Sitzung des Sächsischen Landtages
Das Abstimmungsverhalten der CDU im Landtag bei der Besetzung der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) stößt auf Kritik. Bildrechte: picture alliance/dpa/Robert Michael

Parlamentarische Arbeit Landtag wählt Geheimdienst-Gremium: Kritik an CDU-Stimmen für AfD

16. Januar 2025, 16:31 Uhr

Nur 21 Minuten hat der Sächsische Landtag gebraucht, um alle Gremien einzusetzen. Dazu gehört auch eine Institution, die den Verfassungsschutz kontrollieren soll. Die Wahl eines AfD-Abgeordneten stößt auf Kritik.

Im Eiltempo hat der Sächsische Landtag am Mittwoch seine Gremien und Ausschüsse eingesetzt. Zu Beginn wurden fünf Landtagsabgeordnete für die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) gewählt. Bis auf die Fraktion der Linken ist jede Fraktion vertreten. Das sind die Mitglieder: Ronny Wähner (CDU), Carsten Hütter (AfD), Bernd Rudolph (BSW), Albrecht Pallas (SPD) und Valentin Lippmann (Grüne).

Kontrollkommission soll Verfassungsschutz kontrollieren

Das Gremium hat die Aufgabe, die Aktivitäten der Landesregierung hinsichtlich der Aufsicht über das Landesamt für Verfassungsschutz zu kontrollieren – dazu gehören auch die Tätigkeiten des Landesamtes an sich. Die fünf PKK-Mitglieder können Sitzungen einberufen und Regierungsvertreter vorladen. Über die Inhalte und Informationen in den geheimen Sitzungen müssen sie schweigen.

SPD, Grüne und Linke stimmten gegen den AfD-Abgeordneten Hütter. Sie begründeten das damit, dass der sächsische AfD-Landesverband vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird. Die CDU stimmte neben dem BSW für Hütter. Auf Nachfrage hieß es, dass der Wählerwille bei der Besetzung der Ausschüsse zu berücksichtigen sei.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sören Voigt erklärte: "Solange diese Partei nicht verboten ist und diese Partei gewählt werden kann und von der Bevölkerung auch gewählt wurde, ist dieses Parlament natürlich auch Spiegelbild dieses Wahlergebnisses." Für die Wahl war die Mehrheit der Mitglieder des Landtages erforderlich.

Landtagsverwaltung: Gremium wäre mit vier Mitgliedern arbeitsfähig gewesen

Das Kontrollgremium wäre nach Auffassung der Landtagsverwaltung auch arbeitsfähig gewesen, wenn AfD-Politiker Hütter nicht mit den Stimmen der CDU gewählt worden wäre. Sprecher Ivo Klatte sagte auf Anfrage von MDR SACHSEN, dafür hätten die vier Mitglieder der anderen Mitglieder ausgereicht. Die Grundvoraussetzung – zwei Vertreter der Regierungs- und zwei Vertreter der Oppositionsseite – wäre gewährleistet gewesen.

Fassungslosigkeit in Berlin: CDU ermöglicht "Verfassungsfeinden" Zugang

"Die CDU hat heute ohne Not den Vertreter einer rechtsextremen Partei in das Kontrollgremium des sächsischen Verfassungsschutzes gewählt", sagte Grünen-Politiker Lippmann nach der Landtagssitzung. Damit konterkariere sie das Konzept der wehrhaften Demokratie. Mit ihrem Agieren ermögliche die CDU "Verfassungsfeinden den Zugang zu hochsensiblen Informationen". Der Grünen-Parteichef Felix Banaszak sagte: "Teile der CDU scheinen bereit zu sein, die Brandmauer zur AfD einzureißen - und das nur wenige Tage, nachdem Friedrich Merz eine Zusammenarbeit noch kategorisch und durchaus glaubwürdig ausgeschlossen hatte".

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese bei einer Bundstagssitzung
Dirk Wiese (SPD) warf der CDU mangelnde Abgrenzung von der AfD vor. Bildrechte: imago images/ Political-Moments

Die Brandmauer der CDU scheint mittlerweile eher ein Rolltor zu sein, das bei Bedarf hoch- und runtergelassen wird.

Dirk Wiese Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion

Der Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, sagte dem "Handelsblatt": "Es macht mich fassungslos, dass die CDU in Sachsen mit der AfD gemeinsame Sache macht." Auch Wiese warf der CDU mangelnde Abgrenzung vor: "Die Brandmauer der CDU scheint mittlerweile eher ein Rolltor zu sein, das bei Bedarf hoch- und runtergelassen wird." CDU-Chef Friedrich Merz habe "seinen Laden nicht im Griff".

Weitere Ausschüsse bestimmt

Neben der PKK wurden auch elf Fachausschüsse gewählt sowie die Mitglieder der G-10-Kommission. Der Name bezieht sich auf Artikel 10 des Grundgesetzes. Das Gremium überprüft, ob alle vom Innenministerium angeordneten Überwachungen des Verfassungsschutzes zulässig sind – mit Blick aufs Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis.

Auch über das Parlamentarische Kontrollgremium wurde abgestimmt. Zu dem gehören fünf Abgeordnete (Ronny Wähner (CDU), Sebastian Wippel (AfD), Bernd Rudolph (BSW), Albrecht Pallas (SPD), Valentin Lippmann (Grüne)). Sie kontrollieren im Auftrag des Landtags polizeiliche Maßnahmen beim Abhören von Wohnungen und den sonstigen Einsatz technischer Mittel. Grundlagen ihrer Kontrollaufsicht sind Artikel 13 des Grundgesetzes, die Strafprozessordnung und das Sächsische Polizeigesetz. Eine Übersicht über alle Fachausschüsse des Sächsischen Landtags finden Sie hier.

MDR (kk/kbe)/dpa/afp

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 15. Januar 2025 | 19:00 Uhr

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