Ersatzlehrer geben Berufseinblicke Hilfe aus der Wirtschaft gegen Unterrichtsausfall

13. Januar 2024, 16:04 Uhr

Mitarbeiter von Unternehmen geben im Rahmen des Projektes "Wirtschaft trifft Schule" Unterricht an Chemnitzer Schulen. So fallen weniger Stunden aus und es gibt noch praxisorientierte Einblicke in das Berufsleben. Noch steckt das Projekt in den Kinderschuhen mit einem kleinen Kreis an beteiligten Unternehmen und Schulen. Doch es soll wachsen.

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Jede zehnte Stunde ist vergangenes Schuljahr in Sachsen ausgefallen. Chemnitz will mit dem Pilotprojekt "Wirtschaft trifft Schule" krankheits- oder fachkräftebedingte Kürzungen des Unterrichtsumfangs an Oberschulen und Gymnasien reduzieren. Daneben gibt es Einblicke in mögliche Ausbildungsberufe.

"Unternehmen und Hochschulen kompensieren den Ausfall von Unterrichtsstunden und informieren die Schülerinnen und Schüler über verschiedene Themen aus der Berufswelt und Technologieentwicklung, indem sie praxisnahe Inhalte vermitteln", erklärt die Stadt Chemnitz zum Pilotprojekt. Zum Schuljahr 2023/2024 ist es gestartet.

"Wirtschaft trifft Bildung": Beispiel Oberschule am Flughafen

Normalerweise arbeiten Sebastian Grimm und sein Kollege Peter Steudel im Chemnitzer Siemens-Werk. Im Rahmen des Pilotprojekts "Wirtschaft trifft Schule" geben die beiden seit Sommer 2023 regelmäßig Physikunterricht für die achten und neunten Klassen der Oberschule am Flughafen. Eine pädagogische Ausbildung haben sie nicht, deshalb dürfen sie auch keine Noten vergeben und werden im Unterricht durch einen Schulassistenten unterstützt.

Die Technologen lernen selbst auch dazu, bei der Vermittlung von Wissensstoff: "Am Anfang habe ich mir viel vorgenommen und nur ein Drittel von dem, was ich machen wollte, geschafft, weil die Schüler einfach unruhig waren oder nicht mitgekommen sind", sagt Grimm. Auffallend sei auch, dass die Schülerinnen und Schüler "nicht dem Wissenstand entsprechen, den sie haben sollten für eine achte oder neunte Klasse". Deswegen suchen die Ersatzlehrer immer nach lebhaften Beispielen aus dem Alltag, die die Lehreinheiten möglichst anschaulich darstellen können und mit denen sie beim Wissen der Jugendlichen anknüpfen können.  

Bei den Schülern kommt der praxisnahe Unterricht aus dem Siemens-Werk gut an. "Ich finde das Projekt gut, sagt Levin zu den neuen Unterrichtsstunden. "Den Physikunterricht wegzulassen, finde ich, ist keine Lösung. Es ist auch ein bisschen interessanter, als ganz normalen Physikunterricht zu haben, weil wir hier mehr praktische Dinge machen", erklärt der Schüler.

Stadt Chemnitz verbindet Schulen und Fachkräfte für Unterrichtseinheiten

Um die Vermittlung zwischen Schulen und Unternehmen kümmert sich die Stadt Chemnitz. Das Projekt sei zunächst mit fünf Schulen und fünf Unternehmen gestartet, erklärt Silvana Bergk, Leiterin des Geschäftsbereichs Wirtschaft der Stadt Chemnitz. Eine Win-Win-Situation: Auf der einen Seite falle weniger Unterricht aus, auf der anderen könnten sich Unternehmen als spätere Arbeitgeber ins Gespräch bringen. "Wir haben auch Firmen aus dem automatisierten Fahren dabei und auch eine Gießerei, die also ganz verschiedene Nachwuchskräfte suchen: vom Ingenieur bis zum Produktionsmitarbeiter. Natürlich wollen sie auch ihre Firmen präsentieren und den Schülern schmackhaft machen, was es in der Region Chemnitz für Angebote gibt", erklärt Bergk.

Für Siemens scheint sich der Unterricht bereits zu lohnen. "Es gibt schon positive Resonanz. Auch im Unterricht sagen viele Schüler: 'Ja, ist cool'",  sagt Sebastian Grimm, der Einblicke in die Produktionsweisen und den Berufsalltag von Siemens gibt. Ein Schüler habe ihm berichtet, dass er sich für ein Schülerpraktikum beworben habe.

Projekt soll nach Anlaufphase weiter wachsen

Noch steht das Pilotprojekt ganz am Anfang und kann nur vereinzelt Stunden ersetzen. Das soll sich ändern. Dafür braucht es zukünftig mehr Unternehmen und eine bessere Vernetzung mit den Schulen. "Ich setze darauf, dass sich schnell viele weitere Unternehmen und Schulen anschließen, sodass bald ein großes Netzwerk entstehen kann, das Vorbild auch für andere Regionen werden kann", erklärt Bürgermeister Ralph Burghart (CDU) mit Blick in die Zukunft. Dies sei auch wichtig für den Mittelstand, der dringend qualifizierten Nachwuchs benötigt, wie Silvana Bergk weiß. Das Projekt "Wirtschaft trifft Schule" solle wachsen, um "jede Chemnitzer Schülerin und jeden Schüler mit mindestens einem Unternehmen in Kontakt zu bringen".

MDR (cbr)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 11. Januar 2024 | 21:45 Uhr

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