Energiewende Chemnitz: Wasserstoff-Bündnis kämpft für Wasserstoff-Anbindung
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22. Januar 2024, 23:56 Uhr
Chemnitz bekommt als einer von vier Standorten in Deutschland ein Wasserstoffzentrum. Allerdings sind die Hürden hoch. Erst hatte Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer dafür gesorgt, dass Chemnitz zugunsten des bayerschin Pfeffenhofen auf 30 Millionen Euro Fördermittel verzichten musste. Dann hatte die Bundesnetzagentur einen großen Bogen um die Stadt bei der Planung des Wasserstoffnetzes gemacht. Dagegen macht Chemnitz jetzt mit einem Wasserstoff-Bündnis mobil.
- Ein neu gegründetes Wasserstoff-Bündnis soll Chemnitz ans Netz bringen.
- Die Wirtschaft der Region fühlt sich bei der Energiewende abgehängt.
- Das geplante Wasserstoffnetz macht um die Region Chemnitz einen Bogen.
In Chemnitz ist am Montag ein regionales Wasserstoff-Bündnis gegründet worden. Dazu gehören die Stadt, der Versorger Eins, die Inetz GmbH, die IHK Chemnitz und der HZwo e. V. sowie mehrere Unternehmen der Region.
Oberbürgermeister Sven Schulze will damit den Druck auf die Bundespolitik erhöhen, Chemnitz doch noch an das nationale Wasserstoffnetz anzuschließen. "Hier gibt es sehr viele mittelständische Unternehmen, die Bedarf an Wasserstoff haben", so Schulze am Montag. Zudem gehe es dabei um eine wichtige Zukunftsentscheidung: "Es geht darum, wie die Energieversorgung in der Zukunft stattfinden soll und ob Industrie hier existieren kann oder nicht." Nach Ansicht des Oberbürgermeisters müsse man "laut sein und zeigen, was notwendig ist".
Dazu habe beispielsweise eine Stellungnahme zum Kernnetz gehört - diese habe man fristgemäß am 8. Januar abgegeben, erklärte das Stadtoberhaupt. "Wir warten jetzt auf Gespräche mit dem Bund und den Fernnetzbetreibern." Dabei soll nach Möglichkeiten gesucht werden, um die Wasserstoff-Versorgung der Region sicherzustellen. "Die Messen sind noch nicht gelesen. Es braucht einfach den Willen, aufeinander zuzugehen." Auch die Bundesnetzagentur hat die Frist zur Bedarfsmeldung bis zum 21. Mai verlängert.
Wirtschaft der Region fühlt sich abgehängt
Der Chemnitzer IHK-Präsident Max Jankowsky will ebenfalls für die Netzanbindung kämpfen. "Wir haben hier nicht die großen Player, die großen Chemie- und Metallwerke." Es gebe viele kleine Mittelständler in der Region, die ebenfalls eine Grundlage für eine Transformation im Energiesystem bräuchten. "Südwestsachsen hat die größte Gewerbedichte im Freistaat", argumentiert der IHK-Chef. Wie die großen Konzerne stünden alle Firmen vor großen Veränderungen oder steckten schon mittendrin.
"Ich als Präsident der IHK Chemnitz möchte es aber nicht erleben, dass ein Unternehmen die Region verlässt wegen einer fehlenden Wasserstoff-Infrastruktur, weil wir das nicht hinbekommen haben." Mit den aktuellen Planungs- und Genehmigungsverfahren sei die Energiewende ohnehin nicht möglich, ergänzte Jankowsky.
Wasserstoff-Netz macht um Chemnitz einen Bogen
Das Chemnitzer Wasserstoff-Kompetenzzentrum, das im Zentrum von möglichen neuen Industrieansiedlungen steht, hatte ebenfalls auf den Netzanschluss gebaut. Während die anderen Standorte in Duisburg, Pfeffenhausen und der Verbund der Städte Hamburg, Bremen/Bremerhaven direkt an den geplanten Leitungen liegen, plant die Bundesnetzagentur für Chemnitz derzeit keinen Anschluss. Nach dem Bekanntwerden der Planung hatte das in der Stadt für heftige Kritik gesorgt. Diese Kritik erneuerte der Chemnitzer Oberbürgermeister am Montag. "Wenn man das Wasserstoffzentrum hier etabliert, braucht man auch den Anschluss", sagte er.
Immerwährender Streit ums Geld
Ursprünglich war eine Förderung in Höhe von 95 Millionen Euro für den Aufbau eines Wasserstoff-Kompetenzzentrums in Chemnitz geplant. Das Geld hatte sich kurz vor der Bundestagswahl 2021 aber wieder verflüchtigt: Der damalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) kürzte die Mittel auf 60 Millionen. Das in seinem Wahlkreis liegende bayerische Pfeffenhausen erhielt stattdessen 100 Millionen Euro der Bundesmittel. Erst 2022 wurden die Mittel für Chemnitz wieder auf 72,5 Millionen Euro erhöht.
Ende 2023 hatte das Bundesverfassungsgericht dann den Nachtragshaushalt des Bundes für 2021 für verfassungswidrig erklärt. Die Wasserstoff-Pläne in Chemnitz gerieten daraufhin wieder ins Stocken. Inzwischen ist der Streit ausgestanden und der erste Teil der zugesicherten 72,5 Millionen Euro soll in den kommenden Monaten fließen.
Doch auch für das Zentrum ist ein Netzanschluss wichtig, sagt Oberbürgermeister Schulze. "Natürlich benötigt das Kompetenzzentrum selbst nicht so viel Wasserstoff. Aber die Wertschöpfung, die sich dort ansiedelt, das Zeichen, dass hier ein Zentrum von Wasserstoff-Industrie entstehen kann, braucht diesen Anschluss."
Im Sommer soll in Berlin eine endgültige Entscheidung zum Wasserstoffnetz fallen.
MDR (tfr/bdö)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 22. Januar 2024 | 19:00 Uhr