Fragen und Antworten zum Lehrermangel in Sachsen-Anhalt

21. November 2024, 10:52 Uhr


Wie steht es aktuell um die Unterrichtsversorgung in Sachsen-Anhalt?

Die Anzahl fehlender Lehrerinnen und Lehrer unterscheidet sich je nach Landkreis und Schulart. Derzeit beläuft sich die Unterrichtsversorgung in Sachsen-Anhalt durchschnittlich auf 94,1 Prozent. Das teilte Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) im November mit. Die Zahl liegt deutlich unter dem im Koalitionsvertrag festgehaltenen Ziel von 103 Prozent. 100 Prozent Unterrichtsversorgung bedeuten, dass Ausfälle durch Krankheit oder Elternzeit vollständig ausgeglichen werden können.

Zum Stichtag am 11. September 2024 lag die Unterrichtsversorgung an Gymnasien und Gesamtschulen bei 98,9 Prozent und 99,9 Prozent. Sie stehen damit besser da als die Sekundarschulen, wo die Unterrichtsversorgung bei 88 Prozent liegt und den Gemeinschaftsschulen, die 92 Prozent erreichen. Für die Förderschulen gibt das Ministerium eine Unterrichtsversorgung von 91,2 Prozent an, für die Grundschulen knapp 96 Prozent.

Um dem Lehrermangel zu begegnen schreibt das Land immer wieder Stellen aus. Zuletzt waren es etwa 290.

Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2035 mehr als 9.000 neue Lehrerinnen und Lehrer gebraucht werden.

Diese und folgende Grafiken beziehen sich auf die 754 öffentlichen allgemeinbildenden Schulen in Sachsen-Anhalt. Daten zu den 110 Schulen in freier Trägerschaft liegen nicht vor. Die Daten zeigen die Unterrichtsversorgung im Schuljahr 2022/2023.


Für welche Fächer fehlen Lehrer?

In Sachsen-Anhalt fehlen nach Angaben des Landesschulamts an den Grundschulen Lehrerinnen und Lehrer, die Deutsch, Gestalten, Sachunterricht, Sport, Musik und Ethik unterrichten können. An Sekundar- und Gemeinschaftsschulen werden insbesondere Lehrerinnen und Lehrer für die Fächer Mathematik, Deutsch, Englisch, Sport, Ethik, Technik, Hauswirtschaft, Physik, Geografie, Kunst, Musik, Biologie, Geschichte, Chemie und Wirtschaft gesucht und an Gymnasien Lehrer und Lehrerinnen für Deutsch, Mathematik, Englisch, Biologie, Geschichte, Physik, Geografie, Chemie und Kunst.


Was wird in Sachsen-Anhalt gegen Lehrermangel getan?

Seit April 2023 müssen Lehrer in Sachsen-Anhalt eine Stunde mehr pro Woche unterrichten. Damit soll dem Unterrichtsausfall, der eine Folge des Lehrermangels ist, entgegengewirkt werden. Die zusätzliche Stunde können sich die Lehrer entweder auszahlen oder auf einem Arbeitszeitkonto gutschreiben lassen.

Laut Bildungsministerin Feußner läge die Unterrichtsversorgung ohne die Zusatzstunde bei knapp 91 Prozent.

Lehrkräfte, die über 62 Jahre alt sind oder eine Behinderung haben, sind von der Regelung ausgenommen. Für Seiteneinsteiger gilt sie nur, wenn sie unbefristet angestellt sind.

Außerdem hat das Land die Hürden gesenkt, in den Lehrerberuf einzusteigen. Im Kampf gegen den Lehrermangel hat es im vergangenen Jahr erstmals eine Ausschreibung für Nichtakademiker gegeben. Auch wurden die Möglichkeiten für Seiteneinsteiger erweitert. Für mehrere Lehrerstellen genügt nun ein Realschulabschuss samt abgeschlossener Erzieher-Ausbildung.


Was ist der Unterschied zwischen Quereinsteigern und Seiteneinsteigern?

Quereinsteiger haben kein Lehramtsstudium, müssen aber ein Referendariat an einer Schule machen. Nach diesem Vorbereitungsdienst erhalten sie die volle Lehrbefähigung und können sogar verbeamtet werden.

Seiteneinsteiger haben weder ein Lehramtsstudium noch ein Referendariat abgeschlossen. Sie beginnen direkt damit, an einer Schule zu arbeiten. Die fehlende Pädagogikausbildung wird oft mit berufsbegleitenden Programmen nachgeholt. Die spezifischen Bedingungen für den Quer- oder Seiteneinstieg sind je nach Bundesland unterschiedlich. Teilweise werden beide Begriffe auch synonym verwendet.

In Sachsen-Anhalt wird nicht zwischen Quer- und Seiteneinstieg unterschieden. Das Landesschulamt spricht von Seiteneinsteigern.

Ein Referendariat können in Sachsen-Anhalt nach Angaben des Landesschulamts nur diejenigen machen, die bereits zwei Fächer aus ihrem Studium ableiten können, also etwa Physik und Mathe studiert haben, oder ein zweites Fach nachstudiert haben. Wird dann noch das Referendariat absolviert, gelten die Lehrkräfte als regulär ausgebildete Lehrer, selbst wenn sie ursprünglich nicht auf Lehramt studiert haben.


Wie kann man sich als Seiteneinsteiger in Sachsen-Anhalt bewerben?

Dem Landesschulamt Sachsen-Anhalt zufolge müssen Seiteneinsteiger in der Regel ein abgeschlossenes Hochschulstudium haben, aus dem sich mindestens ein Schulfach ableiten lässt. Die Inhalte des Studiums werden mit denen der Unterrichtsfächer verglichen. Gibt es ausreichend Überschneidungen ist ein Seiteneinstieg möglich.

An ausgewählten Sekundar-, Gemeinschafts- und Gesamtschulen in den Fächern Technik, Hauswirtschaft, Musik und Kunst können sich Seiteneinsteiger auch ohne Hochschulabschluss bewerben. Ebenfalls möglich ist das in ausgewählten Grundschulen und Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt lernen. Informationen dazu finden Sie hier.

Auch ein ausländischer Hochschulabschluss kann anerkannt werden, wenn er gleichwertig mit einem deutschen Bildungsabschluss ist. Außerdem müssen Deutschkenntnisse auf dem Niveau C1 nachgewiesen werden.

Weitere Informationen zur Bewerbung als Seiteneinsteiger finden Sie hier.


Was verdient ein Seiteneinsteiger in Sachsen-Anhalt?

Was Seiteneinsteiger in Sachsen-Anhalt als Lehrkräfte verdienen, hängt davon ab, welche Qualifizierungen sie haben und an welcher Schulform sie arbeiten. An Grundschulen werden Seiteneinsteiger nach Angaben des Landesschulamtes in die Tarif-Entgeltgruppen E 9b oder E10 eingeordnet und können somit bis zu 3.723,62 Euro brutto beim Berufseinstieg verdienen. Das Entgelt steigt mit der Dienstzeit.

Höher eingestuft werden etwa Lehrkräfte, die einen Bachelor oder Master an einer Uni oder einer Fachhochschule in einem akkreditierten Studiengang gemacht haben und aus deren Studium ein Schulfach abgeleitet werden kann.


Was verdient ein Grundschullehrer in Sachsen-Anhalt?

Wie viel Grundschullehrer in Sachsen-Anhalt verdienen, hängt von mehreren Faktoren ab. Für vollständig ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer soll das Entgelt beziehungsweise die Besoldung erhöht werden. Anfang November hat Sachsen-Anhalt die Landesbesoldung erhöht. Die Einstufung von Grundschullehrerinnen- und lehrern in die Entgeltgruppe E12 bedeutet ein Grundgehalt von 3.974,86 Euro brutto. Ab August 2025 sollen Grundschullehrerinnen und -lehrer auch in die Gruppe E13 eingestuft werden können beziehungsweise Beamte in die Besoldungsgruppe A13. Zwischen E12 und E13 liegen etwa 500 Euro. Für Seiteneinsteiger ist an Grundschulen maximal die Entgeltgruppe E10 vorgesehen. Zwischen E10 und E12 liegen etwa 250 Euro im Grundentgelt. Auch für sie soll 2025 das Entgelt steigen.


Was verdient ein angestellter/verbeamteter Lehrer an Grundschulen in Sachsen-Anhalt?

Wer regulär als Lehrer oder Lehrerin ausgebildet ist, wird nach Angaben des Landesschulamtes im Dienst an Grundschulen derzeit nach Tarif in Gruppe E11 beziehungsweise A12 bezahlt, erhält also etwas mehr als 3.900 Euro brutto im Grundentgelt. An allen anderen Schulformen wird nach E13 beziehungsweise A13 bezahlt, mit um die 4.500 Euro brutto Grundentgelt.


Werden Lehrer in Sachsen-Anhalt verbeamtet?

Lehrerinnen und Lehrer, die neu in Sachsen-Anhalt angestellt werden, können verbeamtet werden, wenn sie die Voraussetzungen dafür erfüllen. Auch wenn sie Funktionsstellen übernehmen, zum Beispiel Schulleiterin werden, können sie verbeamtet werden. Zudem gibt es spezielle Fälle, in denen Lehrer zunächst an einer anderen Schulform arbeiten als der, die ihrer Laufbahnbefähigung entspricht. Wechseln sie dann an die "richtige" Schulform, kann eine Verbeamtung geprüft werden.


Wie lange dauert ein Referendariat in Sachsen-Anhalt?

Das Referendariat, auch Vorbereitungsdienst genannt, dauert in Sachsen-Anhalt nach Angaben des Landesschulamtes 16 Monate. Seiteneinsteiger können das Referendariat auch berufsbegleitend absolvieren. Die Dauer beträgt dann 24 Monate.

MDR (Annekathrin Queck, Julia Heundorf)

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