Auch aus Polizeikreisen* wurde Kritik daran laut. Wegen des Agieren des Polizeihundeführers hatte die Unabhängige Vertrauens- und Beschwerdestelle für die Polizei (UVBP) insgesamt 258 Appelle, Bitten und Forderungen bekommen. Auch beim Landestierschutzbeauftragten beschwerten sich neun Personen.
Laut Innenministerium waren an dem Einsatzwochenende 25 Diensthundeführer mit je einem Schutzhund zum Freihalten von abgesicherten Strecken im Einsatz - "alle Diensthunde sowie Hundeführer gehören der Polizei Sachsen an". Gegen den Hundeführer an der Brücke der B 169 sei ein "Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz, Sachbeschädigung und versuchter Körperverletzung im Amt eingeleitet" worden.
Polizeigewalt gegen Parlamentarischer Beobachter
Künftig will Sachsens Polizei auch die Kommunikation mit parlamentarischen Beobachtern verbessern. Was war geschehen? Der Linken-Landtagsabgeordnete Nam Duy Nguyen aus Leipzig war am 11. Januar als Parlamentarischer Beobachter unterwegs und hat nach dessen Angaben mit einem Begleiter an der Seite gestanden und das Demo-Geschehen beobachtet. "Sowohl mein Mitarbeiter als auch ich haben einen Schlag ins Gesicht bekommen. Ich bin daraufhin ohnmächtig zu Boden gefallen", sagte er nach dem Vorfall MDR SACHSEN.
Ein Verfahren wegen Körperverletzung im Amt dazu läuft noch. Weitere Details wurden in der Ministeriumsantwort nicht genannt.
Linke: Kein Fehlverhalten ihres Abgeordneten
"Das Innenministerium bestreitet auf unsere Nachfrage allerdings nicht, dass es sich um einen Fall übermäßiger Polizeigewalt handelte. Unserem Kollegen wurde und wird keinerlei Fehlverhalten zur Last gelegt", betont der innenpolitische Sprecher der sächsischen Linken, Rico Gebhardt.
MDR (kk/cst)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 22. April 2025 | 14:00 Uhr