Die Abrissarbeiten gehen nun auf der anderen Seite der Carolabrücke weiter.
An der Carolabrücke wurde die Fahrrinne für die Durchfahrt von Schiffen vorbereitet. Vorerst ist das aber nicht möglich, weil die Bewegung der Brücke festgestellt wurden. (Archivbild) Bildrechte: IMAGO / Lurisu

Havarie Carolabrücke in Dresden: Brückenbauexperte Marx gegen schnelle Elbfreigabe

19. Februar 2025, 15:24 Uhr

Unter der Carolabrücke sollten ab Dienstag eigentlich wieder Güterschiffe hindurchfahren. Doch sensible Messtechnik hat Bewegungen in Teilen der noch stehenden Brücke festgestellt. Das stehe auch im Zusammenhang mit dem jüngsten Temperatursturz, erklärt Steffen Marx vom Institut für Massivbau an der TU Dresden. Er plädiert für einen zügigen Abbruch.

Die Abrissarbeiten an der Carolabrücke sind erneut gestoppt. mit Video
Die Abrissarbeiten an der Carolabrücke ziehen sich bereits seit fast einem halben Jahr. Weil sich der Zustand der noch stehenden Brückenteile verschlechtert hat, verzögert sich der Abriss weiter. (Archivbild) Bildrechte: IMAGO/Lurisu

Die Sperrung der Elbe an der Carolabrücke in Dresden könnte sich bis zum Sommer hinziehen. Brückenexperte Steffen Marx vom Institut für Massivbau an der TU Dresden sagte dem MDR, nach den neuen Schäden sei es völlig undenkbar, die Brücke für den unterführenden Verkehr wieder zu öffnen. Das betrifft die Schifffahrt, das Terrassenufer und Radwege beiderseits der Elbe.

Vorstellbar sei lediglich, bei einer moderaten Temperatursituation kurze Zeitfenster für dringend nötige Transporte einzurichten. Die Brücke müsse so schnell wie möglich weg. Wenn man jetzt mit der Planung anfange, sei im Sommer der Bereich über der Stromöffnung ausgeräumt.

Die Abrissarbeiten an der Carolabrücke sind erneut gestoppt Sensoren an der Brücke haben neue Schäden entdeckt 1 min
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MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Mi 19.02.2025 15:00Uhr 00:37 min

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Hochsensibles Messsystem registriert Bewegungen

Die Elbe in Dresden war am Dienstag wieder für die Binnenschifffahrt gesperrt worden. Der stellvertretende Amtsleiter Helko Fröhner vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Elbe sagte, die Durchfahrt unter der Carolabrücke sei vorerst nicht mehr möglich. Das an den beiden noch stehenden Zügen der Brücke angebrachte Messsystem, mit dem der Zustand des Bauwerks permanent überwacht wird, habe angeschlagen. Das bedeute, dass es Bewegung gebe. Die Abrissarbeiten sind gestoppt.

Das installierte Schallemmissionsmonitoring hat (...) Spannstahlbrüche an der mittleren Stütze D in den Brückenzügen A und B festgestellt.

Landeshauptstadt Dresden

In der Nacht zum Mittwoch wurden zunächst keine neuen Bewegungen mehr registriert. Auf der Neustädter Seite ist aktuell noch ein Bagger im Einsatz, der seine Arbeiten an der Baustraße im Laufe des Mittwochs beenden soll. Auf der Elbe verfüllt zudem ein Baggerschiff Löcher in der Fahrrinne und entfernt Kies und Geschiebe. Die Abrissarbeiten selbst bleiben ebenso unterbrochen wie der Schiffsverkehr.

Brückenexperte Marx: Akute Einsturzgefahr

Ein Grund für die Bewegungen liegt sehr wahrscheinlich an den aktuellen Temperaturen. Am Dienstagmorgen wurden in Dresden knapp minus 11 Grad Celsius gemessen. Einen vergleichbaren Temperatursturz habe es auch im vergangenen Jahr beim Teileinsturz der Carolabrücke gegeben, erklärte Marx im MDR-Interview. "Durch den Temperatursturz in den letzten Tagen ist die Oberfläche der Brücke stark abgekühlt. Wenn sich etwas abkühlt, dann zieht es sich zusammen", erklärt Marx.

Steffen Marx von der TU Dresden. 2 min
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Professor Steffen Marx von der TU Dresden berichtet von den Drahtbrüchen in der Carolabrücke, ihrer Gefahr, wie sie festgestellt und wodurch sie ausgelöst wurden.

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Dadurch hätten sich auch die Spannglieder der Brücke zusammengezogen: "Diese bekommen plötzlich eine größere Belastung und Spannung. Dadurch sind neue Brüche entstanden." Die Folge ist für Marx eindeutig: "Die Brücke ist absolut und akut einsturzgefährdet."

Steffen Marx, TU Dresden, Porträt
Schiffe sollten künftig, wenn überhaupt möglich, unter der Carolabrücke nur in dringenden Fällen hindurchfahren, sagte Steffen Marx vom Institut für Massivbau an der TU Dresden. Bildrechte: MDR/Philipp Brendel

Ergebnisse von Ingenieurbüro abwarten

Laut Amtsleiter Fröhner ist nun die Expertise des beauftragten Ingenieurbüros abzuwarten. Es soll prüfen, ob die vor Monaten teils eingestürzte Brücke hält und Schiffe wieder durchgelassen werden können.

Erleichterung für Güterschifffahrt ausgesetzt

Erst vor drei Wochen war die Passage für die Binnenschifffahrt unter Auflagen freigegeben worden. Eigentlich sollten ab Dienstag Güterschiffe wieder ohne Voranmeldung die Dresdner Carolabrücke passieren dürfen - vormittags Richtung Bad Schandau und nachmittags Richtung Meißen. Am 11. September war der Teil der Carolabrücke mit den Straßenbahngleisen ohne Vorwarnung eingestürzt. Verletzt wurde niemand. Der Abriss zieht sich, über die Planungen für den Wiederaufbau wird noch diskutiert.

Einsturz durch Korrosion

Eine durch Feuchtigkeit ausgelöste Spannungsrisskorrosion gilt als Hauptursache für den Einsturz des im September eingestürzten Brückenstrangs. Das führte nach Einschätzung von Experten in Verbindung mit Materialermüdung durch Belastung dazu, dass zahlreiche Spannglieder der Brücke versagten und ihre Spannkraft verloren.

Keine Bewegung an Bad Schandauer Elbbrücke

An der Elbbrücke in Bad Schandau, die ebenfalls vorsichtshalber gesperrt wurde, gibt es aktuell keine Auffälligkeiten. Das Landesamt für Straßenbau und Verkehr teilte mit, "die bisher installierten Monitoringsysteme, die Entnahme und Untersuchung der Spannstähle und auch die kontinuierlich laufende Überwachung liefert derzeit keine Hinweise auf Spannstahlbrüche oder andere ungewöhnliche Veränderungen." Im Frühling sind Belastungstests an dieser Brücke geplant.

MDR (lam/msk/phb)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Dresden | 18. Februar 2025 | 12:30 Uhr

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