Arbeiten, wenn andere feiern Oh, du fröhliche Arbeitszeit: Ein Pfarrer im Weihnachtsstress
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24. Dezember 2023, 10:00 Uhr
Viele Menschen freuen sich auf die Weihnachtsfeiertage. Keine Termine, keine To-do-Liste, sondern einfach Zeit mit Familie und Freunden verbringen. Doch für Marcus Koetzing gehört gerade die Weihnachtszeit zu den stressigsten Phasen im Jahr. Denn der 33-Jährige ist Pfarrer in einer Kirchgemeinde in Chemnitz.
Die Weihnachtszeit ist für Marcus Koetzing ziemlich aufregend. Als Pfarrer der St.-Andreas-Gemeinde im Chemnitzer Stadtteil Gablenz hat der 33 Jahre alte Vater von zwei Töchtern schon in den Wochen vor Heiligabend alle Hände voll zu tun. Nicht nur die Gottesdienste an Heiligabend, zu den Weihnachtsfeiertagen und danach bis zum Jahreswechsel - auch rund herum ist viel zu organisieren und abzustimmen. Aber das habe er ja gewusst, als er sich entschieden habe, Pfarrer zu werden: "Dieses Jahr habe ich nur Heiligabend, am 1. Feiertag und am Silvesterabend Gottesdienst", sagt Koetzing.
Überschaubar und kein Vergleich zu dem Weihnachten vor zwei Jahren zur Corona-Zeit. Damals war Koetzing noch Student und musste in Leipzig unter Anleitung fünf Gottesdienste nacheinander halten. Es durfte nur eine begrenzte Zahl von Menschen in die Kirche, Abstände mussten eingehalten werden und zwischendurch musste gelüftet und desinfiziert werden. "Zusätzlich haben wir die Christvespern ins Internet gestreamt. Das war schon ziemlich stressig", blickt der junge Mann zurück.
Predigt ist als Letztes fertig
Auch wenn es dieses Jahr etwas ruhiger wird, ein Gottesdienst ist immer mit viel Aufwand verbunden. Das fängt schon beim Text der Predigt an. Der ist noch nicht fertig. Aus gutem Grund, wie Koetzing betont: "Wenn sich kurz vorher noch ein ganz heißes Thema auftut, dann macht es Sinn, das mit in die Predigt reinzunehmen." Außerdem habe ihn das Leben gelehrt: Alles klappt. Aber zu seiner Zeit. "Deswegen denke ich, jetzt gibt es noch genügend andere Dinge zu erledigen und die Zeit für die Predigt, die kommt dann, wenn sie da ist."
Die Predigt sei sowieso etwas Besonderes: "Ich bin Weihnachten ziemlich aufgeregt, weil so viele Leute kommen, die man sonst nicht sieht." Aber wenn er positive Reaktionen bei den Besuchern spüre, schwinde die Unsicherheit. "Wenn die Leute dann nach Hause gehen und sagen: 'Es war nicht langweilig', dann bin ich froh".
Weihnachten auf dem Leipziger Hauptbahnhof
Ist Weihnachten für ihn dennoch auch ein Fest der Ruhe und Einkehr? Ja, sagt Koetzing und kommt nochmal auf das stressige Corona-Weihnachten zurück. "Nachdem wir diese fünf Gottesdienste gehalten hatten, musste ich schnell zum Leipziger Hauptbahnhof, um nach Hause zu meiner Frau zu fahren", erinnert er sich.
Rückblickend denke ich mir. In diesem leeren Hauptbahnhof war ganz viel Gott zu spüren, weil das so außergewöhnlich und unwirklich war.
"Ich kam aus der Kirche und es fing an zu schneien". Im Schnee stapfte er zum Bahnhof. Dort angekommen, staunte er: "Der Bahnhof war komplett leer. Es fuhr fast kein Zug mehr. Und die wenigen Menschen auf dem riesigen Bahnhof kamen mir vor, wie gestrandet." Weihnachtsfeeling sei dort vordergründig nicht zu spüren gewesen. Doch genau das habe ihn berührt: "Rückblickend denke ich mir. In diesem leeren Hauptbahnhof war ganz viel Gott zu spüren, weil das so außergewöhnlich und unwirklich war."
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz | 18. Dezember 2023 | 16:58 Uhr