
Bremsen und Ausweichen So trainieren Busfahrer aus Sachsen für den Notfall
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08. März 2025, 17:00 Uhr
Im schwierigen Situationen haben Berufskraftfahrer oft nur Sekunden, um angemessen zu reagieren. Damit sie gut vorbereitet sind und ihre Fahrgäste stets heil ins Ziel bringen, müssen sie alle fünf Jahre ihre Befähigungsnachweise erneuern. Dazu gehört unter anderem ein Fahrsicherheitstraining. MDR SACHSEN hat sich das auf dem Sachsenring einmal angesehen.
Eine Gruppe Busfahrer von RegioBus Mittelsachsen ist mit sechs Linienbussen ins Fahrsicherheitszentrum am Sachsenring gekommen. Die zehn Männer und zwei Frauen sind überwiegend erfahrene Profis, die seit vielen Jahren hinterm Lenkrad sitzen. Beim eintägigen Fahrsicherheitstraining wollen sie lernen, ihre Fahrzeuge in Extremsituationen besser zu beherrschen und ihre Reaktionsfähigkeit zu verbessern. Ohne diesen Trainingstag würde ihre Berufskraftfahrer-Qualifikation erlöschen. Auf die zwölf Fahrer wartet ein wahrer Schleuderkurs.
Mit dem Bus in den rutschigen Kreisverkehr
Im ersten Teil des Lehrgangs lernen sie bei Fahrtrainer Uwe Neubert etwas über die ideale Sitzposition, über Blickführung und über Spiegelarbeit. Es folgen Bremsprogramme, um das Anhalten der Linienbusse aus verschiedenen Geschwindigkeiten zu testen. Dann fahren sie mit ihren Bussen auf die Kreisbahn, eine Art Kreisverkehr, der zusätzlich nass gehalten wird, damit die Busse ins Rutschen kommen.
Motivierende Worte übers Funkgerät
Fahrtrainer Uwe Neubert feuert die Fahrer von außen übers Funkgerät an: "Jetzt fahrt mal schneller, gebt alles, was geht!", forderte Neubert. Die Fliehkraft wirkt. Die Räder kreischen hörbar. Da ordnet Uwe Neubert eine Vollbremsung an: "Und jetzt hau mal voll auf die Bremse!" Zur Überraschung der Fahrer bleiben die Busse gutmütig in der Spur, schieben nur ein wenig über die Vorderachse: Die Fahrer sollen lernen, richtig zu reagieren.
Training soll Busfahrer an ihre Grenzen bringen
Busfahrer Rico Richter findet das Fahrsicherheitstraining unverzichtbar: "Im täglichen Alltag kannst du es nicht üben, du hast immer Fahrgäste. Dabei ist es wichtig zu wissen, wie der Bus reagiert in manchen Situationen." Das Fahrsicherheitstraining soll die Fahrer an ihre Grenzen bringen und die Sinne schärfen, um auch das Gefühl für die Geschwindigkeit wieder zu bekommen. In modernen Fahrzeugen verliere man schnell das Gefühl und den Bezug zur Geschwindigkeit, sagt der leitende Trainer des Fahrsicherheitszentrums am Sachsenring, Uwe Wächtler.
Bei der nächsten Station sollen die Fahrer nicht nur bremsen, sondern den beherzten Einsatz der Handbremse üben, eine Notfallmaßnahme, wenn etwa die Bremsanlage ausfallen sollte. Dazu gehört aber eine ordentliche Portion an Überwindung. Denn im Linienbus sind die Passagiere nicht angeschnallt, stehen oft sogar im Gang, erzählt Rico Richter aus seiner Berufspraxis.
"Ältere Leute und Kinder sind die größte Gefahr. Die Älteren stehen schon mit Krückstock am Ausstieg, bevor der Bus hält. Und den Kindern muss man eigentlich immer wieder sagen: Bleibt bitte sitzen!", sagt Rico Richter. Mit den leeren Bussen testen die Fahrer die Grenzen der Fahrphysik, und lassen die Fahrzeuge driften und drehen.
Ältere Leute und Kinder sind die größte Gefahr. Die Älteren stehen schon mit Krückstock am Ausstieg, bevor der Bus hält. Und den Kindern muss man eigentlich immer wieder sagen: Bleibt bitte sitzen!"
Höhepunkt des Übungstages ist eine zehnprozentige Gefällstrecke, auf der plötzlich und unerwartet Hindernisse auftauchen, die zu umfahren sind. Am Sachsenring ist es Wasser, in der Realität könnten es auch Menschen sein.
Busse auf abschüssigen Strecken schwer zu bremsen
Die RegioBus-Fahrer aus den Altkreisen Freiberg und Mittweida haben häufig mit abschüssigen Strecken zu tun, wo die Fahrzeuge schwer zu bremsen sind, wenn es einmal rutscht. Auch Rico Richter, der im Freiberger Raum unterwegs ist, erlebt häufig Gefahrensituationen: "Egal ob in Frauenstein, in Dittersbach oder in Lichtenberg. Da hat man manchmal die Hosen voll bei schlechten Wetterverhältnissen und fragt sich: Kann ich's verantworten oder mach ich's lieber nicht?"
Auf der Gefällstrecke am Sachsenring merken die Fahrer, dass die Busse bei zu schneller Fahrt kaum noch anzuhalten sind. Deshalb ist es entscheidend, rechtzeitig Tempo rauszunehmen, nicht hektisch zu werden und am Steuer souverän zu bleiben. Ziel sei es, dass die Fahrer ein Gefühl für die jeweiligen kritischen Situationen bekämen, um das Richtige zu tun, sagt Trainer Uwe Neubert vom Fahrsicherheitszentrum am Sachsenring.
Wir versuchen natürlich immer, dass die Fahrer für die jeweiligen kritischen Situationen ein Gefühl bekommen, um das Richtige zu tun!
Teilnahmeurkunde wichtig, um weiter arbeiten zu dürfen
Am Ende des lehrreichen Übungstages bekommen alle die begehrten Teilnahmeurkunden. Die sind Voraussetzung, dass die Fahrer in den Führerschein die Schlüsselzahl "95" eingetragen bekommen, mit der sie auch die nächsten fünf Jahre weiter Personen transportieren dürfen. "Sicher kann man sich am Lenkrad nie fühlen, aber man ist jetzt gewappnet!", sagt Busfahrer Rico Richter.
Fahrtraining für Busfahrer
- Busfahrer müssen alle fünf Jahre ein Fahrsicherheitstraining bzw. eine Weiterbildung nach Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz (BKrFQG) absolvieren.
- Das soll unter anderem die Verkehrssicherheit erhöhen, Stress und Ermüdung reduzieren und Kraftstoff und Kosten sparen.
- Ohne die alle fünf Jahre erneuerte Schlüsselzahl "95" im Führerschein dürfen Busfahrer nicht gewerblich fahren.
- Kurz gesagt: Das Training dient der Sicherheit, Effizienz und Einhaltung gesetzlicher Vorgaben.
MDR (sth)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 07. März 2025 | 19:00 Uhr